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Kölner Haie verlieren erneutEisbären Berlin sind eine Klasse für sich

Lesezeit 5 Minuten
Kölns Moritz Müller bedankt sich nach der Partie bei den Fans. (zu dpa: «DEB-Kapitän Müller vor sechster Final-Niederlage») Foto: Marius Becker/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Riesige Enttäuschung: Haie-Kapitän Moritz Müller (l.) bedankt sich nach Finale vier und seinem vielleicht letzten Heimspiel als Eishockey-Profi bei den Kölner Fans. 

Die Kölner Haie verlieren in der Finalserie um die deutsche Eishockey-Meisterschaft zum zweiten Mal hintereinander mit 0:7 gegen die Eisbären Berlin. Der übermächtige Titelverteidiger benötigt nur noch einen weiteren Sieg.

Moritz Müller hat als Eishockey-Profi in 1130 Liga-Spielen so gut wie alles erlebt. Der 38-Jährige könnte wahrscheinlich ein Buch über schmerzhafte Niederlage schreiben und wie es sich anfühlt, seine gesamte Karriere lang vergeblich dem Meistertitel hinterherzujagen. Das letzte Kapitel würde die Saison 2024/25 beschreiben und von der Finalserie der Kölner Haie gegen die Eisbären Berlin handeln.

Ein Giganten-Duell, das so viel versprochen hatte, sich nach vier von möglichen sieben Spielen aber zu einer Machtdemonstration entwickelt hat und einen Klassenunterschied aufzeigt. Der Rekordmeister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ließ seinem 7:0-Heimsieg von Ostermontag am Mittwoch ein weiteres 7:0 in Köln folgen und brachte die Kölner Fraktion in der mit 18.600 Zuschauern ausverkauften Lanxess-Arena zum Schweigen. „Berlin war in den letzten beiden Spielen gnadenlos effektiv. Das ist eine Qualität, die Chancen so zu verwerten“, rang sich Moritz Müller ein Kompliment ab.

Der Haie-Kapitän tat sich schwer damit, dass zweite 0:7 innerhalb von zwei Tagen zu beschreiben. Nicht, weil er   keine Erklärungen fand, sondern weil die Art und Weise einen Spieler wie ihn mit der tiefen Sehnsucht nach einem Meistertitel im Spätherbst seiner Karriere deprimiert zurücklassen musste. Der erfahrene Verteidiger steht in seiner 22. DEL-Saison zum vierten Mal in einem Playoff-Finale, zwei derartige Abreibungen sind ihm dabei noch nicht unterkommen. Die Heimpleite in Spiel vier war die höchste, die es jemals in einer Finalserie gab.

Schwerwiegende Ausfälle von Aubry und Currie

„Wir tun uns gerade schwer, Energie zu generieren, indem wir mal ein Tor machen und in Schwung kommen. Es war schwer, dass 0:7 in Berlin körperlich und mental zu händeln. Je länger wir kein Tor schießen, desto schwerer wird es, daran zu glauben, dass noch etwas geht“, referierte Müller und hinterließ einen leicht verzweifelten Eindruck.

Was verständlich war, denn die Eisbären traten mit der Selbstverständlichkeit eines Champions auf und waren eine Klasse für sich. „Berlin spielt mit seinen vier Reihen konsequent auf hohem Niveau seinen Stiefel runter. Sie machen nichts Besonderes und das ist gerade das Gute. Im System stehen und alle machen das Gleiche“, analysierte Müller die Überlegenheit der Eisbären.

Die Ohnmacht, die die Haie nach Spiel vier überkam, hatte aber vor allem damit zu tun, dass sie alles versucht hatten.   Das erste Drittel verlief trotz der schwerwiegenden Ausfälle von Louis-Marc Aubry und Josh Currie auf KEC-Seite relativ ausgeglichen. Berlin führte nach 20 Minuten aber mit 2:0, was allein mit der Chancenverwertung zu tun hatte.

Bezeichnend: Haie-StürmerJuhani Tyrväinen (r. Nr.21) scheitert mit einer Großchance an Berlins Torhüter Jake Hildebrandt (l.).

Bezeichnend: Haie-StürmerJuhani Tyrväinen (r. Nr.21) scheitert mit einer Großchance an Berlins Torhüter Jake Hildebrandt (l.).

Während Liam Kirk (10.) und Marcel Noebels (16.) Kölner Fehler eiskalt bestraften, fehlten Gregor MacLeod (1.) und Frederik Storm (8.) Ruhe und Abgebrühtheit beim Abschluss. Jedes Eisbären-Tor raubte den Haien eine Portion Energie für Glaube und Überzeugung. Das machte Manuel Wiederers 3:0 (27.) genauso deutlich, wie Blaine Byrons 4:0 (39.) nach der stärksten Kölner Phase im zweiten Drittel mit einer Großchance für Juhani Tyrväinen (35.).

„Das klingt jetzt verrückt, aber wir haben phasenweise ganz gut gespielt. Das müssen wir reproduzieren und einfach selber das Tor machen“, fand Moritz Müller etwas Hoffnung für das fünfte Finalspiel am Freitag (19.30 Uhr/Magenta Sport) in der Uber-Arena am Berliner Ostbahnhof. 3:1 führen die Eisbären in der „Best-of-Seven“-Serie und haben in vier Duellen ein Torverhältnis von 20:3 aufgebaut. Der Titelverteidiger benötigt   nur noch einen Sieg und hat dazu drei Gelegenheiten. Es gibt kaum Zweifel daran, dass das Team von Coach Serge Aubin seinen elften Titel schon am Freitag perfekt machen wird.

Berlin ist eine Topmannschaft mit sehr viel Tiefe. Da wollen wir perspektivisch als Haie auch hinkommen. 
Moritz Müller, Kapitän Kölner Haie

Die Eisbären sind mit ihrem tiefen, ausgeglichen besetzten Kader nicht nur eine Macht, sie vermitteln auch große Freude an ihrem Spiel. Wer trotz klarer Überlegenheit und einer 4:0-Führung nicht nachlässt und den Kontrahenten mit drei weiteren Treffern durch Playoff-Topscorer Ty Ronning (42.), Kirk (57.) und Eric Hördler (60.) demütigt, kennt keine Gnade und berauscht sich an sich selbst.

„Wir gehen schon länger mit weniger Kriegern in den Kampf und da spielt die Länge der Playoffs natürlich eine Rolle“, erklärte Moritz Müller und fügt leicht neidisch hinzu: „Berlin ist eine Top-Mannschaft mit sehr viel Tiefe. Da wollen wir perspektivisch als Haie auch hinkommen.“

Das ist noch Zukunftsmusik. Der KEC-Fokus richtet sich erst einmal auf Spiel fünf. „Wir können ja immer nur im Moment leben und müssen wieder aufstehen und im nächsten Spiel von vorne anfangen. Wir sind schon die ganze Saison über Stehaufmännchen und haben noch eine Kugel übrig. Wir werden das nächste Spiel so spielen, als könnte es das letzte sein, wollen aber nicht, dass es das letzte ist“, gab sich der Haie-Kapitän vor dem 146. und vielleicht letzten Playoff-Spiel seiner langen Karriere kämpferisch.

Ich weiß, dass mein Team gut genug ist, um ein Spiel zu gewinnen.
Kari Jalonen, Chefcoach Kölner Haie

Was auch für Trainer Kari Jalonen galt: „Unser Leben wird nun einfacher, wir haben nur noch eine Patrone“, nahm der Finne den Druck von den Schultern seines Teams und redete es stark: „Ich weiß, dass mein Team gut genug ist, ein Spiel zu gewinnen. Unser Ziel ist es, am Freitag zu gewinnen und noch mal ein Heimspiel zu bekommen.“

Um am Sonntag (14 Uhr) tatsächlich ein drittes Mal zu Hause gegen die Eisbären antreten zu können, braucht es entweder ein Eishockey-Wunder oder einen rabenschwarzen Tag der Berliner vor eigenem Publikum. Das wahrscheinlichere Szenario dürfte so aussehen, dass Haie-Kapitän Moritz Müller zum vierten Mal zusehen müssen, wie der Finalgegner den Meisterpokal erhält.