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RuineNach tödlichem Brand werden in Sankt Augustin Reste des Motorradladens abgerissen

Lesezeit 3 Minuten

Am 18. Juni brannte das Motorradgeschäft in Sankt Augustin aus, zwei Feuerwehrleute starben. Jetzt werden die Reste des Baus abgerissen.

Mit feinem Fingerspitzengefühl dirigiert Helmut Decrouppé seinen Bagger durch die Brandruine an der Hauptstraße in Sankt Augustin-Niederpleis. Seine Schaufel arbeitet dabei fast so exakt wie eine Hand. Er trennt Holz von Kunststoff, Metall von Mauerwerk und Brandschutt von Teppichen. Die einzelnen Materialien türmt er zu Haufen auf. „Das muss alles sortiert werden“, sagt der Herr über 22 Tonnen und 220 PS.

Du weißt nicht, wie die Mauern vom Feuer beschädigt sind.
Helmut Decrouppé, Baggerfahrer

Sechs Wochen nach dem verheerenden Brand in dem Motorradgeschäft, bei dem zwei Feuerwehrleute ums Leben kamen, haben die Abrissarbeiten begonnen. Die Fläche wird freigeräumt, der Besitzer des Geschäfts, Marko Berger, ist Mieter. Er will eine Leichtbauhalle errichten, um weiterzumachen. Das denkmalgeschützte Gebäude ist nach dem Feuer aber unrettbar verloren. Die alten Eingangsschilder, den Schlussstein aus dem Giebel sowie das Schild mit dem Erbauungsjahr 1904 hat er am Tag nach dem Brand sichern können.

Der Bagger rollt über wackeligen Grund. „Da sind erst die Gehwegplatten, darunter ein Teppich und dann der hölzerne Tanzboden. Das muss alles nacheinander raus“, erklärt Decrouppé die Herausforderungen der kommenden Tage. Solche Arbeiten nach Bränden kennt er, ist seit 21 Jahren im Job, macht sie aber nicht so gerne. „Du weißt nicht, wie die Mauern vom Feuer beschädigt sind, wie sie fallen.“

Nach dem Tod seiner Frau im Februar ist das sein erster Abriss. „Das ist wie Fahrradfahren, das verlernst Du nicht“, beschreibt er. Tatsächlich sieht es virtuos aus, was er mit dem schweren Fahrzeug alles anstellt. Dann kommt Bernd Niemann mit dem großen Muldenkipper vom Betriebsgelände in Niederkassel-Mondorf zurück, wo der Schutt sauber getrennt und anschließend entsorgt wird.

Mit der Schaufel des Baggers greift Helmut Decrouppé nach den abgebrochenen Steinen, die dann auf einen Muldenkipper geladen werden.

Mit jeder Schaufel wird rund eine halbe Tonne Gestein aufgeladen.

„Wir haben jetzt schon rund 100 Tonnen abtransportiert“, berichtet er, während Decrouppé die nächste Schaufel Ziegelsteine ablädt. Niemann dirigiert ihn, damit er sie an der richtigen Stelle in der Mulde ablegen kann. Rund eine halbe Tonne sind es jedes Mal. Dabei sieht es alles so leicht aus. Der Brandschutt allerdings hat es in sich. Auf der anderen Seite, zur Schulstraße hin, ist eine kleine Mauer zum Nachbargrundstück durch den Druck umgefallen.

Sankt Augustin: Ein großer Bogen ragt noch in den Himmel

Das Plateau unter dem großen Bogen, der noch in den Himmel ragt, muss der Baggerfahrer noch komplett freiräumen. „Viel Verbranntes liegt dort noch. Wenn da die Steine drauf fallen, vermischt sich alles wieder, das ist kaum noch zu trennen“, erklärt Decrouppé. Erst Anfang nächster Woche geht es mit den großen Abbrucharbeiten weiter, wird der altehrwürdige Bau nicht mehr zu erkennen sein. „Das dauert eine halbe Stunde“, ist sich der Künstler im Raupenfahrzeug sicher.

Derweil wird im dahinter liegenden Trakt wieder gearbeitet. Ein Gartenhaus dient als Büro, David Bandke nimmt dort Aufträge entgegen. Er hilft schon seit Wochen, Berger musste mit der Familie mal in den Urlaub. In den daneben liegenden Räumen wird geschraubt und gehämmert. Im Hof stehen noch einige Motorräder und Reifenstapel. Aber fast alles hat Brandschäden. Geschmolzener Kunststoff etwa hängt an einem Motorroller herunter.

Bandke geht alle halbe Stunde nach vorne und dokumentiert die Baggerarbeiten, für seinen früheren Chef und heutigen Freund Berger: „Das ist surreal, dass da zwei Leute tot sind und eine Existenz vernichtet ist“, steht er auch noch nach all dieser Zeit ein wenig fassungslos vor der Ruine. Ich habe hier 15 Jahre meines Lebens verbracht und jetzt ist das auf einmal alles weg. Das wird noch lange dauern, bis wir das alle zusammen verarbeitet haben."