EifelmaareForscher sehen Zusammenhang zwischen Extremwetter und wärmeren Temperaturen
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Eifel – In Zeiten mit wärmeren Temperaturen kommt es häufiger zu extremen Starkwetterereignissen als in kühleren Klimaperioden – diese Erkenntnis haben Forscher aus dem Studium von Ablagerungen auf dem Boden der Eifelmaare gewonnen. „Die Eifel ist ein einzigartiges Klima-Archiv“, sagt Gerald Haug vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Sein Team hat zusammen mit Wissenschaftlern des Instituts für Geowissenschaften an der Universität Mainz die Zusammensetzung von Sedimenten analysiert, die 60 000 Jahre weit zurückreichen, und die über Bohrungen ins Labor gebracht wurden.
Ablagerungen untersucht
Die beiden Forschergruppen untersuchten die Ablagerungen auf dem Grund des Trockenmaars von Auel sowie am Boden der Maarseen von Schalkenmehren und Holzmaar. Die Geowissenschaftler um Frank Sirocko übernahmen die Bohrungen und Datierungen mit Hilfe der organischen Kohlenstoffmessung und untersuchten organische Substanzen wie Blütenpollen. Haugs Team am Max-Planck-Institut analysierte die Konzentration von Silizium in den einzelnen Schichten, die teilweise ähnlich wie die Ringe in einem Baumstamm einzelnen Jahren zugeordnet werden können.
„Die Unterschiede sind teilweise mit bloßem Auge zu erkennen“, erklärt Haug. Besonders helle Lagen zeigen einen hohen Gehalt an Tonmineralien und an Kieselalgen an. Diese Einzeller, wissenschaftlich auch Diatomeen genannt, haben eine Zellhülle, die überwiegend aus Siliziumdioxid besteht, das bis heute nachweisbar ist. Wenn Niederschläge über Zuflüsse vermehrt Nährstoffe in das Maar brachten und die Temperaturen höher waren, kam es zu einer massenhaften Vermehrung der Algen, einer sogenannten Algenblüte. „Das Wachstum der Diatomeen und anderer Planktongruppen mit Silizium wird hauptsächlich von Änderungen der Temperatur und des Nährstoffangebots in den Maarseen vorangetrieben“, heißt es in einem Beitrag für die Fachzeitschrift „Nature Geoscience“, in dem die Mainzer Forscher ihre Ergebnisse darstellen.
Die Studie belegt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Niederschlagsextremen und wärmerem Klima. „Wenn wir mehr Energie im Klimasystem haben, gibt es eine stärkere Pendelbewegung der Extreme“, sagt Haug, der seit 2015 die Abteilung Klimageochemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz leitet und seit 2020 auch Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist. „In den wärmeren Zeiten sehen wir etwa alle 20 bis 30 Jahre einen Peak solcher Extreme.“ In kühleren Perioden hingegen komme es nur alle 100 bis 150 Jahre zu solchen, meist kleineren Ausschlägen. Die Untersuchung der Sedimentbohrkerne aus den Eifelmaaren habe ergeben, „dass es in wärmeren Phasen stärkere Klimaschwankungen mit mehr Variabilität in der Temperatur und der Niederschlagsmenge sowie mehr Extremereignisse gab“, erklärt der Geowissenschaftler und Paläoklimaforscher Sirocko. Während der Eiszeit-Perioden sei das Klima deutlich stabiler gewesen.
Die Untersuchung von Blütenpollen in einzelnen Schichten gibt Auskunft zur Vegetation. „Diese Daten können wir verwenden um festzustellen, in welcher Jahreszeit ein Hochwasser stattgefunden hat“, erklärt Sirocko. Bei der Bewertung solcher Extremereignisse seien auch Faktoren wie Wald, Bewirtschaftung und Bodenerosion einzubeziehen. Die Studie, der sich weitere Untersuchungen anschließen sollen, ist Teil des bereits vor 23 Jahren begründeten Projekts Eifel (ELSA) mit Bohrungen zu 68 Maaren im Osten und Westen der vulkanisch geprägten Region.
Gesamtkonzept für die Ahr
„Dass uns die Natur diese Einblicke zur Verfügung stellt, ist sensationell“, sagt Haug. „Gerade in unserer Region müssen wir damit rechnen, dass eine Flutkatastrophe wie jetzt an der Ahr kein Jahrhundertereignis ist, sondern sich alle 20 bis 30 Jahre ereignen kann.“ Daher müsse man sich jetzt genau überlegen, wie man diese Erkenntnisse beim Wiederaufbau an der Ahr berücksichtige. „Für diese engen Täler ist ein Gesamtkonzept erforderlich, das neben dem Abfließen von Wasser und der Versiegelung von Böden auch als Puffer einen Mindestabstand zum Wasser einbezieht.“ (dpa)