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Plötzlich verlassenDie düstere Geschichte der Geisterinsel Hashima

Lesezeit 3 Minuten
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Hier lebten einmal 5300 Menschen: auf der verlassenen Insel Hashima.

Hashima, Japan – Einst war sie dicht besiedelt, heute gilt Hashima als Geisterinsel. Dabei haben einmal 5300 Menschen auf der japanischen Insel gelebt – bis sie 1974 plötzlich von allen Einwohnern verlassen wurde. Was steckt hinter dieser gespenstischen Geschichte?

In der in diesem Jahr gestarteten Netflix-Serie „Dark Tourist“, in der abseitige Touristen-Attraktionen vorgestellt werden, besucht Journalist David Ferrier auch die Phantom-Insel Hashima. Nur Ruinen sind von der einst so belebten Kleinstadt mit Schulen, Krankenhäusern und Schwimmbad übrig geblieben. Efeu rankt sich an den verfallenen Gebäuden empor, Trümmerhaufen liegen zwischen den Hochhaus-Schluchten.

Hohe Beton-Bauten und Schutzwälle erinnern an ein Kriegsschiff

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Nur 160 Meter breiten und 480 Meter lang: die gespenstische Mini-Insel Hashima in Japan.

Wer Hashima besuchen will, muss einen weiten Weg auf sich nehmen: Das japanische Eiland liegt viereinhalb Kilometer westlich der Halbinsel Nagasaki mitten im Ozean. Weil die kleine Insel mit den verlassenen Beton-Bauten und den hohen Schutzwällen an ein Kriegsschiff erinnert, wird sie auch Gunkanjima (Kriegsschiff-Insel) genannt, wie der Kongress- und Tourismusverband der Präfektur Nagasiki (Nagasaki Prefecture Convention and Tourism Association) auf seiner Internetseite informiert.

Die Insel war einst ein florierender Standort der japanischen Kohleindustrie. Schon 1810 wurde auf Hashima Kohle entdeckt und 1887 wurde die erste Mine in Betrieb genommen. Je mehr Kohle abgebaut wurde, desto mehr Menschen lebten auf Hashima, die nur 160 Meter breit und 480 Meter lang ist. Um die vielen Arbeiter mit ihren Familien auf der Mini-Insel unterzubringen, wurde schließlich in die Höhe gebaut: 1916 entstand auf Hashima das erste Stahlbeton-Hochhaus Japans.

Kumpel mussten 1000 Meter unter dem Meeresspiegel schuften

Die Arbeit unter Tage war hart. Die Kohleschächte waren hunderte Meter tief, die Kumpel mussten teilweise 1000 Meter unter dem Meeresspiegel schuften: bei Temperaturen von 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent, wie der Tourismusverband Nagasaki schreibt. Hinzu kam die allgegenwärtige Gefahr von Gasexplosionen. Für die Schufterei unter Tage sollte das rege Treiben auf der Insel entschädigen: Kneipen, Bars, ein Vergnügungspark und ein Kino sollten die Bewohner ablenken.

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Verlassene Betonbauten: gespenstische Szenerie auf der „Kriegsschiff-Insel“.

Doch nicht alle Kumpel kamen aus freien Stücken: Während des Zweiten Weltkriegs wurden hunderte Koreaner in Hashima zur Zwangsarbeit gezwungen, schreibt der Guardian. Ein Stück umstrittene Geschichte, die zwischen Japan und Südkorea immer noch für Spannungen sorgt, wie in der Japan Times zu lesen ist.

Kohlemine wurde 1974 geschlossen

1974 war das Ende der Kohlemine schließlich besiegelt: Die Nachfrage nach Kohle war nicht mehr so stark, der Rohstoff wurde durch Erdöl ersetzt. Im Januar wurde die Mine geschlossen – und schon im April lebte niemand mehr auf der Insel, die einmal eine höhere Bevölkerungsdichte als Tokio hatte.

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Seit 2015 gehört die geschichtsträchtige Insel zum UNESCO-Weltkulturerbe. Weltweite Berühmtheit erlangte sie als Festung des von Javier Bardem gespielten Bösewichts im James-Bond-Film „Skyfall“ (2012). Seither ist sie auch ein attraktives Ziel für Anhänger des Dark Tourism (Schwarzen Tourismus), die es insbesondere an unheimliche Orte oder ehemalige Kriegsschauplätze zieht.

Bootstouren steuern Hashima an

Inzwischen werden Bootstouren auf die Insel angeboten, die bis 2009 Sperrgebiet war.

Auf Instagram haben Nutzer unter den Hashtags #hashima und #Gunkanjima tausende Bilder der verwitterten Baracken geteilt. Die Geschichte der Geisterstadt, sie wird in den sozialen Netzwerken weiter erzählt. (rer)