FreibadSchulen lassen Schwimmunterricht im Oktopus Siegburg ausfallen
Siegburg – „Schwimmen fällt aus“, die Nachricht kam für Johanna Förster, Mutter eines Drittklässlers an der Gemeinschaftsgrundschule Wolsdorf, überraschend. Und sie war alles andere als begeistert von der Absage der ihrer Ansicht nach wichtigen Schwimmstunden, die nicht wie gewohnt nach den Sommerferien im Oktopus-Hallenbad, sondern im Freibad stattfanden.
Bürgermeister und Ratsfraktionen fragte sie in einem Schreiben, ob es nicht möglich sei, tagesaktuell zu entscheiden ob das Schwimmen stattfinde könne oder nicht. „Das sollte doch möglich sein, bisher herrschen ja nun einmal Freibad-Temperaturen.“
Kein Hin- und Her
Zudem fragt sie, warum die Stadt Siegburg nicht von vorneherein das Schwimmen im Hallenbad, „ohne Hin- und Her“ ermögliche. Allen sei doch bekannt, dass seit Corona Grundschüler und Grundschülerinnen, die nicht schwimmen könnten, ein Problem seien. „Wie kann es sein, dass hier Energiesparmaßnahmen zu Lasten einer Gruppe gehen, die bekanntermaßen im Grunde (fast) ohne Lobby ist? Es ist doch hinreichend bekannt, wie lebensnotwendig es ist, schwimmen zu können.“
Klare Aussagen gefordert
Kommunikation in der Kritik
Große Schwierigkeiten mit der Situation hat auch der Schwimmverein SV Hellas: „Wir waren eigentlich fest davon ausgegangen, dass wir nach den Sommerferien wieder ins Hallenbad können“, so der Vorsitzende Andreas Wollweber. Erst auf Nachfrage hab sich ergeben, dass das nicht möglich sein würde. Wollweber kritisiert die Kommunikation: „Wir fühlen uns nicht wertgeschätzt, wenn wir immer als Bittsteller auftreten müssen.“ Die Badleitung habe dem Verein ermöglicht, das Freibad zu nutzen, was für die älteren der 400 Hellas-Mitglieder auch in Ordnung sei . Aber: „Für die Kinder ist das Wasser doch sehr kalt.“ Gar nicht daran zu denken sei, jetzt die Wartelisten mit Kindern abzuarbeiten, deren Eltern dringend einen Schwimmkurs buchen wollen.
Mehr Kreativität gewünscht
Die Nutzungszeit für die Großen, 19.30 bis 21 Uhr, sei auch schwierig, weil es schon früher dunkel werde. Umkleiden und Duschen gebe es dann nicht, aber ein WC. „Wir wollen uns aber nicht beklagen“, so der Vorsitzende, „wir sind nicht gegen Energiesparen.“ Er würde sich aber mehr Kreativität wünschen, etwa, indem man „Shortys“, kurze Neoprenanzüge zur Verfügung stellt.
Sorgen in der Schwimmschule
Wenigstens das kleine Bewegungsbecken in der Halle kann Dirk Lohmann für seine private Schwimmschule im Oktopus an Wochenenden und in Lücken zwischen Rehakursen nutzen. Ins Freibad geht er nur mit größeren Kindern, die das bronzene, silberne oder goldene Schwimmabzeichen machen. „Ich brauche klare Aussagen , wie es im Herbst weiterläuft“, betont er. Einige Gruppen, auch für das Behindertenschwimmen, fielen derzeit ganz aus. Seine Schule leide noch unter den Folgen der Corona-Lockdowns, als Lohmann über viele Monate Kurse absagen musste. Damals gebuchte Einheiten habe er abarbeiten müssen, und jetzt müsse er dringend neue Kurse anbieten, um Geld zu verdienen.
Darüber hinaus will Johanna Förster wissen, ob Gerüchte stimmen, die Schulaufsicht habe die Absage des Schulschwimmens angeordnet. Das dementiert Pressesprecher Antonius Nolden von der Kreisverwaltung ebenso wie die Kreisstadt.
Gerüchteküche brodelt
„Nein, die Gerüchte stimmen nicht“ antwortet Jan Gerull, Leiter der städtischen Pressestelle auf Anfrage. Weder die Schulaufsicht noch die Stadt hätten das Schulschwimmen im Freibad „eingestellt“. Allerdings habe die Grundschule Nord bereits vor dem Schulstart mitgeteilt, bis zu den Herbstferien auf das Schulschwimmen zu verzichten. Die Grundschule Wolsdorf habe sich vor kurzem zu demselben Schritt entschieden, nachdem die Wolsdorfer Kinder in den ersten Wochen noch geschwommen seien.
Die Realschule biete ebenfalls kein Schwimmen an, Grund sei Lehrermangel im Fach Schwimmen. Eingriffsmöglichkeiten habe die Stadt als Schulträger nicht, weil es dabei um Unterrichtsorganisation geht.
Hallenbad öffnet Ende des Monats
Thomas Thumser, Schulleiter in Wolsdorf, bestätigt auf Anfrage, viele Eltern aus den dritten und vierten Klassen hätten sich über die Wassertemperatur beschwert. „Wenn das die Elternmeinung ist, machen wir stattdessen Sport.“ Die Klassenpflegschaftsvorsitzenden hätten die Eltern darüber informiert. Die Nordschule war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
„Das Hallenbad wird nicht geschlossen, das Schulschwimmen nicht ersatzlos gestrichen“, betont Jan Gerull. Nach den Herbstferien sei das Hallenbad wieder wie gewohnt für die Schulen geöffnet, allgemein soll voraussichtlich zum 30. September wieder geöffnet werden.
Hochbrisante Energiekrise
Die Duschtemperatur werde auf zwischen 30 und 34 Grad festgelegt. „Die Stadt ist sich der Relevanz bewusst, die das Schwimmenlernen in der Schule und in Vereinen hat.“ Auch in der Stadtverwaltung würden die „häufig gezeigten Diagramme mit abwärtsweisenden Kurven bei der Schwimmfähigkeit“ mit Sorge verfolgt. „Dennoch sind wir aktuell mit einer hochbrisanten Energiekrise konfrontiert, die uns alle, Privatleute wie Kommunen, zum Sparen zwingt und uns verantwortungsvolles Handeln auferlegt.“
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Sollte sich die Lage im Herbst und Winter weiter verschärfen, würden Maßnahmen im Oktopus folgen. „Uns ist bei alledem klar, dass zum Beispiel die Absenkung von Wasser- oder Raumtemperaturen in öffentlichen Gebäuden/Einrichtungen nicht ausnahmslos auf Zustimmung stößt“, so der Sprecher.