Rund 1000 Mitglieder und die Clubspitze des 1. FC Köln trafen sich bei einem Stammtisch im Coloneum zur Aussprache. Ein großes Thema war das CAS-Urteil und die daraus resultierende Transfersperre.
Mitglieder-Stammtisch des 1. FC KölnEs gibt noch offene Fragen zum Fall Potocnik
Es ging auf Mitternacht zu, als die Hymne des 1. FC Köln, im Coloneum einen besonderen Abend beendete. Der nach der Trennung von Trainer Steffen Baumgart und dem CAS-Urteil flugs einberufene Stammtisch des Fußball-Bundesligisten hatte mit knapp 1000 Teilnehmern nicht nur eine erstaunliche Resonanz erhalten, er war unter der besonnenen Moderation von TV-Journalist Jan Henkel zudem auf einem sachlichen Niveau verlaufen, das jeder Aussprache bei einer Mitgliederversammlung der Geißböcke zu wünschen wäre.
Die berechtigten Sorgen der FC-Verantwortlichen aus Vorstand und Geschäftsführung, die angesichts der komplizierten Vorgänge einen deutlich emotionaleren Abend befürchtet hatten, bestätigten sich nicht. Vielmehr zeigten sich die meisten Fragesteller gut informiert und bestens vorbereitet. Die passende Grundlage für das Kreuzverhör, dem sich vor allem Präsident Werner Wolf und die beiden Geschäftsführer Christian Keller und Philipp Türoff gut fünfeinhalb Stunden lang stellen mussten.
Nachdem sich das Trio auf dem Podium ausreichend für die unzureichende Kommunikation im Zusammenhang mit den Geschehnissen am 21. Dezember 2023 bei den Mitgliedern entschuldigt hatte und es zudem gelungen war, die Trennung von Baumgart und den eingeschlagenen Sparkurs nachvollziehbar zu moderieren, geriet die Clubführung in der Aussprache zum Thema CAS-Urteil und Transfersperre ins Schwimmen.
Das Auditorium wollte ziemlich genau und sehr hartnäckig wissen, welche Umstände und welche Personen dafür verantwortlich sind, dass der stark abstiegsgefährdete Bundesligist wegen „Anstiftung zum Vertragsbruch“ als erster deutscher Club überhaupt mit einer Transfersperre belegt wurde und im Jahr 2024 ab der U16 keine Spieler mehr neu registrieren darf. Den Mitgliedern ging es darum, zu verstehen, warum der FC am 31. Januar 2022 in der Lage war, den 16-jährigen Jaka Cuba Potocnik nach dessen Kündigung beim slowenischen Meister Olimpija Ljubljana innerhalb von nur 16 Stunden unter Vertrag nehmen zu können, ohne vorher Kontakt zu dem Spieler aufgenommen zu haben.
Präsident Wolf verspricht Aufklärung
Türoff, der zum 1. Januar 2022, als neuer Finanzchef Mitglied der Geschäftsführung geworden war, und zum Zeitpunkt von Potocniks Verpflichtung gemeinsam mit Alexander Wehrle in der Verantwortung stand, konnte diese Frage zwei Jahre nach dem Vorgang ebenso wenig ausreichend beantworten wie Präsident Werner Wolf. „Wir arbeiten das auf und werden Sie umfassend darüber informieren, wenn es so weit ist“, versprach Werner Wolf den Mitgliedern.
Es wird wohl darauf hinauslaufen, die Rolle von Jörg Jakobs und seinen freundschaftlichen Kontakt zu Potocniks Berater Goran Sukalo noch einmal genauer zu beleuchten. Jakobs, der aktuell mit Erich Rutemöller den FC-Vorstand als Sportkompetenzteam berät, war nach der Entlassung von Horst Heldt im Frühjahr 2021 und vor dem Eintritt von Christian Keller in die Geschäftsführung am 1. April 2022, Interims-Sportchef der Kölner und damit einer der Verantwortlichen bei der Verpflichtung von Potocnik.
„Mit dem Wissen um den Ausgang des Verfahrens müssen wir sagen, dass die Verpflichtung des Spielers ein Fehler war und wir die Entscheidung so nicht wieder treffen würden“, räumte Philipp Türoff ein. Der FC und seine Juristen mit Justiziar Oliver Zierold an der Spitze hatten im Fall einer Anklage bei der FIFA als sogenannte „Ersttäter“ allenfalls mit einer Geldstrafe von maximal 300.000 Euro kalkuliert. Eine im Rückblick nicht nur leichtsinnige sondern auch die Legalitätspflicht der Geschäftsführung verletzende Fehleinschätzung.
Die Zuhörer konnten sich trotz der Aufklärungsversuche, an denen sich auch FC-Vizepräsident Carsten Wettich als Rechtsanwalt beteiligte, kaum des Eindrucks erwehren, dass ihnen die Wahrheit nicht nur aus nachvollziehbaren juristischen Gründen vorenthalten wurde, sondern dass die FC-Verantwortlichen sie mit ihren Fragen nicht ernst nahmen: „Sie beleidigen unsere Intelligenz“, sagte ein Mitglied entrüstet. Zudem stand der Vorwurf der Lüge im Raum. Töne, die an diesem Abend die absolute Ausnahme bildeten, und damit zeigten, dass es an diesem Punkt dringenden Aufklärungsbedarf seitens der Clubspitze gibt.