Weil ihr Schatten Wohnungen verdunkelt, soll eine 80 Jahre alte Buche in Sankt Augustin-Menden gefällt werden.
Trotz BaumschutzMächtige Buche in Sankt Augustin soll gefällt werden

Eine 80 Jahre alte Buche (linker Baum) an der Siegburger Straße in Menden soll gefällt werden.
Copyright: Stefan Villinger
Mit großen Augen schaut der kleine Julius auf die bunten Blätter der mächtigen Buche im Nachbargarten. Das herbstliche Spiel von Licht und Schatten verbunden mit dem Rascheln, wenn der Wind durch den Baum bläst, scheint ihm zu gefallen. „Es beruhigt ihn sehr“, berichtet seine Mutter Judith Wittköpper.
Die Ärztin hat deswegen zum Stillen des drei Monate alten Säuglings immer die Nähe zum Baum gesucht. Die 33-Jährige braucht nur das Wohnzimmerfenster zu öffnen und ist dann „wie mitten in der Natur“. Doch das könnte bald ganz anders ein.

Ärztin Judith Wittköpper mit ihrem Sohn Julius, der das Rascheln des Baumes schätzt, der im Hintergrund durchs Fenster zu sehen ist.
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Vor rund fünf Jahren wurde das benachbarte Haus in Menden verkauft. Die neuen Besitzer wollen den rund 80 Jahre alten Baum fällen lassen und stellten den entsprechenden Antrag an die Stadt. „Für die Buche wurde im Jahr 2019 ein Antrag zur Fällung gestellt“, bestätigt Benedikt Bungarten, Sprecher der Stadtverwaltung im November 2022.
Dies sei wegen der städtischen Baumschutzsatzung nötig gewesen. Die Verwaltung habe die vorgetragenen Argumente, wie zum Beispiel die Verschattung des Wohnhauses, sorgfältig geprüft und mit dem durch die Baumschutzsatzung garantierten Schutzzweck abgewogen. Die Fällung sei damals abgelehnt worden.
Stadtverwaltung in Sankt Augustin verpasste die Frist zur Ablehnung der Fällung
Der Besitzer klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht und bekam Recht – allerdings nur aus formalen Gründen. Die Stadt hatte die Ablehnung zu spät mitgeteilt und eine Frist versäumt. „Eine artenschutzrechtliche Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass keine genehmigungsrelevanten Artenschutzaspekte, die gegen eine Fällung des Baumes außerhalb des Vogelschutzzeitraums sprechen, vorliegen“, ergänzt Bungarten.
Durch die Baumschutzsatzung sollen Fällungen erst einmal geprüft werden. Innerhalb eines Monats muss die Stadt dem Antrag schriftlich zustimmen oder ablehnen. Eine Fristverlängerung um vier Wochen ist möglich. Dies wurde aber im vorliegenden Fall nicht beantragt. Damit kann der Baum nun gefällt werden, weil das Verwaltungsrecht vorsieht, dass das Fehlen einer fristgerechten Antwort automatisch eine Genehmigung nach sich zieht.
Viele Tiere haben ihren Lebensraum in der alten Buche in Menden
„Der Bürgermeister hat den Vorschlag gemacht, die Frist auf drei Monate zuzüglich einer Verlängerungsoption zu erhöhen“, so Bungarten. Dann könnten die eingehenden Anträge fachlich bewertet und angemessen bearbeitet werden. Die Ampel-Kooperation aus SPD, Grünen und FDP hat dies in einem Antrag für den Stadtrat formuliert. „Ich kann verstehen, dass viele in der Nachbarschaft gern hätten, dass der Baum bleibt. Schließlich wohnen sehr viele Tiere dort. Ob er rechtlich gefällt werden darf, ist allerdings primär eine Angelegenheit zwischen der Stadt und dem Eigentümer“, sagt der direkte Nachbar, Anwalt Nico Schmied.

Ärztin Judith Wittköpper hat diesen jungen Habicht fotografiert, der in der Buche auf einem Ast sitzt.
Copyright: Judith Wittköpper
Judith Wittköpper betont: „Viele Tiere haben in dem Baum eine Heimat gefunden. Gebirgsstelzen, Kleiber, Grünfinken und einen Buntspecht sehe ich regelmäßig in dem Baum, auch einen jungen Habicht konnte ich entdecken.“ Der Baum habe auch noch eine andere wichtige Funktion: „Im heißen Sommer hatten wir nachts in der Wohnung nur 22 Grad, weil die Buche als natürliche Klimaanlage wirkte.“