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Streit um Transferregeln1. FC Köln denkt über Schadenersatzforderung im „Fall Potocnik“ nach

Lesezeit 4 Minuten
Christian Keller, Geschäftsführer des 1. FC Köln am Samstag während des Zweitligaspiels gegen den SSV Ulm.

Christian Keller, Geschäftsführer des 1. FC Köln am Samstag während des Zweitligaspiels gegen den SSV Ulm.

Der 1. FC Köln denkt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs über eine Schadensersatzforderung gegenüber der FIFA nach.

Der 1. FC Köln denkt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Streit um die Transferregeln des Weltfußballverbands Fifa über eine Schadenersatzforderung im Fall „Jaka Cuber Potocnik“ nach. Der EuGH entschied nun nach einer Klage des französischen Fußballprofis Lassana Diarra, dass es Paragraphen im Transferreglement der Fifa gibt, die gegen EU-Recht verstoßen. Auf Grundlage einer dieser Vorschriften hatte der Weltverband dem FC nach der Verpflichtung des Nachwuchsspielers von Olimpia Ljubljana eine einjährige Transfersperre auferlegt, die vom Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne bestätigt wurde.

Die Kölner durften in der Winter-Transferperiode 2024 keine neuen Spieler registrieren lassen und stiegen aus der Bundesliga ab. Auch im folgenden Sommertransferfenster konnte der FC keine Spieler verpflichten, die sofort zu Saisonbeginn der 2. Bundesliga spielberechtigt gewesen wären. Die Sperre läuft erst zum 1. Januar 2025 ab.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat nun entschieden, dass die vom EU-Recht gewährte Freizügigkeit der Spieler und der Wettbewerb zwischen den Vereinen durch die Transferregeln des Weltfußballverbands eingeschränkt werden. „Die Rechtsgrundlage, auf der wir verurteilt worden sind, also der Paragraph 17.4 des Transferrechts, ist europarechtswidrig. Er verstößt gegen das Kartellrecht und die Arbeitnehmerfreizügigkeit“, erklärte FC-Geschäftsführer Christian Keller am Samstag nach dem 2:0-Heimsieg gegen den SSV Ulm.

CAS-Urteil war europarechtswidrig

Der FC habe gerade den Verstoß gegen das Europarecht im CAS-Verfahren als zentrales Argument aufgeführt und sich seitenlang zu diesem Thema ausgelassen. „Wir haben im Nachgang Recht bekommen. Das ist ein schwacher Trost, weil wir die Sperre praktisch abgesessen haben“, sagte Keller. Auch ein Gnadengesuch der Kölner bei der Fifa vor der Sommer-Transferperiode war gescheitert, obwohl im Fall Diarra absehbar war, dass der Europäische Gerichtshof ein Urteil im Sinne des FC fällen würde.

Fall Lassana Diarra bringt Stein ins Rollen

Hintergrund des Urteils ist eine Klage des ehemaligen französischen Fußballprofis Lassana Diarra. Er wurde 2013 vom russischen Verein Lokomotive Moskau verpflichtet. Nach nur einem Jahr kam es zum Streit über Gehaltszahlungen, der Verein löste den Vertrag auf und bestand auf eine Kompensationszahlung wegen der gezahlten Ablöse.

Diarra wiederum verlangte für sich eine Entschädigung und verklagte den Verein auf ausstehende Gehälter. Er machte geltend, dass sich die Suche nach einem neuen Verein schwierig gestalte. Laut Fifa-Regeln haften sowohl der Spieler und der neue Verein für eine fällige Entschädigung, sollte der Vertrag nicht aus einem triftigen Grund aufgelöst worden sein.

Deswegen sei ein Vertrag mit dem belgischen Club Sporting du Pays de Charleroi nicht zustande gekommen. Diarra verklagte daraufhin die Fifa und den belgischen Fußballverband auf Schadenersatz und Verdienstausfall in Höhe von sechs Millionen Euro. Er rügte, dass die Transferregeln der Fifa gegen EU-rechtliche Vorschriften für Freizügigkeit und Wettbewerb verstoßen. Das belgische Gericht legte den Fall daraufhin dem EuGH vor.

FC hat die Transfersperre abgesessen

Die Richter entschieden nun, dass die Regeln der Fifa über das Ziel hinausschießen. Diese belasteten die Sportler und die Vereine „mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken“, hieß es in einer Pressemitteilung des Gerichts.

„Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof hätte der Spieler Potocnik seinen Vertrag bei Olimpia Ljubljana kündigen können und wir hätten nicht belegen müssen, dass wir ihn nicht angestiftet haben. Die Beweislast hätte nicht bei uns gelegen“, sagte Christian Keller. Der FC war verurteilt worden, weil er Ende Januar 2022 den damals 17-jährigen Potocnik verpflichtet hatte, nachdem dieser kurz zuvor seinen Vertrag bei Ljubljana gekündigt hatte. Die Fifa warf den Kölnern daraufhin vor, den Spieler zum Vertragsbruch angestiftet zu haben.

Laut Keller denkt der FC nach dem Urteil darüber nach, vor dem Hintergrund des Bundesliga-Abstiegs, die Fifa auf Schadenersatz zu klagen. „Es ist möglich, dass ein Anspruch auf Schadenersatz besteht“, sagte der FC-Geschäftsführer nur. Eine sofortige Aufhebung der Registrierungssperre hätte nur noch symbolischen Wert, weil die beiden Transferphasen, in denen die Kölner Spieler hätten registrieren können, bereits vorüber sind. „Wir wissen nicht, ob wir darauf noch einmal eingehen, weil es uns praktisch nichts mehr bringt“, sagte Keller.