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Veedels-CheckIn Poll wird das Gemeinschaftsgefühl großgeschrieben

Lesezeit 7 Minuten
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Die Poller Wiesen werden von Sportlern und Ruhesuchenden genutzt.

Köln-Poll – Jahrhundertelang war Poll ein Bauern- und Fischerdorf und die Einwohner waren wichtige Lieferanten für Milch und Fisch. Heute ist davon nicht mehr viel übrig: Die berufsmäßige Fischerei wurde schon 1938 eingestellt und von den einstmals zahlreichen Landwirten gibt es nur noch einen. Doch schaut man genauer hin, entdeckt man im Stadtteil noch viele Hinweise und Zeugnisse, die auf die ursprüngliche Geschichte hindeuten. Etwa die schmalen und langgezogenen Grundstücke an der Alfred-Schütte-Allee in unmittelbarer Nähe zum Rhein. „Die sind so angelegt worden, damit die Fischer ihre langen Netze im Garten aufhängen konnten“, erläutert Ute Ahn. Die 53-Jährige ist in Poll aufgewachsen und hat den Vorsitz des Bürgervereins inne. Auch die Maifischgasse, die als Verlängerung der Poller Hauptstraße direkt ans Flussufer führt, erinnert an den alten Wirtschaftszweig.

Die Berufsfischer sind längst Vergangenheit, doch die Straßenbezeichnung hat sich bis heute gehalten. Der Poller Maifisch war zu Zeiten, als der Rhein noch reich an Fischarten war, bei den Kölnern besonders beliebt. Der Maifisch oder auch Alse genannt ist eine Heringsart, die bis zu 70 Zentimeter groß und bis vier Kilogramm schwer werden kann. Im Frühjahr wandert er zum Laichen den Rhein hinauf. Nach 1890 verschwand er aus den Flüssen Deutschlands, wegen Überfischung und Wasserverschmutzung. Zudem hinderten Staustufen die Fische an ihrer Wanderung stromaufwärts.Im Jahr 2007 wurde ein Wiederansiedlungsprojekt der Europäischen Union im Rheinsystem gestartet. Hier engagierten sich auch viele Poller, die mit der ersten europäischen Infotafel zum EU-Maifischprojekt an der Maifischgasse geehrt wurden.

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Knapp zwei Kilometer entfernt, weg vom Rhein, erinnert eine Statue an den anderen früheren Wirtschaftszweig in Poll: das Milchmädchen. Im 18. Jahrhundert gehörten die Milchmädchen zum Poller Alltag. In dem ehemaligen Bauerndorf setzten Poller Frauen mit Booten über den Rhein nach Köln über, um ihre Milch zu verkaufen. An diese Zeit erinnert das steinerne Denkmal am Efeuplatz. Die Skulptur – zu der auch ein Esel gehört, mit dem die Milch transportiert wurde – entstand um 1922 und ist von einem kleinen Park umgeben.

Das Denkmal ist Namensgeber für die „Milchmädchensiedlung“, die in den 1920er Jahren gebaut wurde. Noch heute prägen die Siedlung um die Straßen „Zum Milchmädchen“, „Im Butterfaß“ und „In der Kanne“ die historischen anderthalbgeschossigen Einfamilienhäuser mit Torbögen, Gauben und Ziergiebeln. Die namensgebende Statue steht allerdings nicht in ihrer Siedlung, sondern einige Straßenzüge weiter. „In der Milchmädchensiedlung hat man keinen geeigneten Platz gefunden“, weiß Ahn, die noch eines der echten letzten Milchmädchen gekannt hat. „Die Oma einer Jugendfreundin hat noch die Milch transportiert“, erinnert sich die Pollerin.

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Ute Ahn lehnt an der Milchmädchen-Statue in Poll.

Wie die Berufsfischerei sind auch die Bauernhöfe aus dem heutigen Stadtbild verschwunden. Einzig ein Landwirt ist noch aktiv. In dritter Generation bewirtschaftet Heinz-Georg Kleinschmidt den 1833 erbauten Hof auf dem Sandberg. Aktiv ist auch noch das Schüttewerk, das schon seit mehr als 125 Jahren in Poll ansässig ist. 1880 als reines Handelsunternehmen gegründet, spezialisierte sich die Firma bald auf die Herstellung eigener Maschinen. Der Grundstein für das bis heute bestehende Werk an den Rheinwiesen wurde 1910 gelegt. Mehrspindel-Drehautomaten machen das Hauptgeschäft des Unternehmens aus. Damit ist Schütte weltweit einer der führenden Werkzeugmaschinenhersteller.Unverändert ist die Trennung zwischen Fischerdorf und Milchmädchensiedlung, zwischen oben und unten. „Noch heute sagen viel Bewohner der Siedlung in Rheinnähe, sie gehen hoch nach Poll wenn es Richtung Siegburger Straße geht“, sagt die Bürgervereinsvorsitzende Ahn. Wo früher eine Trennung zwischen Bauerndorf und Fischersiedlung verlief, ist der Ort heute zerschnitten durch die Siegburger Straße. Die viel befahrene Straße bildet Polls wirtschaftliches Zentrum mit Supermärkten, Bäckern, Banken und anderen Geschäften, ist aber zur Hauptverkehrszeit oft nur schwer zu überwinden. So ist der 5,17 Quadratkilometer große Stadtteil wie eine eigene kleine Stadt mit unterschiedlichen Arealen.

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Die Siegburger Straße teilt das Veedel Poll.

Es gibt die schon erwähnte Milchmädchen-siedlung, die mit ihren historischen Häusern etwas Dörfliches hat genau wie der alte Dorfkern rund um die Poller Hauptstraße. Das Wohngebiet an der Straße zum Gremberger Wäldchen ist eine reine Schlafstadt mit Mehr- und Einfamilienhäusern, an die sich im Norden der Kleingartenverein „Im Wasserfeld“ anschließt. Etwas abseits gelegen ist die Hochhaussiedlung an der Straße „In der Kreuzau“. Entlang der Siegburger Straße zeigt Poll sein urbanes Gesicht mit Geschäften, Kneipen und der Stadtbahnlinie 7. In unmittelbarer Nähe zum Deutzer Hafen zwischen Poller Kirchweg und Alfred-Schütte-Allee liegt ein Industriegebiet, das entlang des Rheins vom Naturparadies Poller Wiesen konterkariert wird. Dort residiert der Ruder- und Tennisclub Germania mit seinem Clubhaus sowie einer Strandbar, die mit Quarzsand und Cocktails lockt. Auf den Grünflächen tummeln sich unzählige Hobby-Fußballmannschaften. Erholungssuchende nutzen die Flächen zum Grillen, Spazierengehen und Sonnenbaden.

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Historisch schmale Häuser stehen in Rheinnähe in Poll.

Direkt unterhalb der Rodenkirchener Brücke findet sich der Poller Campingplatz, den gerade im Sommer zahlreiche Urlaubsgäste von außerhalb nutzen. Bei Auswärtigen wie Einheimischen gleichermaßen beliebt ist das Poller Fischerhaus. Seit mehr als 100 Jahren existiert das urige Restaurant mit Biergarten. Fisch steht zwar nach wie vor auf der Karte, stammt aber nur selten aus dem Rhein. „Manchmal kommen befreundete Angler vorbei und bringen mir ihren Fang“, sagt Lynda Schneider, die das Fischerhaus seit sieben Jahren als Pächterin betreibt.

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Lynda Schneider betreibt das Poller Fischerhaus.

Weder zum Essen noch zum Einkauf muss der Poller sein Veedel verlassen. Die Freizeit lässt sich wunderbar am Rheinufer verbringen. Was tatsächlich fehlt, sei eine weiterführende Schule, klagt Ahn. Nach der Grundschule bleibt den Jugendlichen nur die Fahrt in ein benachbartes Viertel. „Die Realschule in Deutz oder das Stadtgymnasium in Porz sind die nächsten Einrichtungen“, so Ahn. Ein Stadtteil mit mehr als 11 000 Einwohnern könnte ein eigenes Gymnasium vertragen.

Die Geschichte des Veedels Poll

Der Stadtteil zwischen Südbrücke und Rodenkirchener Brücke entlang des Rheins hat eine lange Geschichte. Obwohl erst 1003 nach Christus urkundlich erwähnt, deuten Funde auf eine Besiedlung bereits in der Jungsteinzeit (4000 bis 2000 v. Chr.) hin. Jahrhundertelang war das Bauern- und Fischerdorf wichtiger Lieferant für Milch und Fisch. Die fruchtbaren Böden des Rheinufers boten gute Bedingungen für Viehzucht und Ackerbau. Im Jahr 1888 wurde Poll von Köln zur Stadterweiterung eingemeindet. Seit 1975 gehört es zum Stadtbezirk Porz. Für die Entstehung des Namens Poll gibt es mehrere Erklärungen, zum einen lässt er sich vom holländischen Poel, für Polder (eingedeichtes oder angeschwemmtes Land), oder von Pöhl (Wassertümpel, Pfuhl) ableiten. Zum anderen kann er auch von Boll für Hügel stammen, denn bei Hochwasserkatastrophen ragte der Hügel Auf dem Sandberg aus den Fluten hervor, selbst wenn das Umland im weiten Umkreis überschwemmt war. (af)

Die größten Baustellen in Poll

Was in Poll am meisten fehlt, sind eine weiterführende Schule und ein Kinderarzt. „Es gibt im ganzen Viertel nicht einen niedergelassenen Kinderarzt“, klagt Bürgervereinsvorsitzende Ute Ahn. Und außer einer Grundschule eben auch keine Schulen. Nicht gut ist zudem die Verkehrssituation auf der Siegburger Straße. Gerade zu den Hauptverkehrszeiten ist die Verbindung zwischen Poll und der Kölner Innenstadt oft verstopft. Den begrenzten Straßenraum müssen sich Autofahrer, Radler, Fußgänger und die Stadtbahn gleichermaßen teilen. Außerdem seien die Randbezirke des Stadtteils im Norden und am Rheinufer nicht gut an den Öffentlichen Nahverkehr angeschlossen, klagt Ahn. Zu der Hochhaussiedlung „In der Kreuzau“ fährt mittlerweile zwar ein Taxibus, doch das Angebot reiche nicht aus. Der Taxibus verkehrt an nur drei Tagen in der Woche und muss immer 30 Minuten vor Fahrbeginn bestellt werden. „Das Taxi ist gut, aber wir wünschen uns einen Bus bis In die Kreuzau“, fordert Ahn. Verbesserungswürdig findet die Bürgervereinsvorsitzende auch den Marktplatz neben der Haltestelle Salmstraße der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Der gepflasterte Platz müsse noch stärker zu einer Begegnungsstätte werden, denn außer an Markttagen sei der Platz oft verweist. „Hier könnte vielleicht ein mobiles Café helfen.“ (af)