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Provokation in BerlinMesut Özil mit Erdogan auf Ehrentribüne gesichtet – Präsident eilt nach EM-Aus in Kabine

Lesezeit 3 Minuten
Recep Tayyip Erdogan sitzt vor Mesut Özil im Berliner Olympiastadion.

Ex-Weltmeister Mesut Özil (l.) gehörte zur Entourage des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (r.) im Berliner Olympiastadion.

Der Weltmeister von 2014 hat auch neuen Zündstoff in der „Wolfsgruß“-Debatte geliefert.

24 Stunden nach dem dramatischen Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-EM hat sich Mesut Özil in Berlin blicken lassen. Der Weltmeister von 2014 wurde am Samstag (6. Juni) beim EM-Aus der Türkei gegen die Niederlande auf der Ehrentribüne im Berliner Olympiastadion gesichtet, um Teil der Massenprovokation von Recep Tayyip Erdogan zu sein.

Bereits am Samstagmorgen kündigte Mesut Özil via Instagram seine Ankunft in der Hauptstadt an. In der Berliner Fußballarena saß der 35-Jährige gleich hinter dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und dessen Ehefrau. Özil und Erdogan tauschten sich während des Spiels regelmäßig aus, lachten und fieberten mit. In den sozialen Netzwerken war Özils überraschendes Erscheinen großes Thema.

Mesut Özil gehörte zur Entourage des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan

Bereits während der Nationalhymne sorgten die türkischen Fans auf der Tribüne für einen Eklat. Die tausende türkische Fans zeigten den umstrittenen Wolfsgruß, ein Handzeichen und Symbol der türkischen rechtsextremen und ultranationalistischen Organisation „Graue Wölfe“, der in Deutschland jedoch nicht verboten ist.

Mesut Özil (M), ehemaliger deutscher Nationalspieler, steht hinter Recep Tayyip Erdogan (r), Präsident der Türkei, und seiner Frau Emine Erdogan (l) vor dem Spiel auf der Tribüne.

Mesut Özil (M), ehemaliger deutscher Nationalspieler, steht hinter Recep Tayyip Erdogan (r), Präsident der Türkei, und seiner Frau Emine Erdogan (l) vor dem Spiel auf der Tribüne.

Der türkische Fanmarsch vor dem EM-Viertelfinale wurde aus dem gleichen Grund von der Berliner Polizei nach mehrfacher Warnung abgebrochen. Es kam zu Handgemengen. Özil und Erdogan lauschten der türkischen Hymne im Olympiastadion, ohne den Wolfsgruß zu zeigen.

Mesut Özil sorgt mit Fotos zum umstrittenen Wolfsgruß für Aufsehen

Zuvor hatte Mesut Özil mit einem Bild Instagram für Aufsehen gesorgt und die aufgeladene Wolfsgruß-Debatte weiter angeheizt. Der ehemalige Mittelfeldspieler teilte ein Foto des umstrittenen Jubels des türkischen Nationalspielers Merih Demiral. Versehen war es mit einer Anfeuerung für die Türkei. Demiral war für die Geste von der UEFA für zwei Spiele gesperrt worden.

Der 26 Jahre alte Demiral hatte beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der „Grauen Wölfe“ geformt. Als „Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung“ bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Recep Tayyip Erdogan besucht türkische Kabine nach Pleite in Berlin

Durch den Wolfsgruß-Wirbel war die Stimmung vor der Partie aufgeheizt. „Diese voreingenommene und unfaire Entscheidung hat unsere gesamte Nation zutiefst enttäuscht“, hatte Verbandspräsident Mehmet Büyükeksi in einer Verbandsmitteilung vor dem Spiel gesagt.

Nach der knappen Niederlage gegen die Niederlande besuchte Recep Tayyip Erdogan die türkische Kabine. Er schüttelte jedem Spieler einzeln die Hand und richtete aufbauende Worte an die niedergeschlagene Mannschaft, die in Köln trotz der Niederlage gefeiert wurden. Erdogans Frau war beim überraschenden Katakombenbesuch nicht dabei.

„Ich gratuliere euch allen. Auch wenn wir heute hier dieses Ergebnis erzielt haben, seid ihr unsere Champions“, sagte Erdogan nach in den Katakomben des Berliner Olympiastadions: „Wir freuen uns mit euch. Das hat Zukunft, wir werden diese Arbeit auch in Zukunft fortsetzen. Ich glaube daran.“

Auch die Hand des gesperrten Merih Demiral, der mit seiner umstrittenen Jubelgeste erst die politischen Debatten rund um das Spiel gegen die Niederlande ausgelöst hatte, schüttelte der Präsident, der sich auf das Herz klopfte und einmal mehr als glühender Patriot inszenierte, die Hand. Ob auch Mesut Özil in der Kabine war, ist unklar. Der ehemalige deutsche Nationalspieler ist auf den Videos nicht zu sehen.

Mesut Özil unterstützt die Bewegung der „Grauen Wölfe“

Mesut Özil hatte bereits im vergangenen Jahr mit einem Foto für Aufsehen gesorgt, das ihn mit einer Tätowierung auf der Brust mit drei Halbmonden und einem heulenden Wolf zeigte. Diese Symbole werden den „Grauen Wölfen“ zugeordnet.

Der Wolfsgruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Präsident Erdogan ist. (mbr/dpa)