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Schenkung an das Stadtmuseum300 Jahre altes Buch zeugt von der jüdischen Geschichte Siegburgs

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Männer und eine Frau mit einem historischen Buch

Wertvolle Buchschenkung: Die stellvertretende Museumsleiterin Stefanie Kemp (von rechts) mit dem ersten und zweiten Vorsitzenden des Fördervereins Klaus Hartmann und Thomas Hockenbrink

Der Förderverein des Museums half bei der Anschaffung des 1712 gedruckten Bands, der früher einem Siegburger gehörte.

Jahrelang schlummerte das „Auge Jakobs“ in einem auf Judaica spezialisierten Antiquariat in Berlin, jetzt ist es endlich wieder in der Kreisstadt beheimatet: Der Förderverein des Stadtmuseums ermöglichte den Ankauf des Buchs für 1600 Euro.

Museumsleiterin Gundula Caspary sowie ihre Stellvertreterin Stefanie Kemp stellten den 1712 gedruckten Band, der früher einem Siegburger gehörte, jetzt vor. Klaus Hartmann und Thomas Hockenbrinck, erster und zweiter Vorsitzender des Fördervereins, hatten die Schenkung überreicht.

Einzigartiger Neuzugang für das Siegburger Stadtmuseum

Besitzer muss früher ein „Nathan, Sohn des Hertz“ aus Siegburg gewesen sein, der dem Buch (hebräisch: Ajin Jaakov) Kommentare zum Talmud entnehmen konnte. Das Stadtmuseum spricht von einem „einzigartigen Neuzugang“ aus der hebräischen Druckerei von Daniel Jablonski in Berlin. „Damit ist das Buch nebst Besitzer ein seltenes Zeichen für Siegburger jüdischen Glaubens im 18. Jahrhundert“, so das Stadtmuseum in einer Mitteilung

Es gibt aber noch einen weiteren Hinweis, der nach Siegburg führt: Ein gewisser Alexander, Sohn von Mosche und wahrscheinlich ein Enkel Nathans, beschreibt auf einer Notiz auf einer Leerseite des Bands, wie er auf einer Reise von Siegburg nach Hofstadt/Herzogenrath in Lebensgefahr geriet.

Auf der Reise in Geldangelegenheiten fiel er vom Pferd, brach sich einen Fuß und wäre in der kalten Winternacht wohl ohne Hilfe erfroren. Es herrschte strenger Frost, der Boden sei eisglatt gewesen, sodass man nicht darüber habe laufen können, geht aus der Übersetzung aus dem Hebräischen hervor.

Alexander wandte sich an den Allmächtigen, mit der Bitte ihm zu helfen, Frau und Kinder „nicht in die Hände des Pöbels fallen zu lassen“. Er werde dafür fasten, gründlich Buße tun und den Bedürftigen Almosen geben. Nach einer Stunde fand ihn ein Mann, bettete ihn auf einen Wagen und brachte ihn in Sicherheit.

Bibliophile Besonderheit bekommt besonderen Platz im Siegburger Stadtmuseum

Im Stadtmuseum soll die „bibliophile Besonderheit“ einen besonderen Platz bekommen, wenn die Ausstellung zum jüdischen Leben in Siegburg in den kommenden Jahren neu gestaltet wird. Bis dahin wollen sich das Museum wie auch Stadtarchivar Jan Gerull noch mit den Vorbesitzern beschäftigen.

Ein altes Buch mit brüchigem Ledereinband

1712 wurde der Band in der hebräischen Druckerei von Daniel Jablonski in Berlin aufgelegt.

Gerull geht davon aus, dass die Suche nicht einfach wird, da es damals noch kein Meldewesen gegeben habe. Zudem fallen Druck und Eintragungen stadtgeschichtlich in eine besondere Zeit: Siegburg hatte Stefanie Kemp zufolge zwar bis ins Mittelalter eine besonders alte jüdische Gemeinde, von der aber im 18. Jahrhundert keine Rede mehr war. Sie hatte sich wohl aufgelöst, nachdem sie zu klein geworden war und sich nicht mehr genügend Männer fanden, um einen Gottesdienst zu gestalten.

Einen Aufschwung gab es wieder mit dem 19. Jahrhundert, der 1841 in die Eröffnung der Siegburger Synagoge mündete. „Da wird noch einiges zu recherchieren sein“, sagt Stefanie Kemp.