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Nicht nur für BlindeWarum es „Die Königin von Troisdorf“ jetzt auch als Hörbuch gibt

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann mit Glatze und Brille sitzt in einem Kirchenraum.

Filmemacher und Buchautor Andreas Fischer lebt in Berlin, ist aber immer wieder zu Gast auch in seiner Heimatstadt Troisdorf.

Autor Andreas Fischer stammt aus Troisdorf und hat die Geschichte seiner Familie verarbeitet.

Als Dokumentarfilmer und Fotograf hatte sich Andreas Fischer längst einen Namen gemacht, als er 2022 seinen ersten Roman vorlegte. „Die Königin von Troisdorf“ hat er die Chronik seiner eigenen Familie genannt, die 100 Jahre von 1914 bis 2014 umspannt. Nun steht das fast 480 Seiten starke Werk auch für Menschen zur Verfügung, die blind oder sehbehindert sind, eine Leseschwäche haben oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, ein gedrucktes Buch zu lesen.

Autor aus Troisdorf war oft von blinden oder sehbehinderten Menschen angesprochen worden

Möglich macht es die Arbeit der Westdeutschen Hörbücherei mit Sitz in Münster: Der Schauspieler Andreas Ladwig hat das Werk im Studio eingesprochen; ab sofort kann es von nutzungsberechtigten Personen kostenlos heruntergeladen werden. „Ich freue mich darüber sehr“, sagte der Autor gegenüber dieser Zeitung. Immer wieder sei er auf Lesungen von Menschen mit einer Sehbehinderung angesprochen worden, ob es nicht ein Hörbuch gebe. Und musste stets verneinen.

Umso mehr erstaunte ihn nun, dass andere die Produktion übernommen hatten: Ewald Heck, langjähriger Vorsitzender des Schachklubs Troisdorf und selbst erblindet, erzählte ihm davon. „Wollen Sie mal reinhören?“ lud er den überraschten Autor ein. Heck hatte das Buch nämlich schon heruntergeladen.

Dass es nun tatsächlich eine Hörfassung gibt, hat das Lektorat der Hörbücherei entschieden. „Grundsätzlich dürfen wir jedes gedruckte Buch barrierefrei machen“, berichtet Karin Schulenkorf von der Hörbücherei. Rechtliche Grundlage ist das Teilhabegesetz für Menschen mit Behinderungen. Der Auswahlprozess beginne mit der Frage, „ob wir denken, dass es Hörer interessiert“.

Ein Junge in kurzen Hosen und eine alte Dame auf einem Buchumschlag.

Die Königin von Troisdorf heißt der Roman, der Umschlag zeigt den jungen Andreas Fischer mit Großmutter Lena Kundrus.

Weitere Kriterien sind mögliche Auszeichnungen: Hat das Buch vielleicht – wie das von Fischer – einen Literaturpreis bekommen? Geprüft wird auch, ob es bereits ein kommerzielles Hörbuch gibt. Auch diese dürfen inzwischen als Grundlage genutzt werden, um sie barrierefrei zugänglich zu machen, was ein Hörbuch nicht automatisch ist. „Es werden dann mehr digitale Marker gesetzt“, erklärt Karin Schulenkorf; wie beim gedruckten Buch könne gezielt „geblättert“ werden. Außerdem enthalten barrierefreie Hörbücher mehr bibliografische Details.

Ein Hörbuch zu produzieren ist eine aufwändige und kostspielige Angelegenheit
Andreas Fischer, Filmemacher und Autor von „Die Königin von Troisdorf“

„Ein Hörbuch zu produzieren ist eine aufwändige und kostspielige Angelegenheit“, weiß auch Autor Andreas Fischer, der längst in Berlin lebt. Aus den hunderttausenden von Titeln, die Jahr für Jahr in Deutschland erscheinen, könnten nur wenige eingelesen werden. Und in der Tat werden es zusehends weniger, wie Werner Kahle berichtet, der Geschäftsführer der Westdeutschen Bibliothek der Hörmedien für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen, so der offizielle Titel.

Die Nutzung der Hörbücherei ist kostenlos, Spenden sind erwünscht

2024 wurden 129 Titel produziert, davor seien es im Jahresschnitt immer 250 bis 300 Titel gewesen. „Wir haben den Sprecherhaushalt von 100.000 auf 50.000 Euro gesenkt“, erklärte Kahle. „Und müssen sehen, wie weit wir damit kommen.“ Grund ist die Kürzung der Landeszuschüsse, neben den Spenden die hauptsächliche Finanzquelle für das Projekt. Nachdem es 30 Jahre lang einen unveränderten Betrag als Zuschuss gab, so wurde der nun halbiert.

„Ein drastischer Einschnitt“, so Werner Kahle. Dennoch bleibt die Nutzung der Hörbücherei grundsätzlich kostenlos, auch ein Mitgliedsbeitrag wird nicht erhoben. Wir bitten um Spenden von Menschen, die sich das leisten können, sagt Karin Schulenkorf. Man wisse aber auch, dass viele Betroffene knapp bei Kasse seien. , betont sie. Für die Nutzung der Bibliothek reicht eine einmalige Registrierung mit dem Nachweis: zum Beispiel dem Merkzeichen BL auf dem Behindertenausweis oder einem ärztlichen Attest.