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Interview mit Sportrechtler„Das Verhalten der Kölner ist nicht per se rechtswidrig“

Lesezeit 3 Minuten
Außenansicht vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in der schweizerischen Stadt Lausanne. Ein metallenes Schild hängt an einem Eisenzaun.

Außenansicht des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS).

Karl Hamacher ist Fachanwalt für Sportrecht in Köln und ordnet die Rechtslage zur Causa Potocnik und das Fifa-Urteil gegen den 1. FC Köln ein.

Wären Sie Richter am Sportgerichtshof CAS – was würden Sie bei einer Entscheidung über den Fall Potocnik berücksichtigen?

Karl Hamacher: Da wir alle Tatsachen und die einzelnen Schriftsätze in diesem Fall nicht kennen, müssen wir ein Stück weit spekulieren. Man kann aber sagen, was ein Richter prüfen würde: Nämlich, ob eine rechtswidrige Kündigung des Spielers vorliegt oder ob sie doch berechtigt war. In letzterem Fall müsste man zugunsten des 1. FC Köln und des Spielers entscheiden. Ob die Kündigung berechtigt war, wird an den Maßstäben der FIFA-Regeln und auch des slowenischen Arbeitsrechts gemessen. Es muss dafür ein triftiger Grund vorliegen, der eine weitere Zusammenarbeit zwischen Club und Spieler unmöglich macht.

Aus Sicht des FC und des Spielers hat man Potocnik bei Olimpija vertragliche Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten wurden. Das kann durchaus ein Grund für eine fristlose Kündigung sein, wenn man diese innerhalb einer kurzen Zeit ausspricht. Beim CAS wird man sicher auch Zeugen in einer mündlichen Verhandlung dazu hören. Die Beweislast hierfür liegt letztendlich aber bei dem Spieler.

Was hat der 1. FC Köln bei dem Transfer möglicherweise falsch gemacht?

Angeblich enthielt Potocniks Vertrag eine schriftliche Ausstiegsklausel. Wenn es die gab, hätte man den Spieler darüber rechtssicher verpflichten können. Offenbar hat der FC aber davon keinen Gebrauch gemacht, sondern ist davon ausgegangen, dass der Spieler rechtmäßig fristlos gekündigt hat und somit vertragslos ist. Einen vertragslosen Spieler kann der FC grundsätzlich mit einem neuen Vertrag in seine Reihen aufnehmen.

Doch die Fifa hat insoweit strenge Regeln, damit Vereine nicht bei anderen Vereinen sozusagen „räubern gehen“ und junge Spieler zur Kündigung veranlassen.
Karl Hamacher, Fachanwalt für Sportrecht

Doch die Fifa hat insoweit strenge Regeln, damit Vereine nicht bei anderen Vereinen sozusagen „räubern gehen“ und junge Spieler zur Kündigung veranlassen, um sie dann als vertragslose Spieler ohne weiteres zu verpflichten. Normalerweise müssen sich beide Vereine verständigen und es muss eine Ablöse gezahlt werden. Das Verhalten der Kölner ist daher also nicht per se rechtswidrig, sondern erlaubt.

Wenn Olimpija und der FC sich doch noch irgendwie einigen, könnte man das laufende Verfahren noch stoppen? Die Fifa hat ihre Sanktion ja schon ausgesprochen.

Wahrscheinlich nicht. Die Sanktion ist ausgesprochen, der Verstoß liegt vor und das Verfahren ist meines Erachtens nicht mehr Parteidispositiv. Theoretisch besteht die Möglichkeit, vor ein Zivilgericht zu ziehen, aber ein Verfahren dort dauert sehr lange und würde das FIFA-Verfahren zunächst auch nicht ohne Weiteres stoppen. Der FC braucht aber eine schnelle Suspendierung des Fifa-Urteils.

FC-Geschäftsführer Christian Keller kritisierte, dass das „drakonische“ Fifa-Urteil quasi im stillen Kämmerlein ohne mündliche Anhörung gefällt wurde. Wird eine Strafe der Fifa wirklich so willkürlich verhängt?

Bei so einer Entscheidung wird zunächst ein Antrag bei der Fifa gestellt, in diesem Fall von Ljubljana. Der 1. FC Köln hat dann schriftlich Stellung zu den Vorwürfen genommen, und auf Basis dieser Schriftsätze hat das Fifa-Tribunal seine Entscheidung getroffen. Es gab keine mündliche Verhandlung und keine Zeugenvernehmung, das ist aber auch nicht unüblich und auch nicht immer nötig. Die zu bearbeitenden Anträge kommen ja auch aus aller Welt.

Das Urteil wurde aber wohl Anfang Februar gefällt und es hat fast zwei Monate gedauert, bis es dem FC - wohl auch das reine Ergebnis, das heißt, der Tenor der Entscheidung - mitgeteilt wurde. Dass der Verein das bemängelt, ist absolut verständlich. Er ist immerhin mitten in der Vorbereitung und im Transfergeschäft für die neue Saison.