Magmatische Fluide habe Wissenschaftler zweier Institute unter dem Ulmener Maar im Landkreis Cochem-Zell entdeckt. Dafür mussten sie nicht mal vor Ort forschen.
VulkaneifelEs brodelt noch immer unter dem Ulmener Maar
Idyllisch spiegelt sich das Sonnenlicht auf dem Wasser des Ulmener Maars im Landkreis Cochem-Zell in der Vulkaneifel. Vor rund 10.900 Jahren beim bisher letzten Vulkanausbruch ist es entstanden. Es ist damit das jüngste aller Eifelmaare und dient seit 1926 der Trinkwassergewinnung. Aber so still wie der 39 Meter tiefe See aussieht, ist es darunter nicht, wie neue wissenschaftliche Untersuchungen ergeben haben. In 15 bis 30 Kilometer Tiefe unter dem Maar haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) Hinweise auf Fluide und flüssiges Magma gefunden.
35 Jahre alte Daten mit modernen Verfahren neu ausgewertet
Die Forscher haben auf Daten aus den 90er Jahren zurückgegriffen, mit denen sie die Erdkruste unter der Region mit modernen seismischen Bildgebungsverfahren neu untersuchten. Die detaillierten Darstellungen zeigen bisher unbekannte Strukturen, die wie magmatische Fluide aussehen und aus dem oberen Erdmantel stammen, heißt es in einem Bericht über die Forschungsergebnisse in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters. „Unsere Analyse greift auf Daten zurück, die 35 Jahre alt sind. Inzwischen können wir aus den vorhandenen Datensätzen viel detailliertere Bilder von unterirdischen Strukturen extrahieren und auswerten, da sich die Verarbeitung seismischer Reflexionsdaten stark verbessert hat“, sagt Dario Eickhoff vom Geophysikalischen Institut des KIT. „So konnten wir bereits erkannte Strukturen in höherer Auflösung darstellen und bisher noch unbekannte Merkmale abbilden.“
Die in 10 bis 30 Kilometern Tiefe entdeckten Strukturen ähneln Erhebungen oder flachen Schichten aus magmatischem Gestein, die sich zwischen das vorhandene Gestein geschoben haben. Die untersuchten Merkmale deuten darauf hin, dass es sich um Taschen magmatischer Schmelzen, Flüssigkeiten oder überkritischer Gase handeln könnte, die aus dem oberen Erdmantel in mehr als 50 Kilometern Tiefe in die Erdkruste aufgestiegen sind. Bei den überkritischen Gasen könne es sich vor allem um magmatisches Kohlendioxid handeln, das in der Eifel häufig vorkomme und in der Tiefe wegen des Auflastdrucks praktisch flüssig sei, so Eickhoff. „Diese potenziellen magmatischen Bereiche könnten in Zukunft zu Lavaausbrüchen in der Region führen, wenn das Magma genug Auftrieb erhält, um an die Oberfläche zu steigen.“ Um die konkrete Gefahr besser abschätzen zu können, halten die Forschenden weitere Untersuchungen mit modernsten geophysikalischen Methoden für erforderlich.
Volumen des Fluid- und Magmaanteils noch unbekannt
Meldungen, dass die Forscher eine Magmakammer unter dem Ulmener Maar entdeckt haben, stimmen so direkt nicht, erläutert Eickhoff auf Nachfrage der Rundschau. „Es handelt sich vielmehr um eine Anhäufung von Bereichen innerhalb der mittleren bis unteren Erdkruste, wo der Fluid- und möglicherweise ebenfalls Magmaanteil im Vergleich zum umliegenden Gestein signifikant erhöht sind“, sagt Eickhoff. Diese befänden sich in 15 bis 30 Kilometern Tiefe unterhalb des Ulmener Maars und dehnten sich vermutlich über einige hundert Meter bis zu wenigen Kilometern. Zum Volumen hat Eickhoff keine Erkenntnisse. „Da es sich bei den Daten um eine sogenannte 2D-Linie handelt, bekommen wir auch nur einen Tiefenschnitt und keine 3D-Ansicht des Untergrunds, deshalb kann ich über das Volumen der Magmabereiche keine direkte Aussage machen.“
Erklärvideo bei YouTube
Man habe seinerzeit lange Linien vermessen und entlang dieser Linien dann Lastwagen mit großen Vibratoren fahren lassen. „Die haben den Boden angeregt, ähnlich wie ein Mini-Erdbeben. Und dann hat man geschaut, wie sich diese Signale im Erdinneren ausbreiten“, sagt Eickhoff. Klingt seltsam, aber war wirklich so. Sogenannte Vibroseis-Trucks regen Wellen an, die sich durch den Untergrund fortbewegen. Diese Wellen werden, nachdem sie an Strukturen im Untergrund reflektiert werden, von sogenannten Geophonen aufgezeichnet. Danach werden diese Aufzeichnungen von Geophysikern ausgewertet. Durch einige Berechnungen mit diesen Daten lassen sich dann Abbildungen der Untergrundstrukturen erstellen, die abschließend interpretiert werden können, erläutert Eickhoff. Wie das Verfahren funktioniert, veranschaulicht ein YouTube-Video.
Auch wenn nachgewiesen worden ist, dass sich tatsächlich noch flüssiges Magma im Untergrund befinden könnte, müssten sich Bewohner in der Vulkaneifel keine Sorgen machen, so der Wissenschaftler. Für eine Eruption, wie sie sich beim Laacher See ereignet hat, werde eine umfassende Menge an Magma benötig, „die wir am Ulmener Maar bis heute nicht nachweisen“ können.
Zeitreise im Ulmener Maar-Stollen
In die explosiven Zeiten des Vulkanismus entführt der im Mittelalter von Hand angelegte 126 Meter lange Stollen zwischen dem Ulmener Maar und dem Ulmener Jungferweiher. Der Gang mitten durch die verschiedenen Schichten des vulkanischen Gesteins ist schmal – an der engsten Stelle sogar nur 70 Zentimeter breit. Wer genau hinschaut, entdeckt die unterschiedlichen Sedimentschichten der vulkanischen Vergangenheit der Region und die glitzernden Gesteinsreste, die vom Vulkanausbruch am Laacher See stammen. Ungefähr auf halbem Weg erklären Schautafeln, wo besondere geologische Aufschlüsse zu sehen sind. Der Stollen ist Teil der digitalen „Ulmener Entdeckertour“, die 3,7 Kilometer durch und um Ulmen herum führt. Geöffnet ist der Tunnel von Oktober bis März von 8 bis 17 Uhr. www.rlp-tourismus.de/eifel