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Europa League-HalbfinaleLeverkusen sinnt auf Revanche

Lesezeit 4 Minuten
Trainer Xabi Alonso Bayer Leverkusen im Halbfinale gegen Rom im vorigen Jahr.

Trainer Xabi Alonso Bayer Leverkusen im Halbfinale gegen Rom im vorigen Jahr.

Bayer Leverkusen trifft im Europa-League-Halbfinale auf AS Rom, um die bittere Niederlage von vor 586 Tagen zu rächen.

Es gab sie tatsächlich. Niederlagen von Bayer Leverkusen, die Xabi Alonsos Werkself stärker gemacht haben. Was nach einer nahezu perfekten Saison in der Bundesliga, der Europa League und dem DFB-Pokal mit historisch einmaligen, 46 Pflichtspielen ohne Niederlage paradox klingt, ereignete sich im letzten Spieljahr gleich an zwei Fußball-Standorten.

Der damals noch 41-jährige, spanische Trainer-Novize hatte den Bundesligisten gerade auf dem vorletzten Platz übernommen, da setzte es Mitte Oktober 2022 eine krachende Niederlage bei Eintracht Frankfurt. „So können wir nicht weitermachen, Jungs“, hatte Alonso seiner damals stark verunsicherten Mannschaft sinngemäß mitgeteilt und das 1:5 retrospektiv als Wendepunkt ausgemacht.

Damals „große Enttäuschung“, es nicht ins Finale geschafft zu haben

Bevor der Deutsche Meister 2024 genau 586 Tage nach dem hilfreichen Debakel, am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) wieder im Frankfurter Stadtwald antreten und den vorvorletzten Schritt zu einer nie dagewesenen, ungeschlagenen Erstliga-Saison machen möchte, wird die Mannschaft von Xabi Alonso mit einer anderen, weitaus härteren Niederlage konfrontiert. „Das Halbfinale in Rom war der Startpunkt für diese Saison“, stellte Simon Rolfes nach dem bitteren, weil ohne eigenes Tor vonstatten gegangenen Aus gegen die AS Rom klar.

Genau 357 Tage nach dem 0:1 im Stadio Olimpico sprach der Geschäftsführer über die damaligen Eindrücke. Einerseits seien sie positiv gewesen, weil damals schon das Potenzial der Werkself (auch ohne Xhaka, Grimaldo, Boniface Hofmann und Tella), sowie die Euphorie im gesamten Verein erkennbar waren. Andererseits benannte Rolfes die „große Enttäuschung“, es nicht ins Finale geschafft zu haben.

Diesen tief sitzenden Stachel konnten die Leverkusener nicht nur entfernen, sondern ihn auch als psychologisch nützliche Waffe im Kampf um das Triple verwenden. „Die Energie und die Motivation, die wir daraus geschöpft haben, war schon groß“, stellt Rolfes klar. „Für diesen Wettbewerb, aber auch für den Erfolg in der Bundesliga und im Pokal.“

Leverkusen steht kurz vor der Revanche in Rom

Genau wie sein Cheftrainer hat der ehemalige Profi negative Situationen schon als Aktiver miterlebt und konnte die aktuelle Bayer 04-Generation umprogrammieren. Gerade weil die im Mai 2023 noch von José Mourinho trainierten Italiener mit einer extrem destruktiven Spielweise und dreistem Zeitschinden (im torlosen Rückspiel noch mehr als im Hinspiel) fußballerisch unverdient ins Endspiel eingezogen waren, ließen sich die negativen Emotionen von Florian Wirtz und Co. gut in positive Energie umwandeln.

„Vor dem ersten Spiel gegen Häcken haben wir über die Roma-Erfahrung gesprochen“, verriet Coach Alonso schon nach dem nächsten Last-minute-Bundesliga-Treffer zum 2:2 gegen Stuttgart, „und jetzt sind wir wieder in der Situation, dass wir das Halbfinale gegen Rom spielen“. Nach einer perfekten Gruppenphase mit sechs Siegen und den knapp, aber nicht unverdient gewonnenen Achtel- und Viertelfinals gegen Quarabag Agdam und West Ham United steht die Leverkusener nun vor der Revanche in der Ewigen Stadt.

Simon Rolfes mahnt zur Bewahrung der Kontrolle

Auch wenn Simon Rolfes die Wut im Bauch seiner Schützlinge verstehen kann, rät er ihnen dazu, sie unter Kontrolle zu halten. „Überdrehen ist nie gut. Wir brauchen diese Energie schon weiter, aber trotzdem muss alles mit kühlem Kopf und Verstand passieren.“ Nur so könne sein Team „Dominanz“ bekommen, die es gegen eine „andere Roma“ braucht.

Die mittlerweile von Daniele de Rossi trainierte AS holte jüngst als Fünfter beim amtierenden Serie A-Sieger Neapel einen Liga-Punkt (2:2). In der EL-K.o.-Phase wurden die Hürden Feynoord Rotterdam, Brighton & Hove Albion und AC Mailand überwunden. „Im Vergleich zum letzten Jahr spielen sie offensiver“, weiß Rolfes um die neue, gegnerische Angriffsqualität mit Romelu Lukaku und dem Ex-Bayer-Profi Sardar Azmoun „sie versuchen auch mal vorne draufzugehen. Deswegen glaube ich nicht, dass es von der Spielweise so wie im letzten Jahr ist“, fährt Bayers Sportchef fort.

In einer Phase, in der Niederlagen für sein Team schier unmöglich zu sein scheinen und auch personell aus dem Vollen geschöpft werden kann, stellt er sich zwar auf ein „umkämpftes Spiel“ ein. Dann schiebt er alles Vergangene aber beiseite und gibt den für Donnerstag (21 Uhr/RTL) einzig gangbaren Weg vor: „Grundsätzlich ist es schon in der ganzen Saison die Marschroute, die Spiele zu gewinnen“, nimmt Rolfes das Finale in Dublin ins Visier, „wir haben auch in Rom das Selbstvertrauen, dass wir auswärts dominant auftreten und das Spiel für uns entscheiden können“.


Voraussichtliche Aufstellungen:

AS Rom: Svilar; Kristensen, Mancini, Ndicka, Spinazzola; Bove, Cristante, Pellegrini; Dybala, Abraham, El Shaarawy. - Bayer 04 Leverkusen: Kovar; Stanisic, Tah, Hincapie; Frimpong, Xhaka, Palacios, Grimaldo; Adli, Wirtz, Boniface. - SR.: Francois Letexier (Frankreich).