Die IHK beklagt im Einzelhandelsreport dennoch Kaufzurückhaltung.
EinzelhandelDas sind die beliebtesten Einkaufsstädte im Rhein-Sieg-Kreis neben Bonn
Der Einzelhandel in der Region muss sich in einem schwierigen Umfeld behaupten: erst Corona, dann Ukraine-Krieg, Inflation und Kaufzurückhaltung. „Die Lage ist herausfordernd“, sagte am Dienstag Professor Dr. Stephan Wimmers, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, als er den alle zwei Jahre erscheinenden Einzelhandelsreport der Kammer vorstellte. Darin wird nicht nur Bilanz gezogen, die Autoren stellen auch Konzepte vor, wie sich die Kaufleute in der Krise behaupten können.
Der Einzelhandel in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis machte nach IHK-Angaben im vergangenen Jahr einen Umsatz von nominal 5,5 Milliarden Euro (plus 6,3 Prozent gegenüber 2022), verzeichnete aber aufgrund von gestiegenen Erzeugerpreisen ein reales Minus von vier Prozent. Für 2023 wird ein Umsatz von nominal knapp sechs Milliarden Euro erwartet.
Negativ zu Buche schlägt laut Experten, dass bei vielen Kunden das Geld nicht mehr locker im Portemonnaie sitzt, zudem grätscht der Onlinehandel den stationären Kollegen heftig hinein: In Bonn werden von 100 Euro fast 18 Euro für einen Kauf über das Internet ausgegeben. Damit liegt die Stadt in einem bundesweiten Ranking hinter München auf Platz 2. Die Stimmung ist also schlecht unter den Kaufleuten.
Kunden, die mit dem Pkw kommen, sorgen für 60 Prozent des Umsatzes
Die Kammer misst das an ihrem Konjunkturklima-Index, der im Herbst um 14 auf 73 Punkte gesunken ist; der Referenzwert liegt bei 100 Punkten. Zudem sei die Zahl der Insolvenzen im Einzelhandel im Vergleich zu anderen Branchen stärker gestiegen; die Kammer beruft sich dabei auf Zahlen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Nicht nur in Bonn klagen viele Händler über die schlechte Erreichbarkeit der Innenstadt, die sie mitverantwortlich machen für die Zurückhaltung der Kundschaft. Die IHK gehört zu den Initiatoren der Kampagne „Vorfahrt Vernunft“, die sich seit dem Sommer vehement gegen die Verkehrspolitik der Ratsmehrheit um Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) wehrt.
Die Innenstädte müssten für den Lieferverkehr und die Besucher gut anzufahren sein, sagt Wimmers: „Kunden, die mit dem Pkw kommen, sorgen für 60 Prozent des Umsatzes.“ Auch steigender Leerstand in 1a-Lagen wirkt sich auf die Attraktivität der Citys aus. Wimmers zeigt dabei unter anderem auf den Kaufhof in Siegburg, der zum Jahresende schließt. Allerdings wird in dessen Nachbarschaft des früheren Warenhauses auf dem Goldberg-Areal das „Kaiser-Carré“ gebaut.
Siegburg, Sankt Augustin und Bornheim ziehen in der Region die Kunden an
Standorte mit einem Mix verschiedener Funktionen könnten die Kunden bewegen, wieder vermehrt beim stationären Einzelhandel vorbeizuschauen, glauben Wimmers und sein IHK-Kollege Till Bornstedt. Sie nennen als Beispiel den früheren „Puppenkönig“ in Bonn, der als „Playmobil-Erlebniswelt“ ein Frequenzbringer geworden ist. In der Altstadt von Königswinter bewährt sich mit dem „Kaufmannsladen“ ein Mischkonzept mit Einkaufserlebnis, Tagungen und Hotel.
Wimmers: „Die Innenstädte sind deutlich besser für die Zukunft aufgestellt, wenn es über den Einkauf hinaus weitere gute Gründe gibt, in die Stadt zu kommen, nämlich durch herausgehobene Veranstaltungen und eine attraktive Gastronomie.“
In der Region ziehen laut IHK außer Bonn auch Siegburg, Bornheim und Sankt Augustin als Einzelhandelsstandorte Kunden an. Danach liegt die Kaufkraft in Bornheim bei 1,4 Milliarden Euro; jeder Einwohner hat statistisch knapp 30.000 Euro zur Verfügung.
In Siegburg sehen diese Zahlen so aus: Kaufkraft gesamt 1,1 Milliarden Euro, pro Einwohner 26.664 Euro. Sankt Augustin: Kaufkraft gesamt: 1,5 Milliarden Euro, pro Einwohner 27.766 Euro. Die größte Kaufkraft im Kreisgebiet weist Wachtberg bei insgesamt nur 688 Millionen Euro mit 33.587 Euro pro Einwohner aus. Schlusslicht ist Ruppichteroth mit einer Kaufkraft insgesamt von 269 Millionen Euro und 25.133 Euro pro Einwohner.