In Siegburg vor GerichtArzt muss wegen sexueller Belästigung 5000 Euro bezahlen
Siegburg – War der Angeklagte der „Casanova“ des Krankenhauses, wie es Richter Ulrich Wilbrand flockig beschrieb? Hat der 46-jährige Arzt mit einer jungen Krankenschwester eine Affäre gehabt, oder hat er sie gewaltsam sexuell genötigt? Vor dem Siegburger Schöffengericht stand Aussage gegen Aussage.
Für den Tatvorwurf gab es – wie häufig bei Sexualdelikten – keine unbeteiligten Zeugen. Der Mediziner soll laut Anklage im August 2019 der damals 26-Jährigen nach dem Spätdienst in die Damenumkleide gefolgt sein und sie dort massiv zu sexuellen Handlungen gedrängt haben.
Handy-Nachricht: „Denk an meine kleinen Kinder“
Sie sei völlig perplex gewesen, habe weinend gestammelt „Bitte nicht“, sich aber erst gewehrt, als er ihren Kopf packte und zu seinem Schoß ziehen wollte. Er sei weggelaufen, sie habe die Tür abgeschlossen, sich die Hände gewaschen und eine Kollegin alarmiert, erzählte die Krankenschwester im Zeugenstand.
Erst nach Gesprächen mit der Ärztin in der Notaufnahme und einem Telefonat mit ihrer Schwester sei sie bereit gewesen, eine Anzeige bei der Polizei zu machen. Der Arzt erhielt umgehend Hausverbot und die Kündigung, sie war drei Monate krank geschrieben.
Der Angeklagte, ein verheirateter, vierfacher Vater, schilderte, dass sich die Krankenschwester einige Monate zuvor „an ihn herangemacht“ habe, sie habe psychische Probleme gehabt, er Stress mit seiner Ehefrau. Die Affäre habe er Mitte August beendet. Ihm sei damals an einer guten Arbeitsbeziehung gelegen gewesen. Eine Woche später habe er ihr in der Umkleide einen Kuss auf den Hals gegeben habe, ein Fehler, „dadurch habe ich ihre Gefühle verletzt“.
Wenige Minuten danach schickte er ihr eine Entschuldigung aufs Handy, beschwor sie, ihm noch das Wochenende mit der Familie zu gönnen, ihn erst am Montag anzuzeigen, Richter Wilbrand zitierte aus dem Chat: „Es tut mir so leid. Denk’ an meine kleinen Kinder.“
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Die Geschädigte beschrieb lediglich eine vertrauliche „Kumpel-Beziehung“, sie habe sich nicht an den oft anzüglichen Sprüchen des Arztes gestört. Andere Kolleginnen indes hätten nicht so gern mit dem Mediziner Dienst gehabt. Später habe sie erfahren, dass er eine Beziehung zu einer Kollegin aus einer anderen Abteilung gehabt habe, die ihn sogar als ihren „Mann“ bezeichnete.
Auf Widersprüche zur polizeilichen Vernehmung wies die Staatsanwältin hin. Damals hatte die Krankenschwester einen weiteren, ähnlichen Vorfall aus dem Schwesternzimmer geschildert, im Zeugenstand hingegen nicht. „Das muss ich wohl verdrängt haben.“ Warum sie ihn nicht gemieden habe, fragte die Staatsanwältin. Ihre Antwort: „Ich war wohl naiv.“
Das Gericht stellte das Verfahren gegen eine Geldbuße von 5000 Euro ein, zahlbar an die deutsche Ukraine-Hilfsaktion. Eine Vorstrafe hätte dem Angeklagten die angestrebte Facharztprüfung und die Übernahme einer Praxis als Allgemeinmediziner unmöglich gemacht. Die Geschädigte war mit dieser Lösung einverstanden: „Ich möchte das nur abschließen und alle Nachrichten endlich löschen.“