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Flüge mit HilfsgüternSankt Augustiner Piloten holen 129 Verletzte aus der Ukraine

Lesezeit 3 Minuten
Drei Menschen stehen vor einem kleinen Flugzeug und beladen es mit gepackten Rucksäcken aus olivgrünem Stoff.

Die Kodiak 100 wird mit 80 Rescue-Backpacks beladen.

Die 509 Piloten der Ukraine Air Rescue mit Sitz in Sankt Augustin-Hangelar haben sich jetzt dem Blau-Gelben Kreuz angeschlossen.

Messerscharfe Kanten haben die kleinen, dunklen Bombensplitter. Julia Chenusha hat sie in ein Papiertaschentuch gewickelt, nimmt sie während der Pressekonferenz ganz vorsichtig in die Hand. „Die tödlichen Teile fallen bei einem Angriff vom Himmel und bringen Menschen in kürzester Zeit um“, so die Geschäftsführerin vom Blau-Gelben Kreuz.

„Wenn die Splitter in den Brustkorb eindringen, fällt die Lunge langsam zusammen und man erstickt“, berichtet Linda Mai, Vorsitzende des Deutsch-Ukrainischen Vereines. Es gibt jedoch eine Art Pflaster, das auf die Eintrittstelle geklebt wird. Damit könne der Unterdruck im Brustkorb gehalten werden, bis der Verletzte in eine rettende Klinik käme.

Julia Chenusha vom Blau-Gelben Kreuz zeigt einen tödlichen Bombensplitter, der kleiner als ihr Fingernagel ist.

Julia Chenusha vom Blau-Gelben Kreuz zeigt die tödlichen Bombensplitter.

In Notfallrucksäcken für Helfer ist das Pflaster enthalten. 80 Stück wurden per Flugzeug nach Polen gebraucht, mit dem Wagen kommen sie dann in die Ukraine. Das ist nur möglich, weil eine Initiative von Piloten die Ukraine Air Rescue gegründet hat. Nun hat sich das Projekt dem Blau-Gelben Kreuz angeschlossen.

Hilfsgüter werden von Sankt Augustin an die Grenze zur Ukraine geflogen

„Seit dem 24. Februar 2022 fliegen wir dringend benötigte medizinische Hilfsgüter innerhalb weniger Stunden an die Grenzregion zur Ukraine“, berichtet Kay Wolf von der Initiative. Insgesamt seien bisher 132 Flüge durchgeführt worden. 38 Tonnen Medizin und 1108 Rescue-Backpacks sowie 22 Wasserfilter an die ukrainische Grenze gebracht worden. Nach der erfolgreichen Zustellung der Hilfsgüter flögen die Maschinen mit Kranken und Verwundeten aus dem Kriegsgebiet an Bord zurück. 129 Menschen seien dies bisher gewesen, davon 29 Kinder.

Während der Pressekonferenz landet Arnim Stief mit einer Kodiak 100 in Hangelar, um 80 Rescue-Backpacks abzuholen. Er ist verspätet. Das Zeitfenster zum Abflug, das Eurocontrol ihm gegeben hat, muss eingehalten werden. „Wir haben nur eine halbe Stunde Zeit“, berichtet Wolf.

In den 30 Minuten muss getankt und die Rücksäcke ins Flugzeug geladen werden. Sie wiegen 800 Kilogramm. Pilot Arnim Stief verteilt sie gleichmäßig im kleinen Frachtraum, damit die Maschine richtig beladen ist. Die Pressekonferenz wird unterbrochen, alle helfen, um das Zeitfenster zu schaffen.

DerLaderaum des Flugzeuges ist fast bis zur Decke gefüllt.

Der Laderaum des Flugzeuges ist fast bis zur Decke gefüllt.

Stief berichtet, dass es sich meist um echte Notflüge handele. Krankenhäuser seien ohne Medikamente. Ein tagelanger Transport mit dem Lastwagen nicht möglich. So sei der Flieger oft die einzige Möglichkeit, Leben zu retten. Auch die Rettungsrucksäcke seien bei Angriffen der russischen Invasoren lebenswichtig. Schnell ist die Maschine beladen. Sie hebt ab und wird in dreieinhalb Stunden ihr Ziel in Polen erreichen. 509 Piloten aus 39 Ländern beteiligen sich an den ehrenamtlichen Flügen.

Hilfe aus Deutschland ist wichtig für die Menschen in der Ukraine

Mai bedankt sich bei allen Menschen, die die Ukraine nach dem russischen Überfall unterstützten. Ohne diese Hilfe wäre es nicht möglich gewesen, den zahlreichen Angriffen Stand zu halten. Sie berichtet von einem Krankenhaus in Dnipro.

„Die Ärzte waren verzweifelt, weil sie kein Insulin mehr hatten“, so die Vorsitzende. Mithilfe der Flugzeuge sei das Medikament noch rechtzeitig angeliefert worden. „Es ist wichtig, dass wir nicht vergessen werden“, so Mai. Die Angriffe der Russen würden immer weiter gehen. Nun stünde auch ein kalter Winter vor der Tür.