Veraltete Verträge können im Schadensfall fatale Folgen haben – Experten geben Tipps, welche Policen wirklich notwendig sind.
Nötige VersicherungenWie das eigene Ferienhaus richtig abgesichert wird
Der Besitz einer Ferienimmobilie liegt im Trend. Aktuell gibt es in Deutschland mehr als 550.000 Ferienhäuser und -wohnungen, bei 82 Prozent handelt es sich um privat vermietete Ferienhäuser, zeigt eine Auswertung des Deutschen Ferienhausverbands. Demnach sei der deutsche Ferienhausmarkt fünfeinhalbmal so groß als bislang angenommen.
Kein Wunder. Schließlich verspricht die Vermietung ein lukratives Geschäft, während ein selbstgenutztes Kleinod in Zeiten multipler Krisen die ersehnte Alltagsflucht garantiert. Damit beides gelingt, müssen Eigentümer allerdings an den richtigen Versicherungsschutz denken.
Versicherungsexperte Maximilian Gehr von der Verbraucherzentrale Niedersachsen warnt vor den häufig unzureichenden Altverträgen, die wichtige Klauseln missen lassen. „Alte Verträge sind selten wirklich gut.“ Manche Eigentümer unterschätzten auch den benötigten Versicherungsumfang: „Wir erleben es häufiger in der Beratung, dass manche denken, eine Wohngebäudeversicherung genüge.“
Mindestens zwei Versicherungen
Um den größtmöglichen Schaden abzudecken, benötigen Eigentümer mindestens zwei Versicherungen: Wohngebäude- und Haftpflichtversicherung. Und jede muss hinsichtlich der Bedingungen und Kundenbedürfnisse genau abgeklopft werden.
Ist es dabei am wichtigsten, das häufigste Risiko abzusichern? Also beispielsweise Einbruch- und Diebstahl? Schließlich stehen die Ferienimmobilien oft für eine gewisse Zeit leer. „Die Häufigkeit eines Schadens ist nicht so entscheidend, sondern die Schadenshöhe“, sagt Gehr. Besitzer sollten sich fragen, was der größte anzunehmende Schaden ist, der nicht durch Rücklagen bezahlt werden kann. „Das kann ein Brand sein, weil er Immobilie und Hausrat komplett vernichten kann. Da wird es teuer. Auch Wasser-, Sturm- und Hagelschäden können teuer werden“, so der Verbraucherschützer.
Eine Wohngebäudeversicherung deckt solche Schäden an der Immobilie ab. Zumal: „Oft sind Ferienhäuser anders gebaut und anfälliger bei Sturm“, sagt Gerold Happ, Geschäftsführer vom Eigentümerverband Haus & Grund und Experte für Immobilienrecht. Eine Elementarversicherung sollten Besitzer hingegen nur abschließen, wenn das Risiko dafür hoch ist.
Mit oder ohne Elementarschutz
Das sieht Verbraucherschützer Gehr anders: „Gerade dort, wo es lange keine Hochwasser oder Starkregen gegeben hat, können die Schäden, wenn dann doch etwas passiert, groß sein.“ Häuser in diesen Gebieten sind nämlich oft nicht präventiv gegen derlei Schadenereignisse geschützt. Immobilienbesitzer sollten prüfen, ob ihre Wohngebäudeversicherung auch Schäden durch Überschwemmung oder Starkregen abdeckt. In Altverträgen fehle der Schutz vor Elementarrisiken nämlich oft.
Ohnehin seien die Qualitätsunterschiede zwischen den Versicherungen erheblich. Verbraucher sollten unbedingt darauf achten, dass bestimmte Klauseln im Vertrag enthalten sind. Zu den wichtigsten Klauseln gehören laut Verbraucherzentrale Niedersachsen etwa Rauch- und Rußschäden, das sind Schäden, die nicht durch Feuer verursacht sind. Gerade in älteren Verträgen fehlen sie oft, ähnlich sieht es bei Überspannungsschäden aus. Auch Aufräum- und Abbruchkosten sollten beschst werden. Die Versicherungssumme sollte nicht zu niedrig sein, weil diese Kosten schnell fünfstellig werden können, raten Experten. Bei Bewegungs- und Schutzkosten handelt es sich um Kosten, die neben einem Wiederaufbau bezahlt werden müssen. Steht beispielsweise ein Teil der Immobilie nach einem Brand offen, muss die Immobilie vielleicht bewacht werden. Bewegungskosten entstehen, wenn Materialien nach einem Schaden abtransportiert werden.
Auch Sachverständigenkosten schlagen zu Buche, etwa wenn es zu einem Rechtsstreit zwischen Versicherer und Kunden kommt, dann muss ermittelt werden, wie teuer bestimmte Teile bei Wiederaufbau sein dürfen. Wenn man sich nicht einigt, muss ein Sachverständiger eingeschaltet werden.
Leistungen bei grober Fahrlässigkeit betreffen die grob fahrlässige Herbeiführung eines Versicherungsfalls. Finanziell geschützt ist, wer zum Beispiel eine Kerze brennen lässt, in anderes Zimmer geht und es entsteht ein Brand. Oder wer eine Waschmaschine/Trockner/Geschirrspüler laufen lässt, abwesend ist und es kommt zu einem Wasserschaden; wer nicht doppelt abschließt und es wird eingebrochen.
Inventar versichern ist nicht immer notwendig
Die Haftpflichtpolice greift, wenn ein Schaden an Dritten, also beispielsweise Mietern, durch die Ferienimmobilie entsteht: Diese Versicherung springt ein, wenn beispielsweise ein Eigentümer seinen Winterräumpflichten nicht nachgekommen ist und ein Mieter stürzt und sich verletzt. Oder, wenn ein Mieter von einem lockeren Dachziegel getroffen wird. Laut Verbraucherschützer Gehr sei der Schutz in einer gesonderten Haus- und Grundbesitzhaftpflicht enthalten, hin und wieder sei er aber bereits in der eigenen Privathaftpflicht inkludiert. „Die selbstgenutzte Immobilie ist grundsätzlich in der Privathaftpflicht mit abgedeckt, bei einem Ferienhaus muss man das abklären.“ Vermieter von Ferienimmobilien mit besonders hochpreisigem Hausrat sollten, so Immobilienrechtler Happ, darauf achten, dass die Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. „Das wird in der Regel nicht von den Mietern abgefragt, ist aber im hochpreisigen Segment der Fall. Wenn da etwas kaputtgeht, sind die Mieter diejenigen, die dafür haften.“
Doch Obacht: Inventar, das nicht fest mit dem Gebäude verbunden ist, ist nicht standardmäßig in jeder Haftpflichtpolice enthalten. „Häufig sind solche Fälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen“, heißt es seitens des Gesamtverbands der Versicherer (GDV). Also sollten nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter acht geben, ob die Kosten für den Rotweinfleck auf Teppich oder den zerbrochenen Flatscreen übernommen werden.
Beschädigt ein Urlauber hingegen das teure Parkett oder zerkratzt die Badewanne in der Ferienwohnung, greift laut GDV seine Haftpflichtversicherung – so er denn eine hat. Andernfalls muss er selbst die Kosten für solche Schäden, die direkt am Ferienhaus entstanden sind, tragen.
Geht etwas im Hausrat kaputt, müsse in der Regel der Mieter dafür aufkommen, sagt Jurist Happ. Es sei denn, es handelt sich um den üblichen Verschleiß und ein Gegenstand war bereits zuvor nicht mehr ganz taufrisch. Dann müsse der Vermieter einspringen.
Beim Hausrat stelle sich, so Verbraucherschützer Gehr, generell die Frage, welchen finanziellen Wert er hat: „Können Schäden von Rücklagen bezahlt werden, braucht man die Hausratversicherung nicht unbedingt abschließen.“ Gehr empfiehlt, nur die wirklich wichtigen Versicherungen abzuschließen und für den Rest lieber Geld an die Seite zu legen. „Im Schnitt ist das günstiger.“
Ein Spezialfall ist die Mietausfallversicherung: Ein Mietausfall könne, so Happ von Haus & Grund, entstehen, wenn durch einen Schaden an der Immobilie, wie ein Wasserrohrbruch, eine Vermietung nicht möglich ist. „Der versicherte Betrag dafür ist in der Regel nicht so hoch, weil das eher absehbare Summen sind.“ Eine solche Police sei häufig Teil einer speziellen Ferienhausversicherung.
Doch wie können sich Vermieter gegen Mietausfall schützen, wenn Kurzzeitvermietungen von Ferienwohnungen tatsächlich eingeschränkt werden? „Die Mietausfallversicherung greift nur dann, wenn der Mietausfall auf einem Versicherungsschaden beruht“, sagt Happ. Ein Nutzungsverbot lasse sich nicht versichern.
Immobilien im Ausland erfordern andere Absicherungen
Besonders beliebt sind auch Ferienimmobilien im Ausland. Happ rät, sie über einen deutschen Versicherer abzusichern. Allerdings müssen Schäden vor Ort reguliert, also begutachtet und eingeschätzt, werden. „In der Regel wird es einfacher sein, sich mit seinem deutschen Versicherer auseinanderzusetzen als mit einer ausländischen Firma.“
Ob ein deutscher Versicherer eine Police anbietet, hänge davon ab, wo sich die Immobilie befindet. Innerhalb Europas sei das eher möglich als im außereuropäischen Ausland. Andernfalls sollten sich Besitzer vor Ort schlaumachen und unbedingt auf die Details der Versicherungsbedingungen achten.
Ob Spezialversicherungen sinnvoll sind, lasse sich pauschal nicht beantworten, sagt Verbraucherschützer Gehr. Spezialpolicen decken längere Leerstandszeiten oft mit ab. Das könne wichtig sein, weil gerade selbstgenutzte Immobilien häufig länger leer stehen und Schäden erst spät bemerkt werden. Dadurch steigt das Versicherungsrisiko und mit ihm steigen die Beiträge.
Eigentümer, die ihre Ferienimmobilie nicht ständig bewohnen, bekommen meist keine herkömmliche Police. „Die Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie ständig bewohnt wird.“ Oft würden die Versicherer im Einzelfall entscheiden. Schließlich sei es wieder etwas anderes, wenn die Schwiegermutter jeden Tag nach der Ferienimmobilie guckt.