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88 StolpersteineBroschüre zeigt Geschichte Siegburger Holocaust-Opfer

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„Alles, was wir wissen“: Stadtarchivar Jan Gerull hat es für die neue Broschüre zusammengetragen. 

Siegburg – Sie starben in Treblinka und Sobibor. Wurden in Maly Trostinez bei Minsk erschossen oder mit Gas ermordet. Von anderen sind Sterbedatum und -ort unbekannt, nur wenige entkamen.

Gelebt aber haben sie alle in Siegburg: 400 Männer, Frauen und Kinder jüdischen Glaubens waren vor 1933 hier zuhause. Im Juli 1942 rollte der letzte Deportationszug in den Osten. Als „judenfrei“ meldeten die Verantwortlichen anschließend die Stadt.

Broschüre wird kostenlos verteilt

An die Ermordeten und ihre Schicksale erinnern seit 2003 die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig. Die „Gesichter hinter den Steinen“, beschrieb Vizebürgermeisterin Susanne Haase-Mühlbauer das Projekt bei der Vorstellung, zeigt Stadtarchivar Jan Gerull in einer neuen Broschüre, die auf Anregung des Kulturbeirats entstand und ab sofort unter anderem im Stadtmuseum und der Bibliothek kostenlos zu haben ist.

Eine Bestandsaufnahme machte den Anfang: Genau 88 der quadratischen Messingplaketten haben Jan Gerull und seine Unterstützer, der Praktikant Thomas Axmann und Archivhelfer Marco Devigili, im Stadtgebiet gezählt. Knapp nur sind deren Auskünfte, viele Informationen waren vor Jahren noch gar nicht verfügbar. Inzwischen aber hilft zum Beispiel das „Buch des Gedenkens“ im Bundesarchiv, dem bislang unbekannten Sterbeort doch einen Namen zuzuordnen.

Lebensspuren zusammengetragen

Auch in Adressbüchern – mit Berufsnennung – oder Meldekarten, in Geburtsregistern und Sekundärliteratur hat Gerull in den zurückliegenden Monaten Lebensspuren gefunden und in der Publikation zusammengeführt. Einen „Goldschatz“ entdeckte der Archivar eher zufällig bei seinen Nachforschungen: ein achtstündiges Interview, das die nach Australien entkommene Anna Lichtenstein 1984 gegeben hatte und in dem sie das Leben im Siegburg der 20er Jahre schilderte.

Jedem Stolperstein ist eine Seite in dem Heft gewidmet. Salomon Seelig – „hochgeachtete Persönlichkeit“ und zeitweilig auch Mitglied des Stadtrats – und seine Ehefrau Julie lernt der Leser zum Beispiel kennen. Michael Fröhlich ist Weltkriegsteilnehmer, mit Orden ausgezeichnet; Benjamin Wallerstein und seiner Frau Rosalie gehört ein Herrenbekleidungsgeschäft.

Für Lagerhaft noch Miete bezahlt

Wo die Quellen weniger ausführlich Auskunft geben, stellt Autor Gerull Stationen auf dem Weg in den Tod vor: das „Judenhaus“ an der Brandstraße in Siegburg oder das Mucher Lager des „Reichsarbeitsdienstes“, für das die Gefangenen sogar Miete bezahlen mussten.

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Die Lektüre bleibt – auch wenn manches nicht neu ist – erschütternd. Aber „es soll nicht nur berühren“, betonte Jan Gerull bei der Vorstellung des Hefts, es solle auch historisches Wissen vermitteln. Dafür hat er mit seinen Unterstützern „alles, was wir jetzt wissen, zusammengetragen“. Die Stadt hat die Einzelbeiträge online gestellt und das Heft in einer Auflage von zunächst 1000 Stück drucken lassen.