Rätselraten um Florian Wirtz und ein 3:2 in Dortmund. Bayer Leverkusens Jahresauftakt geriet turbulent.
Bayer 04 LeverkusenVerspäteter Wirtz beunruhigt Alonso
Das Geflüster auf den Gängen des Dortmunder Fußball-Tempels nahm zu und die Lautstärke schwoll an. Thema war niemand Geringeres als eine der größten Verheißungen im deutschen Fußball. Florian Wirtz war kurz vor dem Bundesliga-Auftritt des deutschen Doublesiegers Bayer 04 Leverkusen am Freitag bei Borussia Dortmund gemeinsam mit Teamkollege Exequiel Palacios aus der Startelf gestrichen worden und sein Arbeitgeber lieferte keine Erklärung mit.
Welch mysteriöse Verfehlung mochten sich der für seine Disziplin bekannte 22-Jährige und der argentinische Weltmeister geleistet haben, dass sie beim Anpfiff nur auf der Bank Platz nehmen durften?
Die Leverkusener taten sich schwer, mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen und befeuerten so natürlich die Gerüchteküche. „Es gab ein kleines Problem, doch er kann in der zweiten Halbzeit spielen“, sagte Sportchef Simon Rolfes. Warum hatte der Meister zunächst eine Aufstellung mit Wirtz gepostet? Und warum sprachen die Verantwortlichen selbst nach dem Abpfiff noch von „etwas Internem, das auch intern bleiben wird“?
Es war am Ende Trainer Xabi Alonso, der kurz vor Mitternacht des Rätsels Lösung auf der Pressekonferenz nach dem 3:2 (3:1)-Sieg der Werkself präsentierte. Der Spanier wählte die englische Sprache, um sicherzugehen, dass er nicht missverstanden wird. „Nein, nein“, sagte der Spanier und ließ die Luft raus — eine Disziplinlosigkeit läge nicht vor. Im Gegenteil, Wirtz sei unschuldig: „Es gab heute Morgen eine Situation: Flo und Pala standen auf dem Weg zu unserem Training im Stau an der A1-Brücke. Die klassische Brücke in Köln, die so viele Probleme macht“, sagte Alonso. „Sie haben bei unserer Vorbereitung und bei unserem Meeting gefehlt und sind dann direkt nach Dortmund gefahren.“
Florian Wirtz wird erst nach 63 Minuten eingewechselt
Mal abgesehen davon, dass Alonso die Leverkusener Autobahnbrücke meinte, die aufgrund von herabfallenden Eisplatten gesperrt werden musste, löste die Verspätung von Wirtz ein ungutes Gefühl bei dem Trainer aus: Ich wollte die Dinge klar haben. Ich weiß, wie wichtig Flo ist, aber er stieß erst sehr spät zur Mannschaft und hat bei der Besprechung des Matchplans gefehlt. Ich habe die Entscheidung, um mich zu beruhigen.“
Wirtz kam erst in der 63. Minute beim Stand von 3:1 für den Doppeltorschützen Patrik Schick auf das Feld. Der Tscheche hatte zwei Minuten zuvor noch das 4:1 und die Entscheidung liegen gelassen. Palacios, für den Robert Andrich in die Startaufstellung gerutscht war, wurde erst in der 89. Minute für Alejandro Grimaldo eingewechselt.
Die Leverkusener hatten auch ohne ihre beiden Weltstars einen Blitzstart hingelegt und den in der Abwehr stark ersatzgeschwächten BVB mit drei Treffern in den ersten 19 Minuten geschockt. Der für Wirtz ins Team gerückte Nathan Tella hatte Bayer schon nach 26 Sekunden in Führung geschossen. Dann schlug der nunmehr bei elf Saisontreffern stehende Schick zweimal zu (8./19.). Der beruhigte Alonso hatte sein Team optimal eingestellt.
Neunter Pflichtspielsieg in Serie
Dass der neunte Pflichtspielsieg hintereinander bis zum Schluss auf wackeligen Beinen stand, lag an zwei vermeidbaren Gegentreffern. Beim 1:2 von Jamie Gittens sah die komplette Bayer-Defensive inklusive Torwart Lukas Hradecky nicht gut aus (12.). Dem Elfmetertor zum 2:3 durch Serhou Guirassy (79.) war ein ebenso unnötiger wie unglücklicher Armeinsatz von Edmond Tapsoba im Strafraum gegen Julian Duranville vorausgegangen (75.).
Die Leverkusener hatten den Rückstand auf Tabellenführer Bayern München bis auf einen Punkt verkürzt und durften am Samstagabend lange darauf hoffen, dass Borussia Mönchengladbach Schützenhilfe bietet. Erst ein höchst umstrittener Foulelfmeter sicherte den Münchnern einen 1:0-Sieg (siehe Bericht unten) und wahrte zu Beginn der Englischen Woche den Vier-Punkte-Vorsprung auf Bayer.
Die beiden großen Konkurrenten im Titelkampf genießen in ihrem Fernduell nun zweimal in Folge Heimrecht. Bayern empfängt am Mittwoch die schwer kriselnde TSG 1899 Hoffenheim und am Samstag zum Rückrunden-Auftakt den VfL Wolfsburg. Die Leverkusener treffen am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) zunächst auf den formstarken 1. FSV Mainz 05 und im Topspiel am Samstag (18.30 Uhr/Sky) auf Mönchengladbach. In beiden Partien sicher wieder mit Florian Wirtz in der Startelf. Der Nationalspieler stieg jedenfalls am Freitag gemeinsam mit seinen Teamkameraden um 23.30 Uhr in den Bus. (mit sid)