Harde Edge Painting von Günther C. KirchbergerKlare Kante, leuchtende Farbe
Siegburg – Die Farben strahlen und explodieren geradezu in ihrer Leuchtkraft, doch gebändigt werden sie durch eine strenge geometrische Komposition. Eine Malerei, die auf gestische Gestaltung fast verzichtet, dafür scharfkantig abgegrenzte Farbflächen präsentiert: Das ist Hard Edge Painting; eine Stilrichtung, die in den 60er Jahren Triumphe feierte. Zu den bekanntesten Vertretern zählte Günther C. Kirchberger. Gut vernetzt in der Kunstszene, prägte der 1928 geborene Schwabe die deutsche Avantgarde mit.
Weitere Stationen geplant
In den letzten Lebensjahren geriet er etwas in Vergessenheit, doch nun erinnert eine sehenswerte Ausstellung im Stadtmuseum Siegburg an den 2010 gestorbenen Künstler. Kuratiert hat sie der Kunsthistoriker und Galerist Dr. Stephan Geiger aus Konstanz, der auch Berater des Kirchberger-Archivs auf Schloss Filseck ist. Dort und auf weiteren Stationen wird die Schau ebenfalls zu sehen sein.
Dr. Gundula Caspary zeigt sich als Direktorin des Stadtmuseums stolz darauf, dass die Kreisstadt den Ausstellungsreigen eröffnet. Denn damit verbindet sich die Wiederentdeckung eines Werks, das ungebrochene Faszination und Frische ausstrahlt. Stephan Geiger nimmt das Publikum mit auf eine Reise, bei der zum Auftakt noch der abstrakte Expressionismus nachklingt. Doch die wilden Gesten des Informel, die Kirchberger in der von ihm gegründeten „gruppe 11“ kultiviert hatte, weichen bald einer ruhigeren Gestaltung von Farbkörpern, die zunehmend in die Bildmitte rücken.Das Weiß des Hintergrunds kontrastiert die Flächen in Rot, Grün und Blau, die immer stärker separiert werden, allerdings noch gestische Elemente zeigen.
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Diese Farbfeld-Malerei, so Geiger, war für Kirchberger eine Zwischenstufe zur Hard-Edge-Phase. Bald tauchen Linien in den Bildern auf, die den Farben ihre genau definierten Felder zuweisen. Und einige Gemälde weiter sind dann die letzten Pinselspuren getilgt. Die einförmigen Flächen in Öl, bald auch in Acryl, lassen die klaren Farben geradezu vibrieren. Manche von diesen geometrischen Figuren haben die Wirkung von Vexierbildern, erinnern an die Op Art mit ihren visuellen Irritationen. Eine Variante, die ihn mit der konkreten Poesie verbindet, erfindet Kirchberger mit seinen Text-Bildern, in denen das Wort die Farbe ersetzt: Anstelle einer schwarzen Fläche erscheinen nun die typographischen Schriftzeichen.
Wie der Kurator erklärt, blieb es bei diesem punktuellen Vorstoß in die „puristischen Sphären“ eines rein konzeptuellen Kunstverständnisses. Gut so, mag man hinzufügen. Denn Kirchberger ist denn doch zu sehr Maler, der sich mit dem sinnlichen Zusammenspiel von Farbe und Form profiliert – zum Vergnügen des Betrachters, der Mitte der 60er Jahre auch zum Akteur werden sollte: An den Spielbildern und -objekten lassen sich Elemente neu verändern. Etwa die rot-weißen Pingpongbälle, die beim Durschütteln nach einem Zufallsmuster in den Löchern der Objektkästen stecken bleiben. Oder beim Abschrauben der Knöpfe an den hochglänzenden Wandobjekten, die 1967 entstanden.
Der Künstler plant in immer größeren Dimensionen, entwirft Arbeiten aus Aluminium, die aus der Wand herauszuwachsen scheinen. Um diese Zeit ist er bereits Dozent an der Werkkunstschule in Krefeld. Eine Berufung, der Kirchberger – keineswegs selbstverständlich in der Kunstszene – viel Zeit und Energie widmet. Bei den Studierenden ist er beliebt, doch seine eigene Karriere tritt in den Hintergrund. Auf wichtigen Ausstellungen ist er nicht mehr vertreten.
Sein talentiertester Schüler wurde vom Maler zum Starfotografen. Es würde sich sicher lohnen, nachzuforschen – so schreibt Geiger in dem lesenswerten Katalog – , inwiefern Peter Lindberghs präzise Bildsprache in der soliden Schulung durch Professor Kirchberger wurzelte.
Eröffnung am Sonntag, 31. Oktober, 11.30 Uhr. Ausstellung bis 5. Dezember. Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr. Katalog 20 Euro.