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Straßen-Verwechslung in TroisdorfNavi lotst schwere Lkw in kleine Schmuck-Allee

Lesezeit 4 Minuten
Gilchriststrasse

Eine falsche Eingabe im Navi ist schnell passiert. Dann fahren sich die schweren Lkw in den engen Straßen fest. 

Troisdorf – Man braucht nicht viel Fantasie, um sich in der Schwarzen Kolonie in Friedrich-Wilhelms-Hütte in eine andere Welt hineinzuversetzen: Denkt man sich die geparkten Autos und ein paar moderne Garagentore weg, kann man sich fühlen wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Unternehmer Louis Mannstaedt die kleinen und für damalige Verhältnisse sehr komfortablen Häuser für seine Arbeiter im Walzwerk bauen ließ.

Bis auf den heutigen Tag ist die Anlage mit ihren schmalen Straßen, idyllischen Häusern und alten Baumbeständen ein Schmuckstück – und denkbar schlecht für die Durchfahrt von schweren Lastzügen geeignet.

Die Gilchriststraße in der Schwarzen Kolonie ist fälschlicherweise oft das Ziel schwerer Lkw.

Doch immer wieder verirren sich Lkw-Fahrer ins Viertel und finden nur nach abenteuerlichen Wendemanövern wieder hinaus. Einmal fuhr ein Fahrer gar einen Stromkasten an der Ecke Gilchriststraße/Bessemer Straße um, was einen Stromausfall zur Folge hatte. Anschließend ließ die Stadt den Kasten um ein paar Meter versetzen, um ihn in Sicherheit bringen.

Erörterung im Hauptausschuss

Jetzt wurde die Sache im Hauptausschuss der Stadt erörtert. Anlass war ein Bürgerantrag, in dem sich eine Anwohnerin beschwerte, dass ein Lastwagen in ihrem Vorgarten gelandet sei, so dass anschließend die Hecke neu habe gepflanzt werden müssen. „Die aktuelle Situation ist für uns Anwohner der Lürmannstraße und Helmholtzstraße nicht mehr tragbar“, sagte die Beschwerdeführerin. Ortsvorsteher Heinz Fischer, der für die SPD im Rat sitzt, bestätigte das: „Da passieren die tollsten Dinge.“ Mal mehr, mal weniger häufig, aber kontinuierlich tauchten die Laster in den schmalen Straßen der Kolonie auf.

Der Grund: Viele Fahrer sind eigentlich auf dem Weg in die knapp vier Kilometer entfernte Gierlichsstraße im Industriepark hinter der Stadthalle. Die gibt es erst seit ein paar Jahren. „Seit mehr als 100 Jahren“, so Fischer, gebe es aber die Gilchriststraße auf der Hütte, die auf älteren Navigationsgeräten auch sofort auftaucht, wenn man versucht, Gierlichsstraße einzugeben. Wer dann nicht genau hinsieht, ist schnell auf dem falschen Weg. Im Ort sind die verirrten Laster Stadtgespräch. Udo Stemmler etwa, der an der parallel verlaufenden Thomasstraße wohnt, hat bereits mehrere Lkw-Fahrer kennengelernt, die sich ins Viertel verirrt hatten.

Eine falsche Eingabe im Navi ist schnell passiert. Dann fahren Lkw sich in den engen Straßen fest.

Einer habe im strömenden Regen an der Haustür gestanden und um Hilfe gebeten: „Der war völlig verzweifelt, weil er nur noch fünf Minuten lang fahren durfte“, denn dann hätte seine zulässige Zeit am Steuer geendet. „Ich habe ihm einen alten Stadtplan mitgegeben.“ Ein anderer habe lautstark geschimpft und sei derart außer sich gewesen, dass Stemmler „lieber laufen ging“. Schwierig sei die Situation auch, weil viele der Fahrer aus Osteuropa stammten und kein Wort Deutsch könnten.

Wertvolle Ware zurückgelassen

Offenbar kommt es öfter vor, dass Lieferanten ihre Ladung einfach auf der Hütte statt an der Gierlichsstraße hinterlassen. „Ich hatte hier schon eine große Kiste mit Zeiterfassungsgeräten“, berichte ein Anwohner, „Stückpreis 2500 Euro, das habe ich im Internet nachgelesen.“ Auch eine Platte mit schweren Metallteilen fand sich schon.

Die Siedlung

Auf der Hütte sind mehrere Straßen nach Personen benannt, die das Hüttenwesen geprägt haben, beispielsweise die Thomasstraße, die Gilchrist-, die Lürmann-, die Helmholtz- und die Bessemerstraße.

Percy Carlyle Gilchrist (1851 bis 1935 ) war Chemiker und entwickelte mit Sidney Thomas das Thomas-Gilchrist-Verfahren in der Stahlerzeugung. Der Stahl wurde für Schienen, Profileisen und Blechen eingesetzt.

Franz Anton Gierlichs (1910 bis 1982) war von 1953 bis 1975 Direktor im Vorstand der Dynamit AG (DAG), der späteren Dynamit Nobel AG, und engagierte sich außerdem in Sieglar als Kommunalpolitiker. (ah)

„Ich würde ja einen guten Vorschlag machen, es gibt aber keinen“, sagte Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski im Hauptausschuss, der als Anwohner der Helmholtzstraße das Problem aus eigener Anschauung kennt. „Da kann man neue Schilder aufstellen, wie man will, die richten sich alle nach den Navigationsgeräten.“

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Eher im Scherz schlug der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Biber vor, der Ortsvorsteher könne ja den Verkehr entsprechend regeln, worauf sich dieser allerdings nicht einließ: „Die Bemerkung ist völlig unqualifiziert.“ Locker ließ Fischer nicht: „In einer globalisierten Welt mag das nicht von großer Bedeutung sein, aber es geht den Leuten auf den Keks.“ Jablonski will prüfen lassen, ob man das Schild Gierlichsstraße um den Vornamen Franz Anton ergänzen könnte.