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Interview mit Pfarrer„Wer den Zölibat einfordert, will Macht über Menschen haben“

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Buchautor Georg Schwikart bei einer Veranstaltung in der Stadtbücherei Sankt Augustin. (Archivbild)

Sankt Augustin – Georg Schwikart ist katholisch getauft, Buchautor und seit fünf Jahren evangelischer Pfarrer in der Kirchengemeinde Bonn-Hardtberg. Wir fragten ihn, wie sich der Zölibat auf seine Berufswahl ausgewirkt hat.

Wie dachten Sie als junger Mann über das Bekenntnis zu Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit?

Georg Schwikart: Ich wollte schon als Jugendlicher Priester werden, hatte aber Freundinnen. Als ich meine heutige Frau kennenlernte, war die Sache durch. Damals war ich verbittert, dass dieser Weg durch den Zölibat versperrt war. Ich sehe darin ein grausames Instrument, das nichts mit Glaube, Frömmigkeit oder Zuwendung zu Menschen zu tun hat. Wer den Zölibat einfordert, will Macht über andere Menschen haben.

Können Sie nachvollziehen, wenn sich angehende Priester für Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit entscheiden?

Prinzipiell schon. Die Frage ist aber, ob sich jemand freiwillig dafür entscheidet oder das nur in Kauf nimmt. Die Idee der Reinheit mit Sexualität zu verbinden, kannte man schon im Altertum, auf Jesus kann man sich damit aber nicht berufen. Diskutiert wurde darüber auf dem Konzil von 325, eine Verpflichtung zum Zölibat kam aber erst rund 700 Jahre später. Übrigens: Überraschend wenig Priester selbst setzen sich für das Ende des Zölibats ein.

Halten Sie eine Abschaffung in nächster Zeit für realistisch?

Ich glaube nicht, dass in den nächsten fünf Jahren wirklich etwas passiert, dazu fehlt die weltweite Aufbruchstimmung wie beim Zweiten Vatikanischen Konzil.

Was waren die Gründe dafür, dass Sie 2011 das Bekenntnis gewechselt haben?

Entscheidend war für mich, den Weg zur Freiheit zu wählen, nachdem Erzbischof Joachim Meisner meine Weihe zum Diakon verhindert hatte. In der evangelischen Kirche sind viele Probleme schon lange gelöst, um die die Katholiken noch kämpfen. Neben dem Zölibat sind das die Ordination von Frauen oder die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Ich sage das ganz ohne Häme: In der katholischen Kirche gibt es einen Haufen Vorschriften, die niemand einhalten kann. Bei den Protestanten gibt es nur sehr wenige Vorschriften, die man aber auch einhalten muss. Ich wünsche den katholischen Gläubigen jedenfalls viel Ausdauer, Kraft und Gottes Segen, damit sie da heil rauskommen. Bei ihnen gibt es auch viel Gutes.