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Rückzugsort für MütterErstes öffentliches Stillcafé eröffnet in der Troisdorfer Stadtbibliothek

Lesezeit 4 Minuten
Drei Menschen sitzen auf Stühlen

Sie freuen sich über das neue Angebot für werdende Eltern und stillende Mütter (v.l.): Petra Schuck, Familienhebamme der Pro Familia, Petra Römer-Westarp, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Troisdorf, und Philipp Maaß, Leiter der Stadtbibliothek.

Noch immer werden Frauen, die ihr Baby in der Öffentlichkeit stillen, Ziel von Anfeindungen. Ein Rückzugsort soll das neue Stillcafé sein.

Frauen, die ihr Baby in aller Öffentlichkeit stillen, werden noch immer häufig diskriminiert und aufgefordert, dies im Verborgenen zu tun. Die Beratungsstelle Pro Familia und die Stadt Troisdorf wollen dem entgegentreten – und haben dafür das erste öffentliche Stillcafé der Stadt ins Leben gerufen. Ab dem 4. Juni finden junge Eltern, aber auch Schwangere in der Stadtbibliothek einen Rückzugsort, in dem sie ihr Kind stillen, aber auch Fragen stellen können – denn eine Hebamme ist immer dabei.

Petra Römer-Westarp, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Troisdorf, freut sich über die erste Anlaufstelle ihrer Art in der Stadt. Bereits seit dem Herbst sei Troisdorf eine „stillfreundliche Kommune“.

Nur rund 40 Prozent der Frauen in Deutschland stillen ihr Baby noch nach dem vierten Monat

Dieses Ziel sei jedoch nicht besonders hoch, da eine Verwaltung dafür nur einen Wickeltisch in einem öffentlichen Gebäude ausweisen müsse. „Die haben wir beispielsweise im Rathaus, im Museum und im Standesamt. Da gibt es immer ein Stillkissen und einen ruhigen Platz. Wir sind aber nicht zufrieden mit dieser Quote und wollen das Stillen in der Öffentlichkeit weiter fördern.“

Bücher zum Thema Babys liegen auf einem Tisch.

ücher zum Thema Schwangerschaft hat die Stadtbibliothek Troisdorf eigens angeschafft.

Petra Schuck, Hebamme bei der Pro Familia Rhein-Sieg verweist auf die Erkenntnisse einer Studie des Robert-Koch-Instituts, nach der nur rund 40 Prozent der Frauen in Deutschland ihr Baby noch nach dem vierten Monat stillten. Die Gründe dafür macht sie auch an der fehlenden Akzeptanz in der Gesellschaft fest.

„Da ernten Mütter böse Blicke und werden gebeten, aufzuhören, wenn sie in Restaurants ihr Kind an die Brust legen – das passiert in großen Städten wie auf dem Land“, so Römer-Westarp. „Deswegen muss man Rahmenbedingungen schaffen, in denen es ausdrücklich erlaubt ist – sonst werden Frauen ihr Baby zu Hause stillen und draußen die Flasche nehmen“, ergänzt Schuck.

Besucherinnen können Fachbücher zum Thema ausleihen

Ab Juni sind Eltern mit Neugeborenen, aber auch werdende Mütter und Väter jeden Dienstagnachmittag im Lesesaal der Stadtbibliothek an der Kölner Straße willkommen. Schuck wird mit einigen Kolleginnen ebenfalls anwesend sein und Fragen rund um die bevorstehende Geburt, aber auch den Umgang mit dem Baby beim Stillen oder generell der Ernährung beantworten. Sie weiß: Junge Eltern sind insbesondere beim ersten Kind oft unsicher.

„Es ist ein offenes, kostenloses Angebot“, sagt Römer-Westarp, die sich viel von dem Stillcafé verspricht. „Beim Stillen treten immer Probleme auf, die Begleitung von Frauen mit Problemen und der Austausch untereinander sind ganz wichtig. Und wenn es gerade nicht klappt mit dem Stillen, kann eine Hebamme erklären, woran das liegen könnte.“ Dabei solle das Stillcafé nur eine Übergangslösung sein, bis das geplante Hebammenhaus am St. Josef-Hospital in Betrieb gehe.

Auch Fachbücher zum Thema können die Besucherinnen und Besucher der Stadtbibliothek ausleihen. „Den Bücherei-Ausweis erhalten junge Mütter mit dem Willkommenspaket nach der Geburt ihres Kindes – er bleibt bis zu dessen Volljährigkeit kostenlos“, erklärt Philipp Maaß, Leiter der Stadtbibliothek. „Es ist wichtig, dass Kindermedien kostenlos sind, sonst stellt das eine soziale Barriere dar. Die Leute sollen sehen, dass sie hier etwas ausleihen können, mit dem sie ihr Kind fördern können. Wenn sie erst herkommen, sind sie hinterher auch bereit, dafür zu zahlen“, ist er überzeugt.

Das sind die Öffnungszeiten des Troisdorfer Stillcafés

„Die Bürger nehmen sich in der Bücherei den Raum für ihre Bedürfnisse. Sie ist ein Ort der Erholung, Menschen kommen hierher, um zu lernen, um abzuschalten – hier treffen sich Junge, Alte, Arm und Reich. Es ist ein Querschnitt der Gesellschaft – zu der auch junge Eltern gehören“, sagt Maaß.

Das Stillcafé öffnet erstmals am Dienstag, 4. Juni, in der Stadtbibliothek Troisdorf an der Kölner Straße 69-81 in der Fußgängerzone. Treffpunkt ist der Lesesaal im ersten Stock. Das wöchentliche Angebot ist kostenlos. Fragen beantwortet Hebamme Petra Schuck, die auch anwesend sein wird, vorab unter 0176/72125618.

Anmerkung der Redaktion: In einer älteren Version dieses Artikels hieß es, dass 90 Prozent der Frauen in Deutschland ihr Baby noch nach dem vierten Monat stillen, laut einer RKI-Studie sind es allerdings nur 40 Prozent. Wir haben den Fehler entsprechend korrigiert.