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Nach 0:4 in MünchenBayer-Krise und Druck auf Trainer Seoane

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Leverkusen vs Bayern 021022

Leverkusens 0:4 Niederlage gegen München verschärft die Vereins-Krise.

Leverkusen – Als Gerardo Seoane vor 15 Monaten seine Arbeit in Leverkusen aufnahm, brachte er exzellente Kenntnisse in sechs Sprachen mit. Das perfekte Spanisch etwa, in dem er nach dem letzten Königsklassenmatch gegen Atlético Madrid die Fragen der Journalisten von der Iberischen Halbinsel beantwortete, kommt dem 43-Jährigen beim Umgang mit Bayers südamerikanischen Kickern zugute. Beim anstehenden Champions-League-Spiel am Dienstag (21 Uhr) in Porto, kann Seoane nun mit seinem Portugiesisch glänzen.

Womöglich verschlägt es ihm im Estadio do Dragão aber auch endgültig die Sprache. Nach dem fürchterlichen 0:4 am Freitag bei den Bayern fielen dem gebürtigen Schweizer, der in dieser Saison schon so viele Niederlagen erklären musste, die Worte besonders schwer. „Ich könnte aus dem Fußballkatalog jeden Eintrag aufführen, den die Bayern besser gemacht haben als wir“, seufzte Seoane.

„Wir haben in allen Belangen versagt“

Schließlich hatte er seinen Spielern vor der Reise nach München im Abstiegskampf elementar wichtige Tugenden wie Einsatz, Wille und Leidenschaft eingebläut. Um dann in der bajuwarischen Metropole nichts davon serviert zu bekommen. „Wir haben in allen Belangen versagt, und das macht mich traurig – ja“, sagte Kerem Demirbay. Der frühere Hoffenheimer hatte sich in den vergangenen Wochen zu einem der Leistungsträger aufgeschwungen.

In München blieb auch er blass – so dass Robert Andrich, noch einer der Besseren in einem zwischen Harmlosigkeit und Fehlerhaftigkeit dahin schlitterndem Team, ein erschütterndes Bild der aktuellen Lage zeichnete. „Die Stimmung ist eine Katastrophe. Das Gefühl ist beschämend, auch ein bisschen leer“, berichtete Demirbays Kollege aus dem defensiven Mittelfeld.

Bei den ersten drei Treffern leisteten die Leverkusener ihren Gastgebern Geleitschutz. Beim vierten erweiterte Kapitän Lukas Hradecky die Reihe seiner Patzer in den vergangenen Wochen, indem er dem Torschützen Thomas Müller den Ball vor die Füße rutschte.

Seoane bleibt auf Bank

In der Liga ist die Werkself gerade auf einen Abstiegsplatz abgesackt. Dennoch gelang es Simon Rolfes, im sportlichen Dunkel einen positiven Aspekt zu orten. „Das einzig Gute ist, dass wir direkt wieder spielen“, sagte Bayers Sport-Geschäftsführer. Die Frage, ob Seoane in Portugal noch auf der Bank sitzen werde, beantwortete Rolfes knapp mit „ja“.

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Zugleich machte er deutlich, nach einem Auftritt wie in München „nicht zur Tagesordnung“ überzugehen – und raunte dem Coach und dessen Team unmissverständlich zu: „Es ist ganz entscheidend, dass wir die von mir genannten Komponenten in Porto zeigen.“

„Wir brauchen kurzfristig Erfolge“

Der Ex-Nationalspieler fordert den sofortigen Nachweis, dass sich der Vorjahresdritte in Laufbereitschaft, Mut, Zweikampfverhalten und Initiative nicht noch einmal auf einem so niedrigen Niveau bewegt wie bei den Bayern. In der Länderspielpause hatten Rolfes und Club-Boss Fernando Carro mit Seoane die vertrackte Situation bereits eingehend seziert. Der Trainer bekam das Vertrauen ausgesprochen – und erklärte, er hoffe, „gewisse Punkte“ schnell ändern zu können.

In München haben Seoane und seine Mannschaft dieses Ziel himmelweit verfehlt. Entsprechend dünn ist die Luft für den Übungsleiter vor dem Abflug nach Portugal geworden. „Es ist natürlich nicht zu akzeptieren, wie wir gespielt haben“, donnerte Sportchef Rolfes in München, sprach mit Blick auf die Trainerfrage vage von einer gemeinsamen Verantwortung – formulierte aber auch klipp und klar: „Wir brauchen kurzfristig Erfolge und ein anderes Auftreten. Das ist es, womit wir uns beschäftigen sollten – und nicht mit anderen Dingen.“