Umstrittene Ferngasleitung um LeverkusenDas Rohr ist dicker als es sein müsste
Leverkusen – Im Matsch versunken sind die Baustellen der Ferngasleitung vielerorts. In drei, vier Wochen soll es aber weitergehen. Denn die Zeit drängt: In zwei Jahren muss das energiereichere Gas aus dem Osten durch die Pipeline strömen. Denn dann wird das Gasfeld im niederländischen Groningen nichts mehr liefern, Erdgas L wird durch Erdgas H ersetzt. Dann müssen in jedem Haushalt die Brenner umgerüstet werden. Aber das ist erst die nächste Herausforderung.
Zunächst einmal muss die Nordrheinische Erdgastransportleitungsgesellschaft, kurz NETG, die 23,6 Kilometer lange Leitung um die Stadt treiben. Über Details informierte am Mittwoch John-Volkmar Abert, der das Projekt bei NETG in Essen technisch verantwortet. Er wollte auch ein bisschen besser über den Pipeline-Bau aufklären, der ja nicht nur bei vielen Anwohnern auf Kritik stößt, sondern auch im Rathaus. Die Stadtverwaltung war bis vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen, um die Leitung zu verhindern – erfolglos.
Weil noch ein paar Sachen geändert werden müssen, gibt es noch keine komplette Baugenehmigung. Die Stadtverwaltung konnte zu den Änderungen ein weiteres Mal Stellung beziehen und hat das nach politischer Kritik in schärferer Form getan als in einem ersten Entwurf. „Berechtigte Anliegen“ seien das, so Abert: „Die Fragen müssen gestellt werden.“
Dass es an Details scheitert, glaubt der Projektleiter nicht. Die Bezirksregierung habe den vorzeitigen Baubeginn für die nachträglich beantragte Verbindungsleitung in Voigtslach, die Verlegung der Schieber in Pattscheid und die weitere Mess- und Regelanlage genehmigt. Abert ist überzeugt: „Das wird das Projekt nicht gefährden.“
Dicker, tiefer
Auf Bedenken, die Hochdruck-Leitung könne gefährlich sein, wenn zum Beispiel ein Bagger darauf stößt oder ein sonstiger Unfall passiert, habe man auch reagiert: Die Pipeline sei mit 12,9 rund zwei Millimeter dicker als sie nach den Normen sein müsste. Wegen der vielen Kreuzungspunkte mit Straßen, unter denen die Leitung hindurch geführt werden und dicker sein müsse, habe man sich entschlossen, das Rohr durchgängig dicker zu wählen. Außerdem komme es mit einem Meter 20 Zentimeter tiefer in die Erde als sonst.
Im Detail wurde am Mittwoch auch beschrieben, wie die von NETG beauftragte Baufirma sich um eine möglichst die umweltschonende Ausführung bemüht. Weil nach dem Schlamm in der Regel der Staub kommt, sollen die Bereiche, die aufgegraben werden, in der warmen Jahreszeit gewässert werden. Und Oberboden wird bepflanzt, während er neben der Baustelle liegt. Das verhindere Erosion durch den Wind. Generell habe man sich an vielen Stellen gegen die offene Bauweise entschieden.
Wie gearbeitet wird
Nur an Wochentagen soll zwischen 9 und 17 Uhr an der Erdgasleitung gebaut werden. Dort, wo sie offen verlegt wird, braucht es einen acht bis zehn Meter breiten Arbeitsstreifen. Der Boden soll möglichst geschont werden – das gewährleisteten Kettenfahrzeuge eher als solche mit Reifen, heißt es.
Die Anwohner werden jeweils mit Handzetteln informiert. (tk)
Ein Beispiel sei der soeben fertiggestellte Abschnitt in Meckhofen. Dort liegt die Gasleitung unter dem Spielplatz. „Das aufzugraben hätte keinen Sinn ergeben“, so Abert. Deshalb wurde das 90 Zentimeter dicke Rohr unterirdisch verlegt. Im Leitungsbau ist das eine bewährte Technik. Den bald anstehenden Durchstich unter der Autobahn 3 allerdings finden die Ingenieure aus Essen spannend. 370 Meter Strecke müssen unter der Erde überwunden werden, und es geht bis zu 14 Meter tief.
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Im April soll es dort losgehen, im Moment prüfen die Experten anhand von Probebohrungen, ob es Kampfmittel gibt. Das würde den Bau an dieser Stelle sicherlich verzögern. Und das ist nicht vorgesehen: Im Februar 2023 muss die Leitung gebaut, geprüft und abgenommen sein. Sonst droht ein Versorgungsproblem.