Die Mindeststrafe bei Vergewaltigung beträgt zwei Jahre. Nur sein spätes Geständnis bewahrte einen Siegburger Sexualstraftäter vor der Haft.
ProzessSpätes Geständnis rettet Siegburger Sexualtäter vor dem Gefängnis
Sie kannten sich, waren seit langem befreundet, „wie Geschwister“, schilderte das Opfer im Zeugenstand. Umso schockierter sei sie gewesen, als der 55-Jährige sie nach einem feucht-fröhlichen Abend im Dezember 2022 begrapschte. Er habe ihr „Nein“, ihre Abwehr ignoriert. Schließlich vergewaltigte er die 37-Jährige. Deren Zeugenaussage wertete das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Ulrich Wilbrand als glaubhaft.
Erst kurz vor Ende der fast dreieinhalbstündigen Hauptverhandlung rang sich der Angeklagte zu einem Geständnis durch: „Es könnte so gewesen sein.“ Wilbrand hatte nach der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran gelassen, den Möbelpacker zu einer Haftstrafe verurteilen zu wollen. Das erklärte Verteidiger Stephan Rössler seinem Mandanten offenbar eindringlich genug vor der Tür. Die Mindeststrafe für Vergewaltigung beträgt zwei Jahre.
Sankt Augustinerin zeigte die Tat erst drei Tage später an
Die Geschehnisse dieses Abends wurden im Prozess minutiös beleuchtet, man habe im Freundeskreis Fußball gucken wollen in der Siegburger Wohnung des Angeklagten, dabei floss reichlich Bier. Sie habe den letzten Bus verpasst, schilderte die Frau aus Sankt Augustin, und das Angebot angenommen, bei ihrem Bekannten zu übernachten.
Über einen Zeitraum von mehreren Stunden habe er sie immer wieder angefasst, schilderte sie. Warum sie nach den ersten Übergriffen nicht gegangen sei, das frage sie sich heute noch. Der Angeklagte habe sich mehrfach bei ihr entschuldigt, sie habe gehofft, dass er sie in Ruhe lässt und sie endlich schlafen könne.
Das Gericht zitierte aus einem Chat, in dem der Angeklagte am nächsten Morgen seinem Opfer gegenüber die Tat indirekt einräumte. Sie habe sich dann Freunden anvertraut, sei unschlüssig gewesen, was sie tun sollte. Erst drei Tage später ging sie zur Polizei.
Wenn Aussage gegen Aussage steht, kommt es vor allem auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin an, daran ließ der Vorsitzende Richter keinen Zweifel: „Mich haben weniger Frauen als Männer angelogen“, sagte Wilbrand. „Und es werden mehr Vergewaltiger freigesprochen als verurteilt.“ Die Aussagen der Geschädigten seien sowohl bei der Polizei wie auch im Prozess „absolut stringent“ gewesen.
„Ein Nein ist ein Nein, das muss sich Ihnen einbrennen“, sagte er zum vielfach vorbestraften Täter, der hauptsächlich Körperverletzungs- und Betrugsdelikte auf dem Konto hat und auch schon in Haft saß; die letzte Verurteilung des viermal geschiedenen und hoch verschuldeten Mannes liegt allerdings schon zehn Jahre zurück.
Der 55-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde - auch weil er eine feste Arbeitsstelle hat. Als Auflage muss er innerhalb eines Jahres 1000 Euro an die Geschädigte zahlen, in Monatsraten von 100 Euro. Und seine ambulante Alkoholtherapie fortsetzen. Kommt er dem nicht nach, muss er in Haft.