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Start-ups in Rhein-BergErfindung macht Rösrather Unternehmen unverzichtbar für Autoindustrie

Lesezeit 4 Minuten
Philipp Soest steht vor dem Laser, der gut geschützt ist und auf dem Schrottplatz eingesetzt wird.

Philipp Soest steht vor dem Laser, der gut geschützt ist und auf dem Schrottplatz eingesetzt wird.

Cleansort entwickelt Sortieranlage, die Metallschrott mit Lasertechnik analysiert. Eine Wertstoffanlage spart 126.500 Tonnen CO₂ pro Jahr.

Ein Blick in die Sortieranlage, die in einer Halle des Start-ups cleansort steht, erinnert an einen Sternenregen. Dabei hat das, was dort passiert, wenig mit dem Weltall zu tun.

Das Start-up hat eine Möglichkeit entwickelt, Metallschrott innerhalb von 6,2 Millisekunden zu analysieren und in zwei verschiedene Kategorien zu sortieren. Dafür wird der Schrott in einen Teil der Anlage geschüttet, der Bunker heißt und von dem er über ein Steigband in den Messcontainer auf der anderen Seite gelangt. Auf der Seite wartet ein Laser, der eine 0,3 mal 0,3 Millimeter große Stelle auf dem Stück Schrott reinigt, dabei leuchten die Brocken kurz auf und sprühen Funken.

Lasertechnik erkennt Fingerabdruck von Metallschrott

Über die gereinigte Stelle analysiert der Laser, aus welchem Material das Teil besteht und welche Legierung es hat, er erkennt quasi den Fingerabdruck des Metalls. In einer Sekunde misst der Laser 75 Teile, an einem Tag laufen bis zu acht Tonnen Schrott über die Maschine. Durch Luftstöße werden die Teile einsortiert. Die Daten werden direkt nach dem Durchlauf ausgewertet.

„So können wir sofort sehen, wie viel Prozent von welcher Legierung wir in der Fuhre haben“, sagt Gründer Philipp Soest. Außerdem könne man eine bestimmte Legierung aus einer Fuhre herausfiltern. „So kann man diesen Teil zum Beispiel für Felgen nutzen“, berichtet er. Aus dem Rest könnte dann das Material gefiltert werden, das man für andere Autoteile bräuchte.

Schrott wird vom „Bunker“ zum Laser transportiert.

Schrott wird vom „Bunker“ zum Laser transportiert.

Aus der ganzen Welt würden Firmen Schrott schicken, weil sie testen möchten, ob die Technologie auch mit ihrem Schrott funktioniert: „Diese Fuhre kommt aus der Schweiz. Diese aus Japan. Und darüber darf ich nicht reden“, sagt Soest und zeigt in verschiedene Ecken in der Halle. Seit acht Jahren entwickelt er diese laserbasierten Wertstoffanlage, mittlerweile hätten sich fünf Firmen aus verschiedenen Ländern eine Maschine angeschafft.

Bis zu den ersten Verkäufen sei es ein langer Weg gewesen, den er ohne Menschen, die bis heute an die Idee glauben, nicht hätte gehen können. „Wir haben mit unseren Investoren großes Glück. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie über so viele Jahre dabei bleiben, obwohl wir kaum Umsätze eingefahren haben“, meint Soest. Zu diesen Investoren gehört unter anderem die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Erfindung von Rösrather Start-up steht schon in mehreren Ländern

Doch die Geduld habe sich gelohnt: Die Laser-Induzierte Plasma Spectroscopy (LIBS), also die Lasertechnik, mit der die Maschine den Schrott analysiert, gebe es schon lange, aber nicht in der Form wie cleansort sie nutze. Die würden sich in zwei Merkmalen von denen der Konkurrenz unterscheiden: „Zum einen sind wir die einzigen, die den Schrott säubern, bevor wir ihn analysieren. Und wir wollten den Laser zum Schrottplatz bringen“, erklärt der Gründer. Das sei bisher nicht üblich.

Eine Hand hält ein Stück Metallschrott.

Über einen einzelnen Punkt erkennt der Laser das Metall.

Nach seinem Maschinenbau-Studium habe er sich mit Elektroschrott-Recycling beschäftigt, „das war zu der Zeit en vogue“, sagt er. Auch dafür wollte er Lasertechnologie einsetzen. Aber die Idee kam nicht gut an. Erst als er mit seinem damaligen Chef über seine Vorstellung sprach, habe dieser angemerkt, dass er zukünftig Zinkschrott sortieren wolle und Soests Ansatz passe gut zu diesem Vorhaben. Und daraus sei die Idee entstanden, mit Lasertechnik Metallschrott zu recyceln.

In der Autoindustrie, wird es bald nicht mehr ohne recyceltes Aluminium und gehen und dann geht es ohne unsere Maschinen nicht mehr
Philipp Soest, Gründer

Diese könnte in der Zukunft entscheidend werden. Die EU-Kommission legte 2023 eine Verordnung für Recycling von Fahrzeugen vor, die besagt, dass 30 Prozent der Rohstoffe, die für die Herstellung von Autos benötigt werden, recycelt sein müssen. „In der Autoindustrie, wird es bald nicht mehr ohne recyceltes Aluminium und gehen und dann geht es ohne unsere Maschinen nicht mehr“, sagt Soest.

In einem Jahr würde eine Sortieranlage der Firma rund 291 000 Megawattstunden Energie und 126 500 Tonnen CO2 sparen. „Das entspricht ungefähr dem Stromverbrauch von Aachen in einem Jahr“, sagt Soest. Trotz der guten Aussichten achte er darauf, dass das Unternehmen nicht zu schnell wächst: „Wir müssen auf die Bremse treten. Wir haben ein super Team und es ist das Wichtigste, dass das auch so bleibt“, meint er.

Auch wenn cleansort Glück gehabt habe, seien die Jahre der Forschung herausfordernd gewesen: „Das Geld aufzutreiben, um eine Maschine zu bauen, war schwierig. Wir haben keine Kredite bekommen“, berichtet er. Also hätten sie die erste Anlage selbst finanziert. „Und die kosten vier Millionen Euro. Da beneide ich meine Lebensgefährtin. Die ist Anwältin und braucht zum Arbeiten Laptop und Stift.“

Trotzdem rate er Menschen, die eine innovative Idee haben: „Machen. Und dran bleiben, auch wenn von zehn Sachen elf nicht funktionieren. Wobei das immer einfach gesagt ist. Ich hätte auch aufhören müssen, wenn Menschen nicht an die Idee geglaubt hätten. Es muss schon einiges zusammenkommen, um so lange entwickeln zu können.“