Verliebt in DingdingWie ich in China zum „nackten“ Bräutigam wurde
Sven Hänke verliebt sich in Dingding und mit ihr in China und die asiatische Kultur. „Liebe Haus, liebe Raben“, lautet ein altes chinesisches Sprichwort über die Liebe. „Laut Dingding bedeutet es, dass man nicht nur seinen Partner liebt, sondern auch den Vogel, den er hat. Aber das ist natürlich Unsinn. Es bedeutet, dass man nicht nur einen Menschen liebt, sondern auch sein Land und seine Familie und alles, was dazugehört“, schreibt Hänke in seinem kürzlich erschienenen Buch „Nackte Hochzeit – Wie ich China lieben lernte“.
Dabei ist für manchen Kölner schon die Beziehung zu einer Düsseldorferin undenkbar – und umgekehrt. Ähnliches gilt für Schwaben und Baden, für Bremer und Hamburger…man könnte die Liste endlos weiterführen. Selbst Verbindungen zwischen den nächsten Nachbarn können schwierig werden, wenn dazwischen eine Ländergrenze liegt: Die Hassliebe zwischen Niederländern und Deutschen – sie beruht auf Gegenseitigkeit.
Aus Sven Hänke wird „Han Siwen“
Wie sollen da erst Beziehungen zwischen vollkommen verschiedenen Kulturen funktionieren? Sven Hänke kennt die Herausforderung, die eine interkulturelle Beziehung darstellen kann, aber auch was für ein großartiges Abenteuer: „Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich an Dingdings Raben gewöhnt habe“, schreibt er, „aber inzwischen kommen wir ganz gut miteinander aus.“ Aber zunächst scheint es vollkommen abwegig, dass aus Sven Hänke einmal „Han Siwen“ werden könnte.
„Bevor ich meine etwas zu groß geratenen Füße auf volkschinesischen Boden setzte, deutete in meinem Leben nur sehr wenig auf einen intensiveren Kontakt mit dem hinteren Orient hin“, räumt der Autor ein, der aus einem kleinen Ort nahe Hamburg stammt.
„Chinesen kannte ich nur aus dem China-Restaurant“
„Chinesen begegnete ich nur, wenn ich im Restaurant Lotus Garten eine Bestellung abholte. Zumindest dachte ich damals, es seien Chinesen.“ Erst später erfährt er, „dass dort gar keine Chinesen arbeiteten, sondern Vietnamesen und Pakistaner, wie in fast allen deutschen Chinarestaurants.“
Eine Affinität zu Asien kann man Hänke also nicht nachsagen, als er nach seinem Germanistikstudium nach China geht, um dort Deutsch zu unterrichten, weil sein Professor es ihm vorschlägt. „Außerdem stand über die Globalisierung ja auch viel Positives in der Zeitung. Vielleicht war das eine gute Gelegenheit, da selbst ein bisschen mitzumachen“, so der Pragmatiker.
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Mehr als neun Millionen Fahrräder in Tanjin?
Es geht zunächt nach Tanjin, das „Shanghai des Nordens“, danach nach Bejing: „Laut Katie Melua soll es in Bejing ja viele Fahrräder geben – neun Millionen hat sie gezählt - , aber gegen Tanjin ist Bejing wie die Fahrradtour des Tennisvereins meiner Eltern gegen die Tour de France“, so Hänke, der schließlich viel länger in China bleibt als geplant.
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Er wundert sich, dass er keine Sonnencreme findet, die kein Bleichmittel enthält – und nach ein paar Tagen aussieht „wie Michael Jackson“. Er wundert sich darüber, dass viele Chinesen so wenig über die deutsche Geschichte und den Zweiten Weltkrieg wissen, genaugenommen genauso wenig, wie die Deutschen über den Opiumkrieg, räumt er ein. „Wenn man einem Taxifahrer erzählt, dass man aus Deutschland kommt, sagt er meist: ‚Deutschland gut. Fußball gut. Hitler gut.‘ Ich antworte dann immer: ‚Hitler nicht gut. Hitler böse. Fußball gut.‘“
Miroslav Klose und Philipp Lahm als Schönheitsideale
Er wundert sich auch über die Chinesinnen, die erstaunlich oft auf deutsche Männer stehen: „Chinesische Frauen mögen am liebsten solche Männer, die so richtig „shuai“ sind“, was so viel wie das englische „handsome“, also „gutaussehend“, bedeutet, was man aber nur zu Männern sagt. In Deutschland gibt es in den Augen vieler Chinesen angeblich sehr viele Männer, die sehr „shuai“ sind. „Unter den deutschen Fußballern galten damals zwei Spieler als besonders ‚shuai‘: Philipp Lahm und der Traum chinesischer Germanistikstudentinnen, Miroslav Klose.“
Til Schweiger sieht für die Chinesinnen nicht gut aus, sondern grobschlächtig
Wer als besonders schön gilt und wer nicht, ist schließlich von Kultur zu Kultur unterschiedlich: „Til Schweiger sieht für viele Chinesen hingegen überhaupt nicht gut aus. Sein Kinn ist zu markant, viel zu grobschlächtig.“ Sven Hänke jedenfalls hatte in China sehr gute Karten, denn: Erst nach fünf Jahren kehrt er nach Deutschland zurück – mit dabei: seine chinesische Ehefrau Dingding.
Hochzeit auf Chinesisch – einmal durchs Feuer gehen
Eine der höchsten Hürden, die ein bi-nationales Paar nehmen muss, ist sicherlich die Hochzeitsfeier in einer anderen Kultur, wenn man Hänkes Bericht über seine Trauung in China liest: „Ich bin heute schon über ein Feuer gestiegen, habe aus einem halbierten Kürbis getrunken, meine Mutter hat mir einen roten Gürtel mit eingenähtem Geld umgebunden. Ich habe Schuhe gesucht, rote Scherenschnitte an den Spiegel geheftet und chinesische Lieder gesungen. Hinter mir liegt ein ganzer Marathon der chinesischen Sitten und Gebräuche. Wer soll sich denn das alles merken?“
Hühnerfüße und Hochzeitszigaretten
Zu allem Unglück vergisst er auch noch den entscheidenden Spruch, den Dingding mit „Eurem komischen Jawort“ vergleicht. Beim Anblick seines grimmig dreinschauenden Schwiegervaters fällt er ihm aber plötzlich alles wieder ein: „Die Gäste stehen auf und klatschen Beifall, die Schnapsgläser klirren, und es geht weiter, mit den Hochzeitszigaretten, den Hühnerfüßen und dem anderen chinesischen Theater.“ (rer)
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Informationen zum Buch
Sven Hänke: „Nackte Hochzeit. Wie ich China lieben lernte“, erschienen im Rowohlt Verlag, 252 Seiten, 16,95 Euro.