Der 46-Jähriger war von zwei Schüssen getroffen worden. Ein Polizist schildert die erste Vernehmung.
Shisha-BarOpfer von Schießerei in Troisdorf verweigert überraschend Aussage und verlässt Saal
Im Bonner Schwurgerichtsprozess um eine Schießerei auf der Kölner Straße in Troisdorf hat der wichtigste Zeuge, nämlich der Mann, auf den zehnmal geschossen worden war, am Dienstag überraschend die Aussage verweigert. Das darf er, wenn er glaubt, sich durch eine Aussage selbst zu belasten. Er habe kein Interesse mehr an der Strafverfolgung des einst mit ihm befreundeten Angeklagten, sagte der 46-Jährige, und er habe sowieso keine Lust auszusagen.
„Keine Lust ist kein Argument“, entgegnete der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff. Daraufhin verwies der Zeuge, der von einer Anwältin begleitet wurde, auf Paragraf 55 der Strafprozessordnung, in dem das Zeugnisverweigerungsrecht geregelt ist, und verließ den Saal, um nach wenigen Minuten wiederzukommen und im Zuschauerraum Platz zu nehmen.
Troisdorf: Streit in der Shishabar
Am 1. September 2022, einen Tag nach dem Vorfall in der Troisdorfer Stadtmitte, war das Opfer offenbar noch gesprächiger. Zwei Polizisten vernahmen den Mann am Morgen gegen 6.30 Uhr in der Bonner Uniklinik, wo er nach zwei Durchschüssen in beiden Unterschenkeln behandelt wurde. Der vernehmende Beamte der Mordkommission erinnerte sich vor Gericht an das Gespräch.
Demnach hatte der 46-Jährige, der im Rotlichtmilieu arbeiten soll, am Abend des 31. August in einer Shisha-Bar mit einem Bekannten vor einem Brettspiel gesessen, als der Angeklagte, ein Boxer (35), in Begleitung eines Kumpels in das Lokal kam. „Raus!“, sagte der Spieler und wies auf den Kumpan des 35-Jährigen, den er wegen einer Frauengeschichte nicht mochte. Daraufhin gerieten die beiden früheren Freunde in Streit, prügelten sich bis in die Küche der Bar und trennten sich dann mit der Verabredung, die Angelegenheit später an gleicher Stelle zu klären.
Zwischendurch riefen die beiden sich wiederholt auf dem Handy an, beleidigten sich und schaukelten sich hoch. Gegen 23 Uhr kehrte das spätere Opfer mit einem weißen Audi zurück, der Angeklagte ließ sich „von einem Glatzkopf“ in einem schwarzen Auto mit Kölner Kennzeichen vorfahren, stieg dann aus, ging laut Anklage zu dem Älteren, zog eine halbautomatische Waffe und drückte ab, doch der Revolver versagte.
Schießerei in Troisdorf: Kugel flog durch Treppenhaus
Der 46-Jährige floh, drehte dann aber und fuhr zurück. Dann soll der Angeklagte die Autotür geöffnet und zehnmal auf den Fahrer geschossen haben, ohne ein Wort zu sagen. Eine Kugel durchschlug die Beine des Mannes am Steuer, andere Projektile landeten im Pkw, in Häusern in der Nachbarschaft, im Schaufenster eines Geschäfts, eine zischte durch ein Treppenhaus. Richter Reinhoff: „Wenn da einer gestanden hätte . . . “.
Der Angeschossene, der glaubte, von einer umherfliegenden Glasscherbe verletzt worden zu sein, fuhr blutend zur Troisdorfer Polizeiwache und meldete die Schießerei. Der mutmaßliche Schütze tauchte monatelang unter und wurde kurz vor Weihnachten in Belgien verhaftet. „Wie war denn der Zeuge bei der Vernehmung?“, fragte Reinhoff den Beamten. „Der war immer noch sauer“, antwortete der Polizist. Er habe nicht glauben können, dass auf ihn geschossen worden sei. Am Donnerstag soll das Urteil fallen.