Die Gesamtschule Europaschule startete nach einem Jahr Vorbereitung ein Pilotprojekt.
SozialtagTroisdorfer Schüler begegneten Obdachlosen und Einsamen
Ein Mann, der in den Mülleimern auf dem Schulhof nach Flaschen suchte, gab den Anstoß für ein bemerkenswertes Projekt der Europaschule in Troisdorf: Die Begegnung mit der Armut in der Nachbarschaft erschütterte Lehrerin Nicole Kettler, die mit ihrer Idee eines Sozialtags für alle Schülerinnen und Schüler im Kollegenkreis und bei der Schulleitung offene Ohren fand. Einen Tag lang, so die Idee, sollten sich die jungen Menschen sozial engagieren.
Spenden gehen an das Tafel-Café in Troisdorf
Ein Jahr lang bereitete ein zehnköpfiger Arbeitskreis den Tag vor, „einen Meilenstein“, wie der stellvertretende Schulleiter Florian Kremer bei der Präsentation der Ergebnisse sagte. Und ein Tag, der eine Menge an Spenden einbrachte: Einen Scheck über 1000 Euro konnte Regina Flackskamp für das Tafel-Café in Troisdorf in Empfang nehmen.
Nach den Herbstferien waren die Kinder und Jugendlichen aller Klassen und Jahrgangsstufen ausgeschwärmt: Die Jüngeren hatten die Wahl, sich um Menschen in der Nachbarschaft zu kümmern oder vielleicht betagten Verwandten zu helfen, das Schulgelände von Müll zu befreien oder durch Kuchenverkauf Spenden zu sammeln. Für die Älteren lieferte der Arbeitskreis Sozialtag, der die Aktion vorbereitet hatte, „nur ein bisschen Inspiration“, wie Nicole Kettler berichtet.
Bei der 85-jährigen Nachbarin, „die immer allein ist“, war Jenny aus der 6d an diesem Tag zu Besuch, hat für die Seniorin geputzt und mit ihr gespielt. Annika und Lara aus derselben Klasse halfen ebenfalls betagten Menschen, harkten bei der Oma Laub zusammen oder kochten Apfelmus bei der Nachbarin. Emil und Sten verkauften Kuchen und sammelten stolze drei Säcke mit Müll auf dem Schulgelände. „Sogar Lachgas“ sei dabeigewesen, erzählt der Schüler.
Nele aus der 5b besuchte ihre ehemalige Grundschule: „Ich wollte mal die Sicht der Lehrerin sehen“, sagt Nele, wissen, „wie anstrengend wir sind.“ Evrim half in der Kita, spielte mit den Kindern und blieb zum Mittagessen. Felix' Vater ist bei der Freiwilligen Feuerwehr, die Wache in Sieglar kannte der Fünftklässler daher schon vor dem Sozialtag.
Viele andere machten neue Erfahrungen, zum Beispiel an einem Tag im Altenheim. „So krass habe ich das nicht erwartet“, meldeten Jugendliche an die Lehrkräfte zurück, als dem Sozialtag die Aufarbeitung in den Klassen erfolgte. „Sie waren schockiert über die Anstrengungen der Arbeit“, erfuhr Nicole Kettler. Die Wertschätzung für die Beschäftigten sei groß gewesen.
„Wir haben mitgenommen, dass gesellschaftliches Engagement das A und O ist“, zog Nils Dormann aus der 12. Klasse (Q1) Bilanz – eine Erkenntnis, die bei ihm und seiner Mitschülerin Leonie Hannebach allerdings nicht ganz neu ist: Dormann ist aktiv im Theaterverein, der Kirchengemeinde und im politischen Nachwuchs, Leonie Hannebach besucht regelmäßig ein Altenzentrum. Beruflich wolle sie sich anders orientieren, sagte die Schülerin, ihren ehrenamtlichen Einsatz aber fortsetzen: „Es macht einen selbst um einiges glücklicher.“
Lange Vorbereitung steckte die Klasse 9d in ihren Sozialtag: Die Schülerinnen und Schüler sammelten Kleiderspenden und Geld, um Hygieneartikel zu kaufen. Begleitet von Lehrkräften und Eltern, verteilten die 23 Jugendlichen diese Spenden und Essen an Obdachlose am Breslauer Platz in Köln. Es sei „oft eine kleine Geste“ gewesen, erinnert sich Schüler Angelos. Vor allem eine Begegnung blieb ihm in Erinnerung: „Es war, als hätte ich ihm nicht nur etwas zu essen gegeben, sondern ein Stück Hoffnung.“