Boris BeckerVom Tennis-Olymp auf die Anklagebank – Prozess startet

Boris Becker muss sich ab Montag vor einem Gericht in London verantworten.
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London – Alles geht noch seinen gewohnten Gang im „Southwark Crown Court“, einem Gericht unweit der Themse, das sich mit Betrugsfällen beschäftigt. Normalerweise erregen Prozesse hier kaum Aufmerksamkeit.
Am kommenden Montagmorgen jedoch erwarten die Richter einen großen Andrang von Journalisten vor dem Ziegelstein-Gebäude im Zentrum Londons. Denn dann beginnt voraussichtlich der Prozess gegen Boris Becker.
Vermögenswerte nicht angegeben?: Boris Becker weist Vorwürfe zurück
Dem ehemaligen Tennis-Star wird vorgeworfen, während seines Insolvenzverfahrens Vermögenswerte nicht ordnungsgemäß angegeben zu haben, darunter Medaillen und Trophäen. Becker weist die Vorwürfe zurück. Er will sich während der Verhandlung, die drei Wochen dauern soll, selbst zu den Anschuldigungen äußern. Bei einer Verurteilung drohen dem 54-Jährigen bis zu sieben Jahre Haft.
Als sich der gebürtige Leimener kürzlich zu dem Verfahren äußerte, gab er sich zuversichtlich: Er sei froh, dass der Prozess nun endlich losgehe, sagte er. „Habe ich großen Respekt davor? Ja. Bin ich angespannt? Ja. Bin ich manchmal auch nervös? Ja. Aber ich bin nicht panisch.“ Seine Anwälte und er selbst seien bestens vorbereitet. Er werde persönlich versuchen, die Vorwürfe zu widerlegen.
Warum Becker in London lebt
Seit Jahren wohnt Boris Becker in London und arbeitet dort auch, unter anderem als Kommentator für den Fernsehsender BBC. Die Briten empfingen den Deutschen mit offenen Armen, und auch Boris Becker fühlt sich hier wohler als in Deutschland. „Ich lebe nicht in Deutschland, weil ich dort meine Privatheit völlig verloren habe“, sagte Becker einst und fügte hinzu: „Die Deutschen meinen, sie hätten einen Anspruch auf mich, dass ich ihnen gehören würde.“
Bei einer vorbereitenden Anhörung zu dem Verfahren wurde besprochen, dass Becker während des Prozesses von einem deutschen Übersetzer unterstützt wird. Verteidiger Jonathan Laidlaw argumentierte, dass es besser sei, wenn Becker Deutsch rede. Richterin Deborah Taylor bestätigte, dass „das eine oder andere Wort oder die eine oder andere Nuance“ übersetzt werde. Dazu muss man wissen, dass Becker schon seit Jahren in London lebt.
Boris Becker will bei Gerichtsprozess über „persönliche Dinge“ sprechen
Im Rahmen der Anhörung, bei der Boris Becker nicht selbst dabei war, gab sein Verteidiger einen Ausblick darauf, wie der Prozess verlaufen könnte. Er erklärte, dass Becker seine „Position“ und seinen „Gemütszustand“ vor Richterin Taylor darlegen möchte und dass dabei „wohl auch eine ganze Menge persönlicher Dinge“ zur Sprache kommen werden.

Boris Becker war der jüngste Sieger in Wimbledon.
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Zu den Vorwürfen konnte sich Becker vor dem Gerichtsverfahren nicht konkret äußern. „Ich darf vor Prozessbeginn auf keinen der 24 Punkte eingehen, das müssen Sie akzeptieren“, sagte er gegenüber der „Bild“-Zeitung. Laut Anklage soll der frühere Tennis-Star Teile seines Vermögens an seine Ex-Partnerinnen Barbara Becker und Lilly Becker überwiesen und damit dem Zugriff des Insolvenzverwalters entzogen haben. Darüber hinaus soll es auch um vermisste Pokale gehen. Becker hatte in allen Punkten auf unschuldig plädiert.
Boris Beckers Insolvenzverfahren könnte längst beendet sein
Besonders bitter für Becker ist wohl, dass sein Insolvenzverfahren, welches 2017 in London eingeleitet wurde, vermutlich schon beendet sein könnte. Ein Verwalter beschwerte sich im Jahr 2018 jedoch darüber, dass Teile des Vermögens von Becker nicht auffindbar seien, darunter der Erlös aus Verkäufen sowie Pokale aus seiner aktiven Zeit. Das Verfahren zog sich in die Länge.
Weiter verzögert wurde es außerdem durch die Behauptung Beckers, dass er als Diplomat der Zentralafrikanischen Republik, „Sonderattaché für Sport und kulturelle Angelegenheiten in der Europäischen Union“, Immunität vor Strafverfolgung habe. Eine aus heutiger Sicht bizarre Argumentation, auf die er dann verzichtete.
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Vier Jahre später gibt sich der dreifache Wimbledon-Sieger wieder kämpferisch: „Wenn alles gegen mich läuft, habe ich ein Problem. Aber ich bin ein Mensch, der niemals aufgibt und immer bis zum Ende kämpft.“