AboAbonnieren

Kölner Kreisliga ADeutz 05 II orientiert sich am Erfolgsmodell von Inter Mailand

Lesezeit 4 Minuten

Die Mannschaft von Deutz 05 II hat nach dem Aufstieg auch in dieser Saison häufig Grund zum Jubeln.

Die zweite Mannschaft der Sportvereinigung führt die Liga an. Das perfekte Vorbild fand Trainer Leonard Barth in der italienischen Metropole.

Leonard Barth hat ein Faible für den italienischen Fußball. Genau genommen für die Spielidee von Inter Mailand. Und die Inspiration aus dem Land des Catenaccio, den berühmt-berüchtigten Abwehrriegel, scheint seinem Team zu bekommen. Denn nach dem Aufstieg in der Vorsaison sorgt die zweite Mannschaft der Sportvereinigung Deutz 05 nun auch in der Kreisliga A für ordentlich Furore.

„In den zurückliegenden Jahren habe ich mir sicher weit über 100 Spiele von Inter Mailand angeschaut“, sagt Barth, der im Hauptberuf Lehrer an einer Gesamtschule ist. Wie dort gemeinschaftlich verteidigt werde, sei an Präzision kaum zu überbieten, findet der 29-Jährige. Seiner Ansicht nach verteidigt kein anderes Team auf dem Kontinent das eigene Tor besser als die Norditaliener. Ein Blick in die Statistik bestätigt den Eindruck.

Deutz 05 II setzt auf ein 5-3-2-System, in dem das defensive Denken Trumpf ist

Der italienische Meister aus der Lombardei mit Trainer Simone Inzaghi (48) hat in der vergangenen Serie-A-Saison nur 22 Tore kassiert, wohlgemerkt in 38 Ligaspielen. Das entspricht einem Schnitt von nicht einmal 0,58 Gegentoren pro Spiel. Zum Vergleich: Seine zurückliegende Fabelsaison beendete Bayer 04 Leverkusen mit einer Gegentor-Quote von 0,7. Ein immer noch fantastischer Wert und in etwa auf dem Niveau von Champions-League-Sieger Real Madrid (0,68). In der englischen Premier-League (0,9) und der französischen Ligue 1 (0,97) hinken sie diesbezüglich schon deutlich hinterher.

Nun ist Barth durchaus bewusst, dass die Deutzer Rahmenbedingungen gänzlich andere und mit jenen in der Modemetropole nicht im Ansatz vergleichbar sind. Dazwischen liegen nicht nur etliche Ligen, Spieler von höchster individueller Güte, sondern vor allem auch ein paar Trainingseinheiten mehr. Das ist deshalb wichtig, weil die taktische Verlässlichkeit eines jeden Einzelnen der wesentliche Baustein einer außerordentlichen Defensivleistung ist, viel organisatorisches Verständnis und vermutlich noch mehr Extraschichten erforderlich macht.

Das eigene Tor verteidigen zu wollen, erfordert eine spezielle Haltung und sicher auch eine kontrollierte Gier. Das eigene Tor zu schützen, ist eine besondere Herausforderung und immer Teamarbeit
Leonard Barth, Trainer der SV Deutz 05 II

Deutsche Fußballprofis, die in der Serie A unterwegs waren, haben dies nicht selten als das entscheidende Merkmal wahrgenommen. Die taktische Schulung stehe in Italien über allem anderen, so der Tenor. Der Ansatz des „erst einmal nicht zu verlieren“ hat mithin ganze Spielergenerationen geprägt. Was die einen als Spielverhinderung betrachten, ist für andere wiederum die hohe Kunst des Spiels schlechthin.

Leonard Barth, Trainer von Deutz 05 II

„Das eigene Tor verteidigen zu wollen, erfordert eine spezielle Haltung und sicher auch eine kontrollierte Gier. Das eigene Tor zu schützen, ist eine besondere Herausforderung und immer Teamarbeit. Wenn ein Rädchen hakt, leidet das gesamte Konstrukt“, meint Barth.

In der Kölner Kreisliga A setzt der gebürtige Dresdner auf das sogenannte 5-3-2. Ein Spielsystem mit fünf nominellen Abwehrspielern, in dem das defensive Denken Trumpf ist. Freilich mit einem Hang zum Pragmatismus, wenn es die Situation erfordere, wie er sagt. Denn entscheidend sei am Ende vor allem, wie man mit den Momenten umgehe, in denen man den Ball habe. Sein Ziel sei es schließlich immer, Spiele zu gewinnen.

Das klappt bislang recht ordentlich. Nach 15 Spieltagen und 39 Punkten heißt der Herbstmeister Deutz 05 II. Mit einem Torverhältnis von 39:15. Das reichte immerhin für 13 Siege und somit einen Erfolg mehr als Verfolger TFC Köln. Der vor der Saison als klarer Titelfavorit gehandelte Verein aus Bocklemünd mit dem überragenden Anil Capkin (21 Tore/9 Assists) kassierte in der gleichen Zeit 25 Treffer, erzielte allerdings auch deren 60. Der Türkische Fußball-Club setzt auf uneingeschränkten Ballbesitz und geht die Sache deutlich offensiver und mitunter etwas zu offenem Visier an.

Die Umstellung von den klassischen Spielsystemen mit einer deutlich offensiveren Ausrichtung hin zum Mailänder Modell vollzog Barth vor ziemlich genau einem Jahr. Seither geht es in Deutz schnurstracks nach oben. Die erfahrenen Kräfte um Kapitän Tim Weinrich (32) und Maximilian Oberschlep (36) sind wichtige Säulen im Deutzer Spiel, die erkennen, wenn Not am Mann ist. „Für das große Ganze sind sie unverzichtbar. Fußballerisch, aber vor allem menschlich“, sagt Barth. „Das sind Jungs, die erkennen, was das Spiel gerade braucht und treffen die richtigen Entscheidungen.“ Niederlagen, wie etwa gegen Mitaufsteiger Olympia Köln (0:2) und eben TFC Köln (2:3) sind seither die Ausnahme.

Diese Mannschaft, egal wer auf dem Feld steht, macht auf mich in keiner Sekunde den Eindruck, dass sie wackelt oder gar instabil werden könnte
Yilmaz Ardic, Sportlicher Leiter der SV Deutz II

Die pure Begeisterung sprudelt auch aus Yilmaz Ardic (43) heraus. Der Sportliche Leiter der Deutzer ist seit März im Amt. Er lobt „Leo und das Trainerteam“ über den grünen Klee, insbesondere die Struktur, das Souveräne, das Reife, das Gemeinschaftliche, das Kollektiv. „Diese Mannschaft, egal wer auf dem Feld steht, macht auf mich in keiner Sekunde den Eindruck, dass sie wackelt oder gar instabil werden könnte. Die Spieler bleiben immer bei sich und stehen ihren Mann.“

Trotz der Lobeshymne und der „sehr erfreulichen und überraschenden Entwicklung“ sei der Aufstieg keine Pflicht. „Mittelfristig ist es sicher das Ziel, in die Bezirksliga aufzusteigen. Wir haben aber keinen Druck. Wir sind da ganz entspannt. Unser Ziel ist ein organisches Wachstum, von unten nach oben. Für einen gesunden Verein, in dem jeder seinen Platz findet.“