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NS-FunktionärTroisdorfer Politik debattiert weiter über Umbenennung der Carl-Diem-Straße

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Eine Straßenschild mit der Aufschrift Carl-Diem-Straße.

Vergleichbare Vorstöße zur Umbenennung sind in der Vergangenheit mehrfach gescheitert.

„Sehenden Auges“ habe der Sportfunktionär damals „junge Menschen in den Tod geschickt“, betonte SPD-Fraktionschef Harald Schliekert.

Die Mitglieder des Troisdorfer Stadtrats werden sich in ihrer nächsten Sitzung am Dienstag, 10. Dezember (Stadthalle, 18 Uhr), noch einmal mit der möglichen Umbenennung der Carl-Diem-Straße befassen: Der Hauptausschuss hatte das Thema unlängst vertagt. Für die Nolde-Straße in Eschmar und die Pacellistraße im Stadtteil Mitte beschlossen die Stadtverordneten, die Namen beizubehalten. Kleine Tafeln mit QR-Codes sollen Informationen über den Künstler und den späteren Papst liefern.

Für diese „differenzierte Betrachtung“ hatte sich auch Markus Schlüter von den Grünen ausgesprochen: Künstler Emil Nolde und Papst Pius XII. (der vor seiner Papstwahl Eugenio Pacelli hieß) seien vielleicht „tragische Figuren“ gewesen, vielleicht auch „einfach nur Versager“. Carl Diem hingegen habe noch 1945 für den Volkssturm geworben und nach dem Krieg versucht, „seine Spuren zu verwischen“.

Es gereicht Troisdorf nicht zur Ehre, Carl Diem weiter mit einem Straßennamen zu ehren
Markus Schlüter, Bündnis 90/Die Grünen

„Es gereicht Troisdorf nicht zur Ehre, Carl Diem weiter mit einem Straßennamen zu ehren“, sagte Grünen-Politiker Schlüter. „Sehenden Auges“ habe der Sportfunktionär damals „junge Menschen in den Tod geschickt“, betonte SPD-Fraktionschef Harald Schliekert. Und das „in einem Krieg, der schon verloren war.“

Wie die SPD erklärte auch die Linke ihre Zustimmung zum Beibehalten der Namen Nolde- und Pacellistraße. Carl Diem aber, so der Fraktionsvorsitzende Sven Schlesiger, sei ein „Schandfleck“. Dass der Ortschaftsausschuss Mitte die Umbenennung abgelehnt hatte, solle den städtischen Hauptausschuss nicht von einer eigenen Befassung abhalten: „Das betrifft die ganze Stadt.“

Diskussion um den NS-Sportfunkionär Diem wird in Troisdorf schon seit Jahren geführt

Nicht die Nationalsozialisten hätten den Namen vergeben, sagte für die FDP Dietmar Scholtes, sondern die Kommunalpolitiker der 50er Jahre. Und „die hatten ja noch Kenntnis der Zwänge, in denen die Menschen gestanden haben“, warb er für die Beibehaltung des Namens. Straßennamen dienten nur der räumlichen Orientierung und „eher nicht“ der moralischen Ausrichtung, argumentierte für die CDU deren Fraktionsvorsitzender Friedhelm Hermann.

Die Debatte um eine Umbenennung der Carl-Diem-Straße wird schon seit Jahren geführt. Ein Geschichtsprojekt von Schülerinnen und Schülern des Heinrich-Böll-Gymnasiums hatte die Beratungen neu entfacht. Eine abschließende Entscheidung wird möglicherweise vermutlich noch eine Weile auf sich warten lassen: Um zu klären, ob der Ortschaftsausschuss mit seiner Ablehnung womöglich schon eine bindende Entscheidung getroffen hat, ist zunächst zu klären, ob die Straße eine überörtliche Bedeutung hat.

Falls nein, ist das Thema vom Tisch. Falls ja, geht das Thema noch einmal durch mehrere Ausschüsse. Nicht zuletzt müsste dann auch ein neuer Name gefunden werden. Die betroffenen Anwohner würden mit einer finanziellen Unterstützung seitens der Stadt rechnen können: Im städtischen Haushalt wurden insgesamt 30.000 Euro eingestellt; je Haushalt würden 100 Euro ausgezahlt, Gewerbe erhielten 250 Euro.