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MultimediaJournalistin bringt Troisdorfs „Rote Kolonie“ ins Internet

Lesezeit 5 Minuten
Eine junge Frau mit blonden Haaren auf einer Straße. Hinter ihr sind ältere Häuser einer Siedlung zu sehen.

Christine Siefer hat eine multimediale Reportage über die Arbeitersiedlung „Rote Kolonie“ in Troisdorf-Friedrich-Wilhelms-Hütte erstellt.

Mit ihrem Multimedia-Projekt kommen die Menschen zu Wort, wird die Geschichte lebendig – in Bildern, Filmen und Ton.

„Besondere Orte und Menschen“, so erzählt Christine Siefer, „haben mich immer besonders interessiert.“ Beides fand sie reichlich, als sie im Sommer 2020 in ein Haus der Roten Kolonie im Troisdorfer Stadtteil Friedrich-Wilhelms-Hütte zog. Mit ihrem Multimedia-Projekt „Geschichte/n der Roten Kolonie“ kommen die Menschen zu Wort, wird die Geschichte lebendig – in Bildern, Filmen und Ton.

Siefer hat Kulturjournalismus an der Hochschule Macromedia in Köln studiert, an der Hochschule-Bonn-Rhein-Sieg unterrichtet sie und hat zudem selbst noch einen Magisterabschluss in Technik- und Innovationskommunikation abgelegt. Zudem arbeitet sie als freiberufliche Journalistin.

Troisdorf: Autorin macht Geschichte und Gegenwart der Arbeitersiedlung lebendig

„Was für ein spannender Ort“ sei denn auch einer der ersten Gedanken gewesen, sagt die 34-Jährige heute. Hier müsse es doch auch Geschichten geben. Schnell aber sei ihr auch klargeworden, „dass hier viel mehr drin steckt“; viel zu viel auf jeden Fall für einen einzelnen Zeitungs- oder Zeitschriftenbeitrag.

Schwarz-Weiß-Fotos und farbige Aufnahmen liegen auf einem Tisch.

Viele Fotos aus Geschichte und Gegenwart machen die bewegte Historie lebendig.

Zwei Jahre hat Christine Siefer Material gesammelt; je länger sie mit Mann und der kleinen Tochter in der Kolonie wohnte, umso enger wurde der Kontakt zu den Nachbarn, den sprudelnden Quellen der Ortsgeschichte. „Ich möchte das festhalten“, sagt sie, „bevor es verloren geht.“

Zeitzeugen schildern Kindheit

Bräuche und Feiern wie Maibaumsetzen und Karneval werden in alten und nicht ganz so alten Aufnahmen lebendig; Zeitzeugen wie Dieter Röhl und Kaspar Quadt schildern ihre Kindheit. Und Apostolia Thomaidou erzählt, warum die Kolonie seit Jahrzehnten ihre Heimat ist, während Dirk Blotevogel und Thea Boy „die Grenzen des Machbaren“ beim Umbau des 1998 gekauften Hauses schildern.

Es gebe schon „viele tolle Publikationen“ über die Geschichte der 1912/13 errichteten Arbeitersiedlung, betont die Journalistin. Nicht zuletzt gab es 2013 eine Ausstellung zum 100-jährigen Bestehen der Siedlung, an der Blotevogel maßgeblich beteiligt war.

Mit ihrer multimedialen Präsentation könne man nun, so hofft Christine Siefer, „die Menschen besser kennenlernen“. In Filmen zum Beispiel, die sie selbst gedreht hat, in Gesprächen, die sie sensibel und geduldig geführt hat. Auch mit Kaspar Quadt, der in der Wohnung über dem Kindergarten geboren wurde und heute, mit 88 Jahren, noch immer in der Kolonie lebt.

Es war total schön, nach und nach mehr zu erfahren
Christine Siefer, Journalistin

„Ich hatte alle Zeit der Welt“, erinnert sie sich an diese Gespräche. „Es war total schön, nach und nach mehr zu erfahren“, wenn ihre Interviewpartner Vertrauen fassten. Zugleich aber habe sie auch um die Finanzierung gerungen, um zum Beispiel auch die Gestaltung der Homepage zu bezahlen.

Crowdfunding aus der Nachbarschaft

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sowie der Heimat- und Geschichtsverein Troisdorf haben schließlich das Vorhaben mit Zuschüssen unterstützt; ein bisschen Geld sei aber auch über Crowdfunding aus der Nachbarschaft gespendet worden. „Geld habe ich damit nicht verdient“, betont die Autorin. Die Sache sei „ein Herzensprojekt“ gewesen.

Eine bunte Zeichnung zeigt Häuser und zwei Torbögen. Kinder begegnen Soldaten; der Text erklärt: „Im Frühjahr 1945 kamen die Amerikaner“.

In farbenfrohen Zeichnungen hat Dieter Röhl Geschichten aus der Kolonie festgehalten. An der Mosel machte die Autorin den Zeitzeugen ausfindig.

Dabei war die Spurensuche nicht immer einfach. So hatte Siefer „ganz viele Fotos, von denen niemand wusste, wer drauf ist“. Wunderbare Zeichnungen hatte sie bekommen, farbige Zeugnisse der Kolonie-Geschichte. Nur wusste niemand die Bilder einzuordnen. An der Mosel machte Siefer schließlich den Urheber Dieter Röhl ausfindig.

Einen Zeitzeugen aus Troisdorf machte sie an der Mosel ausfindig

Die Adresse und die Telefonnummer waren auf einem Päckchen genannt, das Röhl vor über zehn Jahren nach Troisdorf geschickt hatte. Und Siefer hatte Glück: Die Nummer stimmte noch. Nach dem Besuch „hatte ich ganz viele weitere Fotos, die ich benutzen konnte.“ Zum Beispiel auch Aufnahmen von Röhls Eltern, die 1912/13 zu den ersten Kolonisten zählten.

Eine Ausstellung in der ehemaligen Kirche St. Maria Königin markierte im September 2023 den vorläufigen Abschluss des Rechercheprojekts; seit November ist die Internetseite freigeschaltet. Aktuell gönnt sie sich eine Pause von der intensiven Arbeit am Projekt. Abgeschlossen sei die Arbeit an der Seite aber längst nicht, sagt sie. Auch wenn „alles, was ich jetzt mache, in meiner Freizeit passiert“.

Troisdorfer Museumschefin hat Interesse an Material

„Gerne kann sich jeder melden, der eine Geschichte hat“, sagt Christine Siefer. Diese Quelle werde so schnell nicht versiegen. Interesse an dem gesammelten Material hat zudem Dr. Pauline Liesen, die Leiterin der Museen auf Burg Wissem geäußert: Für ein Ausstellungsprojekt im kommenden Jahr.

Für ihre Seite hat Christine Siefer zuletzt mit Experten des Landschaftsverbands über Nachhaltigkeit und zeitgemäße Modernisierung gesprochen; „ein Spannungsfeld“ in der Kolonie, wo der Denkmalschutz eine gewichtige Rolle spielt. Das werde wohl noch ein Thema, plant sie. Und was es bedeutet, wenn beim Leben „Alte Mauern“ auf „neue Träume“ treffen, das kann man schon jetzt nachlesen. Denn: „Ich wollte nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen“.

Kölner Unternehmer ließ Arbeiterhäuser bauen

Der Kölner Louis Mannstaedt hatte 1911 die Sieg-Rheinische-Hütten-AG gekauft und nach der Fusion mit den Umbauarbeiten in Troisdorf begonnen. Im großen Stil wurde in die Produktionsanlagen investiert – aber nicht nur.

Bis Ende 1913 ließ er die Schwarze Kolonie in Friedrich-Wilhelms-Hütte und die Rote Kolonie in Troisdorf errichten. Die Farbe der Dachziegel gab den Siedlungen ihren Namen. Insgesamt entstanden so 153 Häuser mit 340 Wohnungen.

Häuser einer Arbeitersiedlung; die Häuser haben Sprossenfenster und dunkelbraune Fensterläden.

Der Zeppelinplatz in der Roten Kolonie.

Mannstaedt beauftragte aber auch den Bau von drei Kaufhäusern, einer Hüttenschenke und zweier Schulen. Wie der Historiker Matthias Dederichs 2009 schreibt, gehörten zu den Kolonien auch zwei Kindergärten, eine Badeanstalt und ein Arbeiterwohnheim.

Christine Siefer berichtet, dass Bauherr Louis Mannstaedt mit Annehmlichkeiten wie elektrischem Licht und Wasserspülung Facharbeiter nach Troisdorf locken wollte. Ab 1977 wurden die Häuser nach und nach verkauft; die Mieter erhielten ein Vorkaufsrecht.