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AmateurfußballMündet die „Pinkelaffäre von Widdersdorf“ in einem Zwangsabstieg?

Lesezeit 4 Minuten
Meerbusch, Deutschland, Bezirksliga Gruppe 2, Rückrunde, FC Büderich - TUS Grevenbroich 3-2 am 05.3. 2017 im Stadion am Eisenbrand in Meerbusch bei Düsseldorf. Ein Spieler des FC Büderich mußte auf dem Weg von der Kabine zum Spielfeld einem dringendem Bedürfnis nachgeben und suchte sich dafür das Gestrüpp am Wegesrand aus.

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Auch im Amateurfußball wird Wildpinkeln nicht gerne gesehen.

In einem Testspiel hatte ein Torhüter von Westhoven-Ensen hinter das Tor uriniert. Knapp vier Wochen später steht seine Mannschaft vor dem Zwangsabstieg.

Der SV Westhoven-Ensen hat in der laufenden Saison der Fußball-Kreisliga A noch keine Bäume ausgerissen. Mit 13 Punkten befindet sich die Mannschaft in akuter Abstiegsgefahr, liegt aber immer noch über dem Strich. Doch bereits am Wochenende droht der Zwangsabstieg.

Denn nach dem zweimaligen Nichtantreten in der Meisterschaft am 18. und 25. Februar reicht ein weiterer Verzicht, um vom Spielbetrieb ausgeschlossen zu werden. So sehen es die Statuten vor. Es wäre nach dem Rückzieher des SC Holweide der zweite Zwangsabstieg in der Kölner Kreisliga A binnen weniger Monate. Wie konnte es so weit kommen?

Das Fass zum Überlaufen brachte offenbar ein Wildpinkler: Im Winter-Testspiel beim SV Lövenich-Widdersdorf (LöWi) am 4. Februar hatte ein Torwart des SV Westhoven-Ensen auf einen Grünstreifen uriniert, damit einen Spielabbruch ausgelöst, der im völligen Chaos im Porzer Vorort-Klub mündete. Klar ist, dass Wildpinkeln in Deutschland ein öffentliches Ärgernis darstellt und verboten ist. Und ein schöner Anblick ist es zweifellos auch nicht.

„Aufgrund dieser Ordnungswidrigkeit ging ich zu ihm (Torwart; d. Red.) und bat ihn, die Anlage zu verlassen“, hatte der LöWi-Vorsitzende Karsten Schütz die Ereignisse dem „Express“ geschildert. „Hätte er sich irgendwo in eine Ecke gestellt, wo ihn keiner gesehen hätte, hätte ja auch niemand etwas gesagt. Aber direkt hinter dem Tor zu urinieren, wo Frauen und Kinder ihn sehen. Das kann ich nicht zulassen.“

Westhoven-Ensen wollte Spielabbruch nicht akzeptieren

Der folgende Disput mit Westhovens Trainer Eric Puchelski mündete im Spielabbruch, weil Westhoven den Verweis gegen seinen Torwart nicht akzeptieren wollte und ein Weitermachen boykottierte.

Westhovens Vorsitzender Christian Vonthron, der selbst nicht Augenzeuge war, ergriff indes Partei für den Spieler. Er habe kein Verständnis für das „unmögliche Verhalten des SV Lövenich-Widdersdorf und die falsche Darstellung“ und verwies zugleich auf die gesundheitlichen Einschränkungen des betreffenden Akteurs. Er lasse es nicht zu, ihn auf diese Weise bloßzustellen.

Ich lasse mich nicht erpressen
Westhovens Vorsitzender Christian Vonthron

Dem ersten verbalen Schlagabtausch in der „Pinkelaffäre von Widdersdorf“ folgte keine 48 Stunden später der Rücktritt von Trainer Puchelski. Den Schritt begründete der Coach offenbar mit den öffentlichen Aussagen von Klubchef Vonthron zu den Vorfällen. Puchelski störte sich in erster Linie daran, dass Vonthron in seinem Statement dem „Express“ gegenüber die gesundheitlichen Probleme des Torwarts zu detailliert geschildert habe. Der Trainer knüpfte daraufhin den Rücktritt des Vorsitzenden als Bedingung an die Fortsetzung seines eigenen Engagements im Klub.

„Ich lasse mich nicht erpressen“, erwiderte Vonthron. Für eine Stellungnahme war Puchelski nicht zu erreichen. Die Mannschaft befindet sich seither im Streik.

Mit etwas Abstand bezeichnete der selbstständige Elektromeister Vonthron, der dem Verein nach eigenen Angaben seit zwölf Jahren in unterschiedlichen Funktionen und mit erheblicher finanzieller Unterstützung zur Seite steht, die Eskalation der Ereignisse als „Kinderkram.“ Er gab allerdings auch zu, dass die Unstimmigkeiten im Verein „tiefer und komplexer“ seien und seit geraumer Zeit Bestand hätten. „Ich hätte es besser wissen müssen, als ich im Dezember 2021 zur Wiederwahl angetreten bin.“ Schon damals sei gegen ihn „geschossen“ worden, so der 51-Jährige.

Anfänge der vereinsinternen Querelen reichen bis in die Corona-Zeit zurück

Wie aus dem Vereinsumfeld zu erfahren war, reichen die Anfänge der internen Querelen und dieser wohl im Zwangsabstieg mündenden Pinkelaffäre bis in die Corona-Zeit zurück. Damals hatten sich die einzelnen Fußball-Abteilungen, bestehend aus den Bereichen Jugend, Senioren und Alte Herren, immer wieder in Streitigkeiten verstrickt.

Unter anderem seien im Zuge der Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs im Jugendbereich aus den eigenen Reihen die Corona-konformen Maßnahmen infrage gestellt und gerügt worden. Der betreffende Antragsteller wurde aus dem Klub ausgeschlossen, erstritt in einer gerichtlichen Verhandlung jedoch seinen Mitgliederstatus. Einen Tag darauf habe das klagende Mitglied wieder gekündigt, berichtet Vonthron mit einem Schmunzeln.

Vorsitzender und Geschäftsführer von Westhoven-Ensen kündigen Rücktritt an

Er hänge zwar an dem Verein, für den er „alles gegeben“ habe. Aber die Dinge seien derart aus dem Ruder gelaufen, dass eine Entspannung der Lage unwahrscheinlich sei. „Wir (Vonthron und Geschäftsführer Manfred Gymnich; d. Red.) haben immer wieder Gesprächsangebote unterbreitet. Ohne Ergebnis.“

Ein Weitermachen komme für das Duo deshalb nicht infrage, obgleich die dreijährige Amtszeit erst zum Ende des Jahres endet. „Nach dem Spiel der Alten Herren am Montag werden wir unseren Rücktritt einreichen.“ Der erfolgreichen Alten Herren werde er weiter erhalten bleiben und diese unterstützen. Erste Anfragen von anderen Klubs aus dem nahen Umfeld lägen ihm schon vor, berichtet Vonthron. Genauere Angaben machte er nicht. „Wichtig ist, dass es passt und ein Miteinander herrscht.“

Beim SV Westhoven-Ensen war das schon seit geraumer Zeit offensichtlich nicht mehr der Fall.