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Privatsphäre im HotelDürfen Zimmermädchen das „Bitte-nicht-stören“-Schild ignorieren?

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Zimmermädchen müssen zwischen Fürsorge und Privatsphäre abwägen.

„Ein Hotelmitarbeiter darf das Zimmer nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis des Gastes betreten“, erklärt der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke und ergänzt: „Das Öffnen der Tür trotz des offensichtlichen gegensätzlichen Wunsch des Gastes ist ein Eingriff in die Privatsphäre, der unter Umständen auch als Reisemangel geltend gemacht werden könnte.“

Christopher Lück vom Hotelverband Deutschland (IHA) bestätigt, dass Hoteliers der Privatsphäre ihrer Gäste einen hohen Stellenwert einräumen. „Wenn Gäste den Wunsch „Bitte nicht stören“ per Türschild kundtun, dann wird sich der Hotelier grundsätzlich daran gebunden fühlen.“

Wer in seinem Hotelzimmer nicht gestört werden möchte, sollte sich nicht nur auf dieses Schild verlassen.

Dabei stehen Hoteliers manchmal vor einem Spagat: Sie müssen immer zwischen dem Eingriff in die Privatsphäre des Hotelgastes und ihrer Fürsorgepflicht abwägen. Dass die Privatsphäre des Gastes oberste Priorität hat, hat das Landgericht Frankfurt in einem Urteil von 2009 klargestellt.

Urteil: Privatsphäre des Gastes hat oberste Priorität

In dem Fall hatte eine Urlauberin gegen den Reiseveranstalter geklagt, über den sie einen Pauschalurlaub mit Einzelzimmer in einem Hotel im ägyptischen Sharm-el-Sheik gebucht hatte. Ihr zu Hause gebliebener Ehemann konnte seine Frau eines Abends telefonisch nicht erreichen, informierte daraufhin den Reiseveranstalter sowie die Hotelleitung und bat diese darum, nach seiner Frau zu gucken.

Da die Urlauberin das „Bitte-nicht-stören“-Schild von außen an die Türklinke ihres Hotelzimmers gehängt hatte, schob die Hotelleitung nur einen Zettel unter der Tür durch.

Nächste Seite: Wie der Fall endete und das Gericht entschied.

Zimmermädchen müssen zwischen Fürsorge und Privatsphäre abwägen.

Erst zwei Tage später öffnete ein Mitarbeiter die Tür und fand die Frau bewusstlos im Bett. Aufgrund eines Nierenversagens hatte sie eine Harnvergiftung erlitten und war ohnmächtig geworden. Fünf Tage verbrachte die Urlauberin anschließend in der Intensivstation eines Krankenhauses im Koma.

Vom Reiseveranstalter forderte die Frau später eine Rückerstattung des Reisepreises, Entschädigung und Schmerzensgeld. Das Gericht entschied jedoch nicht zu ihren Gunsten. Es hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen Notfall vorgelegen. In der Urteilsbegründung heißt es: „Den Reiseveranstalter treffen zwar Obhuts- und Fürsorgepflichten gegenüber dem Reisenden. Diese gehen jedoch nicht so weit, auf Wunsch anderer Personen, sei es auch, wie hier, der – nicht mitreisende – Ehegatte, ein mit dem Hinweis „Do not disturb“ versehenes Hotelzimmer zu öffnen, ohne dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Notfall vorliegt.“

Wünsche am besten an der Rezeption absprechen

Argumentiert wurde auch mit dem Hinweis darauf, dass umgekehrt ein Reisemangel vorliege, sollte ein Hotelmitarbeiter eine Zimmertür entgegen des ausdrücklichen Wunschs des Hotelgastes öffnen.

Rechtsanwalt Solmecke fasst das Ergebnis so zusammen: „Das Hotel darf das Zimmer nur betreten, wenn der Gast durch Rufe oder Ähnliches darum bittet oder wenn ein begründeter Verdacht auf einen Notfall vorliegt.“ Insbesondere Alleinreisende mit Gesundheitsproblemen sollten mit dem „Bitte-nicht-stören"-Schild daher vorsichtig umgehen.

Wenn der Hotelgast das Schild an die Tür hängt und dann das Zimmer verlässt, ist die Lage etwas anders. Zwar dürfen Zimmermädchen auch dann das Schild nicht ignorieren. Der Eingriff in die Privatsphäre ist in dem Fall allerdings nicht so gravierend. „Ein paar Mal klopfen sollten die Angestellten jedoch schon, bevor sie das Zimmer betreten“, sagt Solmecke.

Wer sichergehen will, in seinem Hotelzimmer nicht gestört zu werden, sollte sich nicht nur auf das „Bitte-nicht-stören“-Schild verlassen. Stattdessen sollte der Gast seinen Wunsch an der Rezeption klar kommunizieren. „Das erspart sowohl dem Gast, als auch dem Hotelpersonal Ärger.“

(kkl)