Klaus Wirbitzky wohnt seit Jahrzehnten in Troisdorf. Der gebürtige Berliner hat sich als Regisseur und Autor für Bühne und Fernsehen einen Namen gemacht.
Premiere in BonnTroisdorfer Autor und Regisseur denkt mit 84 noch nicht an Ruhestand
Zwei Personen bewohnen das Haus im Troisdorfer Stadtteil Kriegsdorf: Klaus Wirbitzky und seine Ehefrau Inge. Betritt der Theaterautor und Regisseur aber sein Arbeitszimmer, dann, so erzählt er, „sitzen die Jungs und Mädels schon auf der Couch“. Die Figuren des jeweiligen Stücks nämlich, an dem er gerade arbeitet. Auch mit 84 Jahren denkt der produktive Künstler nicht ans Aufhören.
Dem Bonner Contra-Kreis-Theater ist Wirbitzky seit mehr als 40 Jahren verbunden
Gerade erst hat er am Bonner Contra Kreis-Theater mit „Primadonna“ eine erfolgreiche Premiere gefeiert. Aus seiner Feder stammt das Stück mit viel Musik von Henning Schmitz („Kraftwerk“), auch die Regie hat er selbst geführt. „Wunderbar“ sei die Probenarbeit gewesen, schwärmt Wirbitzky: Mit Anja Kruse als Operndiva, die über die Karriere und ihr Leben nachsinnt, und René Toussaint, der als Hühnerbaron die große Liebe sucht. Der junge Philipp Jöris erwies sich als „hochtalentierter Junge.“
Vier Wochen Probenzeit hatte Wirbitzky mit seinem Ensemble zur Verfügung, „sportlich“ sei das gewesen, sagt er in der Rückschau. Seit über 40 Jahren ist Klaus Wirbitzky immer wieder am Contra-Kreis-Theater zu Gast gewesen, mit Horst Johanning verbindet ihn eine lange Künstlerfreundschaft. Die „Geschichte eines Künstlerlebens“ erzählt auch Wirbitzky in seinem neuen Werk, oft schauen wie nun die Primadonna auch die Figuren in anderen Stücken aus seiner Feder zurück, ziehen sie Bilanz.
„Immer spröder“ seien seine Figuren über die Jahre geworden, sagt er. Und: „Das Alter wird immer sichtbarer." Ein Alter aber, das ihn selbst nicht schreckt. „Das Altwerden ist ja keine traurige Geschichte“, wenn man es richtig und mit der nötigen Selbstironie betrachte. Er wolle auch nicht die Uhr zurückdrehen, betont er. „Es ist ein sehr schöner Weg, den man gegangen ist“ – und ohnehin noch längst nicht zu Ende.
Die Geschichten fliegen dem Autor aus Troisdorf zu
Nach wie vor sprüht der drahtige Mann mit den lebhaften Augen vor Energie, wenn er von seinen Projekten berichtet. „Die Geschichten kommen“, freut er sich. „Meistens fliegen sie mir zu“, und dann sieht er auch die Figuren, die oftmals autobiografische Züge tragen. So wie im „Blauen Halstuch“, das im kommenden Jahr zum 80. Jahrestag der Kapitulation in Berlin Premiere haben wird: Denn auch Klaus Wirbitzkky brachte einst stolz das Tuch der Jungen Pioniere nach Hause, das er auf Geheiß des Vaters tags darauf zurückgab.
„Ein wunderbarer Prozess“ ist für den gebürtigen Berliner nach wie vor das Schreiben; ein Prozess, den er jeden Morgen nach einer Tasse Tee gegen 6.30 Uhr wieder aufnimmt. Nicht alles, was in den folgenden drei bis dreieinhalb Stunden am Computer entsteht, hat auch am nächsten Tag noch Bestand. Manchmal zögere er, ein Stück wegzuschicken, „wie ein Kind“ sei jedes Stück, das er auf die Bühne entlässt. Und das jüngste Kind sei „immer das geliebteste“.
Zeitgenössische Stoffe interessieren Wirbitzky, der in den Jahren 1998 bis 2009 die TV-Serie Die Anrheiner drehte – „da blieb das Theater ein bisschen auf der Strecke“ –, er nennt sich aber selbst auch ironisch einen „Schnulzenheini“: Wo Text und Musik in einander übergehen, baue das eine Brücke zum Zuschauer. Die kahle Bühne schätzt er nicht, und auch „der Mann mit dem Hammer“ war er nie. Theater mit der Brechstange funktioniert für Wirbitzky nicht, man müsse vielmehr „eine Tür zu den Gefühlen des anderen öffnen.“
Rund 30 große Theaterstücke hat Klaus Wirbitzky in seiner Laufbahn geschrieben, und die „enden nie ohne Hoffnung“. Auch wenn der Tod leibhaftig erscheint, wenn die großen Erfolge der Ballerina schon lange zurückliegen. „Man darf den Zuschauer nicht in der Depression entlassen“, schon gar nicht „in einer Zeit, die so schwierig ist wie keine zweite.“
„Wunderbar und aufregend“ nennt der 84-Jährige die Gegenwart, aber auch bedrohlich. Gleichwohl mahnt er, „mit einer gewissen Ratio ranzugehen.“ Das Schlimmste sei, in Panik zu geraten, wenn es hakt – sei es im Leben, beim Filmdreh oder im Theater.
In der Kirche hält er Zwiesprache mit der „göttlichen Allmacht“
„Hör doch einmal auf“, sagte zuletzt immer einmal wieder Ehefrau Inge zu ihrem Mann. In einem Alter, da andere schon fast 25 Jahre mit dem Wohnmobil unterwegs sind, denkt er aber nicht an den Ruhestand. Auf jeden Fall nicht „solange die Fantasie mir die Chance gibt, Geschichten zu erzählen“.
Er sei am ehesten bei sich, wenn er mit seinen Figuren spazieren geht. Gerne setzt er sich ab und an in eine Kirche, hält Zwiesprache mit der „göttlichen Allmacht“, an die er glaubt. „Manchmal antwortet er, manchmal nicht“, ist seine Erfahrung. Mit großer Gelassenheit begegnet er den Herausforderungen der Gegenwart.
Das Glück könne man nicht behalten, es müsse stets neu erobert werden, ist er überzeugt. Und Zufriedenheit sei keine Endstation, sondern ein Anstoß, um nicht stehenzubleiben und stattdessen neue Kräfte freizusetzen.