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„Schockstarre“Bei Montaplast in Morsbach geht der Blick nach vorne

Lesezeit 3 Minuten

Bei Montaplast arbeiten 2000 Menschen in Morsbach.

Der Schock in der Belegschaft sitz noch immer tief. Doch es muss weitergehen.

Insolvenz oder Verzicht auf die Jahresleistung? Bei der Morsbacher Firma Montaplast haben sich Geschäftsführung und die Tarifkommission der IG Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) wie berichtet für den Verzicht auf das Weihnachtsgeld entschieden. Allerdings ohne vorher mit der Belegschaft gesprochen zu haben, wie der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Frank Rosenthal im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet. Inzwischen sind einige Tage vergangen und es scheint so, als könne Montaplast das rettende Ufer erreichen, wie auch Rosenthal sagt.

Dennoch sind die Vorgänge, die sich am Freitag vor einer Woche abgespielt haben, den rund 2000 Beschäftigen noch immer präsent. Mit einem Aushang, den Firmenchef Christian A. Stulz unterschrieben hatte, wurde die Belegschaft über die dramatische Lage des Unternehmens unterrichtet. Und es gab einen Hinweis auf eine außerordentliche Betriebsversammlung am Montag darauf. Das habe für Wut und Enttäuschung gesorgt, sagt Rosenthal. Der Betrieb sei in eine „Schockstarre“ gefallen. Auch der Betriebsrat selbst sei von der Gewerkschaft IGBCE im Vorfeld nicht informiert worden. Während die Kollegen der Gewerkschaft in Köln geblieben seien, habe der Betriebsrat vor Ort versucht, „positiven Einfluss auf die Menschen“ zu nehmen.

Dialog zwischen Belegschaft und Geschäftsführung wieder im Gang

Und das offenbar mit Erfolg, denn seit der Betriebsversammlung seien Betriebsrat und Geschäftsführung wieder im Dialog. Und das täglich. Die Situation bei Montaplast sei der Belegschaft nicht neu gewesen, sagt Rosenthal. Seit drei bis vier Jahren sei das Unternehmen im Krisenmodus oder „Fire-Fighting-Modus“ wie der Vize-Betriebsratsvorsitzende es nennt, also Feuerwehrmodus. Die Kunden des Morsbacher Unternehmens kommen zu 100 Prozent aus der Automobilbranche. Was dort im Augenblick abgehe, sei jedem bekannt, sagt Rosenthal. Wenn Audi in Brüssel Kurzarbeit mache oder Ford in Köln die Entlassung tausender Kolleginnen und Kollegen ankündige, dann treffe das Morsbach ganz extrem, sagt Rosenthal. Belegschaft und Firmenleitung hätten über die vergangenen Jahre gegenseitig immer mehr Zugeständnisse gemacht. Was genau, das könne er öffentlich nicht sagen. Die Kolleginnen und Kollegen hätten unglaublich viel Flexibilität bewiesen. Am Ende aber seien Belegschaft und Geschäftsführung auch eine Art Team geworden.

Umso erschreckender sei dann das Vorgehen an jenem Freitag gewesen, von dem die Belegschaft rein gar nichts geahnt habe. Auch darüber sei gesprochen worden, „was gut gewesen ist“. Jetzt gehe es darum, dass an einen Strang gezogen werde, so Rosenthal. Er klingt dabei leicht optimistisch, will sich aber auch aus guten Gründen nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Erst einmal sei das Horror-Szenario angewendet worden. Wichtig sei für die Belegschaft, dass sich Christian Stulz in der Betriebsversammlung zum Standort in Morsbach bekannt habe. Rosenthal, der aus Gummersbach stammt, vergleicht Montaplast mit Steinmüller in Gummersbach. Ende der 1990er war der weltbekannte Kesselbauer an Babcock verkauft worden, ehe der Konzern Pleite machte. Doch genau das dürfe in Morsbach nicht passieren. Und Rosenthal hat einen festen Glauben an seine Kolleginnen und Kollegen und die Geschäftsführung gleichermaßen.

Und was den Support durch die IGBCE angeht, verhehlt Rosenthal nicht, dass er damit nicht zufrieden ist. In diesen Tagen würde er sich bei einer Gewerkschaft wie der IG Metall, die im Automobilbereich ihre Kernkompetenz habe, wohler fühlen. Er selbst jedenfalls hat der IGBCE die Kündigung geschickt. Armando Dente, Leiter des Bezirks Köln-Bonn der IGBCE, war trotz mehrfacher telefonischer Nachfrage nicht zu erreichen.