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Zu Haftstrafe verurteiltTroisdorfer gab sich bei Sex-Chats mit Kindern als Zwölfjähriger aus

Lesezeit 3 Minuten
Eine Webcam auf einem Computerbildschirm

Ein 34-Jähriger aus Troisdorf, der Grundschüler animierte, sich vor der Webcam auszuziehen, hat, muss wegen Kindesmissbrauchs ins Gefängnis.

Auf Instagram hatte der 34-Jährige gezielt nach Kindern im Grundschulalter gesucht. Er animierte sie, nackt vor der Webcam zu posieren.

Bereits 2020 war ein Mann aus Troisdorf wegen Kinderpornografie ins Visier der Fahnder geraten – in den USA. Doch erst im Juli 2022 durchsuchte die deutsche Polizei seine Wohnung und stellte Sex-Chats mit Grundschulkindern sicher. Der 34-Jährige, der noch bei seiner Mutter lebt, muss für drei Jahre hinter Gitter.

Das Gericht sieht eine Wiederholungsgefahr: „Es ist damit zu rechnen, dass er in Zukunft gleichgelagerte Taten begeht“, sagte die Staatsanwältin. Die Vorsitzende Richterin des Jugendschöffengerichts Alice Weismann nannte das junge Alter der Kinder, ein Mädchen war gerade einmal neun, als strafverschärfend. Der Angeklagte habe sich als Zwölfjähriger im Netz getarnt und deren Naivität ausgenutzt.

Der Troisdorfer fertigte aus den Videos kinderpornografische Screenshots an

Angeklagt wurden nur die Fälle, die durch Beweise auf seinem Handy – Chats, Fotos und Videos – belegbar waren. Er hatte im Februar 2022 einen Jungen per WhatsApp in eindeutig sexueller Weise angeschrieben. Der Elfjährige brach die Verbindung umgehend ab. Von Mai bis Ende Juli brachte er eine Neunjährige, die er über Instagram kontaktierte, dazu, sich mehrfach vor der Webcam sexuell aufreizend zu präsentieren.

Von den Videos fertigte er kinderpornografische Screenshots an. Dem Kind schickte er Fotos und Filme, auf denen er sexuelle Handlungen an sich selbst vornimmt. Wie es seinem Opfer heute geht, wie die Grundschülerin diese virtuellen Manipulationen und Übergriffe verkraftet hat, das kam in der Hauptverhandlung nicht zur Sprache.

Zeitgleich hatte er mit zwei weiteren Mädchen gechattet, deren Identität die Fahnder aber nicht lüften konnten. Der Versuch der Staatsanwaltschaft, in der Hauptverhandlung die Motivation des Angeklagten zu ergründen, blieb im Ansatz stecken: Auf die Frage, warum er sich nicht normale Pornos angeguckt habe, sagte der 34-Jährige nur: „Weil ich das zu dem Zeitpunkt schön fand.“

Der Verteidiger plädierte im Siegburger Gericht auf eine Bewährungsstrafe

Er habe nicht darüber nachgedacht, was das mit den Kindern macht. Auf die Nachfrage: „Was hat Ihnen das gegeben? War es ein Machtspiel?“ kam nur ein Schulterzucken. Sein Mandant sei zu dieser Zeit allein gewesen, habe bis 2019 eine achtjährige Beziehung zu einer Frau gehabt und habe auch jetzt wieder eine Freundin, erklärte sein Verteidiger.

Er plädierte auf eine bewährungsfähige Freiheitsstrafe unter zwei Jahren, der Troisdorfer sei „nicht vorbestraft und therapiewillig“, man solle ihm eine Chance geben. Zudem laste seit zwei Jahren der Ermittlungsdruck auf ihm.

Um eine Therapie hatte er sich in dieser Zeit nach eigenen Angaben allerdings nicht bemüht. Auch sonst im Leben läuft es offenbar nicht so: Der Troisdorfer, der in Jogginghose vor Gericht erschien, arbeitet derzeit nicht; nach einer Umschulung ist er seit längerer Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig, vom Jobcenter sei eine Eingliederung vorgesehen, gab er an.

Das Gericht wertete sein Geständnis strafmildernd. Der 34-Jährige profitierte auch von der Gesetzesänderung, die Mindeststrafe für Kinderpornographie wurde von einem Jahr pro Fall auf sechs Monate gesenkt. Die Einzelstrafen für jede Tat wurden zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren addiert.

Leider zeige dieser Fall erneut, „wie gefährlich das Internet für Kinder ist“, sagte Strafverteidiger Max Ziemer. Ohne die Amtshilfe aus den USA würde das Gros der Fälle vermutlich im Dunkeln bleiben, konstatierte die Staatsanwältin.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


136.000 Hinweise aus den USA

Die US-amerikanischen Internetkonzerne sind verpflichtet, alle Hinweise auf Kinder- und Jugendpornografie mit einem Filter aus dem Netz zu fischen, das betrifft zum Beispiel Facebook, Instagram und Messengerdienste wie WhatsApp.

Eine Kinderschutzorganisation (kurz NCMEC) leitet die ausgewerteten Hinweise samt IP-Adresse an die Strafverfolgungsbehörden weiter. Diese kontaktieren das Bundeskriminalamt, über die Landeskriminalämter landen die Informationen in den Polizeidienststellen. Vom ersten Verdacht bis zur Hausdurchsuchung kann es dann schon mal zwei Jahre dauern.

Die Hinweise aus den USA haben sich in wenigen Jahren vervielfacht, 2023 gab es laut BKA allein 136.000 zu Videos.