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Mit BildergalerieSo herrlich jeck funktioniert die Gemünder Zeitmaschine

Lesezeit 4 Minuten
Gut gelaunt zog das Gemünder Dreigestirn in den Saal ein.

Gut gelaunt zog das Gemünder Dreigestirn in den Saal ein.

Es ist die Kombination von Theater und Karneval: Mehr als 500 Jecke feierten mit der KG Rot-Weiß ein rauschendes Fest im Gemünder Kursaal.

„Kurhalle, das ist die große Jeckenfalle, mitten in Gemünd“, sangen die „Drei Brüder“ bei der Prunksitzung der KG Rot-Weiß. Sie hatten dabei die Wahrheit dieser Zeilen direkt vor Augen. Mehr als 500 begeisterte Jecke feierten die Akteure auf, neben und hinter der Bühne – die ihrem Publikum einen spannenden und abwechslungsreichen Abend boten.

Denn es ist immer ein gut gehütetes Geheimnis, was genau bei der Sitzung auf der Bühne geschehen wird. Wenn der Vorhang sich öffnet, entführen die Aktiven des Gemünder Karnevals ihre Zuschauer traditionell erst einmal mit einer Spielszene aus dem Alltag, bevor der „normale“ Karneval zu seinem Recht kommt.

Die Gemünder Zeitmaschine stammt aus der Uhrmacherei Schockert

Und in diesem Jahr reisten sie mittels einer Zeitmaschine, die vorgeblich aus dem Fundus der nie abgeholten Hinterlassenschaften der Uhrmacherei von Franz Schockert stammt, gleich in verschiedene Epochen der Gemünder Historie. Doch es wäre nicht Gemünd, wenn nicht erst einmal die umliegenden Orte ihr Fett abbekommen würden.

So war Präsident René (Bössje) Gerhards erst einmal der Welt entrückt: Er hatte sich nicht nur ein Süppchen aus Elz, dem Dreiborner Stammgetränk, gekocht, sondern auch noch einen Joint aus alten Obstsorten aus dem Vorgarten von Petra Meyer von der KG Morhahne gedreht. Zum Leben wiedererweckt wurde er durch Asbach-Cola, bevorzugter Treibstoff von Frank (Präsi) Michalski, dem Ex-Präsidenten. „Aber so kann er doch keine Sitzung leiten“, meinte der Vorsitzende Andreas Mertens warnen zu müssen. „Wieso? Das hat bei mir auch jahrelang funktioniert“, entgegnete Michalski.

Bei den „Vier Arschbacken“ trifft sich die Gemünder Geschichte

Zentraler Spielort war die Redaktion dieser Zeitung an der Dreiborner Straße. Bevor die Zeitungsleute dort einzogen, beherbergte das Haus in den 1950er-Jahren noch eine Gastwirtschaft, die von den Gemündern freundlich mit „Die vier Arschbacken“ betitelt wurde. Hier trafen sich per Zeitreise erst einmal Dr. Max Fesenmeyer, Bürgermeister der damaligen Stadt Gemünd, und Dechant Dr. Adolf Heitzer. Letzterer, um in seinem Kampf gegen die Verderbtheit der Sitten in Form der gerade frisch gegründeten Gemünder Tanzgarde zu Felde zu ziehen.

Zu ihnen gesellten sich weitere Persönlichkeiten der Gemünder Geschichte: Alfred Poensgen, der 1860 seine Eisenhütte nach Düsseldorf verlegte, da die Bahnlinie Düren-Gemünd nicht gebaut wurde, die Dreiborner Freifrau Franziska von Harff, die die Nepomuk-Statue gestiftet hatte, und Peter Dreßen, Vorsitzender der Gemünder Schützen, der 1972 den Widerstand gegen den Zusammenschluss mit Schleiden ausrief.

So verschieden diese Personen auch waren – beim Zusammentreffen im Kurhaus beschlossen sie, gemeinsam Karneval zu feiern. Erster Höhepunkt war der Einmarsch des Dreigestirns. Prinz Carlos I., Bauer Timo und Jungfrau Barbara genossen diesen Moment in vollen Zügen. Während der Bauer gleich auf der Empore verschwand, drehten Prinz und Jungfrau mehrere Runden im Saal.

Begleitet von ihrem Gefolge enterten sie schließlich die Bühne. Doch Sprachlosigkeit gehört nicht zu den herausstechenden Charaktereigenschaften des aktuellen Gemünder Karnevalsprinzen. Untermalt von mehreren Musikeinspielungen, ließ er eine fröhliche Mallorca-Reise, die er gemeinsam mit seinem Gefolge verlebt hatte, noch einmal Revue passieren.

Die Brüder gehören zur Gemünder Sitzung einfach dazu

Zu einem festen Bestandteil der Gemünder Sitzungen sind mittlerweile die „Drei Brüder“ Frank Michalski, Ewald Schäfer und Michael Hartmann geworden, die in der vergangenen Session zudem Verstärkung durch Michalskis Sohn Thorben als „Labbes“ bekommen haben. Sie lieferten, in schwarzen Anzügen mit Sonnenbrillen als „Blues Brothers“ dekoriert, eine Nummer ab, in der nicht nur Michalskis stets humorvoll gepflegte Schleiden-Phobie wieder zur Geltung kam, sie ließen auch kaum einen Seitenhieb auf die aktuellen Gemünder Verhältnisse aus.

Endlich hat der Rewe auf“, sangen die Brüder zur Melodie von „Immer wieder geht die Sonne auf“. Noch einmal Udo Jürgens wurde mit seinem New-York-Song bemüht, als es mangels Masse um die Unmöglichkeit einer Kneipentour in Gemünd ging: „Ich war so gern bei Onkel Franz, so gerne im Gemünder Hof, bei Drehsen-Theißen, Lieske, Dampflok, Lesch, Schorns Lud.“

Das Tanzpaar zeigte nach fünf Jahren seinen letzten Auftritt

Einen Abschied vom Gemünder Publikum nahm das Tanzpaar Anna Diederichs und Cedric Heinrichs, das nach fünf Jahren seinen letzten Auftritt zeigte. Genauso waren das Synchrontanzpaar Maria Laux und Diana Henninger mit ihrem Tanz zu sehen, ebenso Solomariechen Sarah Laux und die Vorzeigegarde der Gemünder, die Roten Funken. Auch die Showtanzgruppe Gemünd und das Männerballett „Schlawinchen“ rissen das Publikum mit ihrem aktuellen Programm von den Sitzen.

Eine besondere Überraschung hatten sich die „Schlawinchen“ ausgedacht. Mit Bürgermeister Ingo Pfennings ehrten sie die Junioren-Weltmeisterin Helena Decker als „Stärkste Frau von Schleiden“. Auch ihre Trainerin Maria Dreßen wurde dabei mitgeehrt. Es war eine überraschende Ehrung für Decker, Junioren-Weltmeisterin im Kraftdreikampf.

Als „Singmajor“ ging Stefan Klippel auf die Bühne und begeisterte die Zuschauer. Stammgäste bei der Gemünder Sitzung sind „Botz und Bötzje“, die ihr Zwiegespräch präsentierten. Den Abschluss im Kursaal lieferte die Band „Firlefanz“ aus Bitburg.