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„Enten-Ranch“In Niederkasseler Werkstatt wird ein Wrack wieder zum Schmuckstück

Lesezeit 4 Minuten

Die Hebebühne leistete Mike Schmidt sich erst, als es mit dem Geschäft aufwärts ging.

Niederkassel – Oldtimer-Fans, insbesondere Citroën-Liebhabern, dürften die Adresse längst kennen. An der Niederkasseler Weidenstraße 37a, wo eine Autotür als Aushängeschild dient, residiert eine Werkstatt, die sich vornehmlich einem bestimmten Automobil-Klassiker widmet: der Ente.

Mike Schmidt heißt der Enten-Doktor, den wir auf seiner „Enten-Ranch“ besuchen. „So ein altes Entchen, das irgendwo lange gestanden hat, wieder zum Leben zu erwecken, es wieder schnattern zu hören“, das reize ihn, sagte er einst in einem Interview. Wie viele 2CV er schon wieder ans Laufen gebracht hat, kann der 62-Jährige heute nicht genau sagen. Es geht auf jeden Fall in die Hunderte. Und die Nachfrage lässt nicht nach.

Auf der Hebebühne ruht gerade ein roter Cabrio-Roadster-Umbau, „ein Kundenauftrag aus Köln“, erläutert Schmidt. Rost – für Entenbesitzer ein großes Thema – hat dem Fahrzeugrahmen zugesetzt. An einer anderen, blauen Ente wurden Löcher im Heck beseitigt, sie geht jetzt zum Lackieren. Und schon ist die nächste Kundin im Anmarsch. Heike Doukas, Halterin eines 2CV der Sondermodellreihe Dolly, bringt Scheiben für ihren neuen Oldtimer vorbei. „Bonita“ hat sie die Reise-Ente, eine Kasten-Acadiane, getauft. „Die kommt nämlich aus Spanien.“

Autobastler seit über 20 Jahren

Seit 1997 schraubt und restauriert Mike Schmidt selbstständig. Zunächst hatte er ein paar Quadratmeter in einer Lkw-Halle in Uckendorf gemietet, ehe er im Jahr 2000 die „Enten-Ranch“ in Niederkassel eröffnete. Der Name führte schon zu köstlichen Missverständnissen: „Leute riefen an, die wollten vor Weihnachten ihren Festbraten bestellen“, erzählt Schmidt amüsiert. Hallenvermieter Peter Scholz lacht mit. Ja, es seien auch schon welche vorbeigekommen, die eine Geflügelfarm an Stelle der Autowerkstatt vermuteten.

Auf die Ente gekommen ist Schmidt durch Zufall, wie er sagt. Seine Ausbildung zum Kfz-Schlosser hat er bei Opel Kümpel in Sankt Augustin-Menden gemacht und in jungen Jahren erst einen Kadett, dann lange ein anderes Kultauto, den Manta A, gefahren. 1980 erwarb Schmidt zusätzlich den Karosseriebauer-Brief, 2006 folgte bei der Handwerkskammer zu Köln die Prüfung zum Kfz-Techniker.

Alles, was mit Citroën zu tun hat, brachte er sich indes selbst bei. Im Vergleich mit Opel, BMW oder Golf sei die Ente „sehr speziell“. Mittlerweile sind ihm freilich sämtliche Merkmale und Einzelteile bestens vertraut. Der Enten-Doktor drückt es so aus: „Ich kenne jede Schraube mit Vornamen.“

„Ich wollte keine Schulden machen“

Pro Monat einen alten 2CV günstig zu kaufen, zu reparieren und wieder zu verkaufen, erwies sich zu Beginn als einträgliches Geschäftsmodell. „Das kann man im Reifencenter nicht verdienen“, sagt Schmidt, der zwischenzeitlich als Reifenmonteur in Bonn gearbeitet und damals Geld für die eigene Werkstatt zurückgelegt hatte. „Ich wollte keine Schulden machen“, erklärt er. „Mit einer Werkzeugkiste und einem Wagenheber habe ich angefangen.“ Erst, als er es sich leisten konnte, kam die Hebebühne dazu.

Ein neuer Meilenstein wurde am 1. März dieses Jahres gesetzt. Die „Enten-Ranch“ heißt seitdem „Oldtimer-Garage Niederkassel“. Mike Schmidt hat sich mit Rolf Trost zusammengetan, der ehedem beim Troisdorfer Citroën-Autohaus Konetzki gelernt und in Spich fünf Jahre „Knuspers Oldtimer Garage“ geführt hat.

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Für Schmidts Stammkunden ist Trost (59) kein Unbekannter. Schon seit drei Jahren hat er an der Weidenstraße 37 a mitgearbeitet und ist für Schmidt, der Probleme mit den Beinen hat, eine wertvolle Unterstützung und nun Partner. Auf deren Internetseite zeigt sich das Herz fürs alte Auto. „Was wir nicht gut können, ist, Ihren Oldtimer aufgeben“, heißt es da.

Und es muss nicht immer Ente sein. Neben dem Regal mit Ersatzteilen schlummert unter einer Plane ein Ford Thunderbird, davor steht eine Citroën-Gangsterlimousine. Exemplare der legendären DS des französischen Autobauers sind natürlich ebenso schon in der Werkstatt gewesen wie dessen gern als uriger Foodtruck eingesetzte Kleintransporter mit Wellblech-Karosserie.

Die legendäre Gangsterlimousine von Citroën, der 11CV, ist ebenfalls in der Oldtimer-Werkstatt zu finden.

Aktuell steht auf dem Hof das nächste Enten-Projekt von Mike Schmidt und Rolf Trost. „Halb ist die schon geschweißt“, sagt Schmidt und rückt die Motorhaube der Kastenente zurecht, wobei prompt der linke Kotflügel abfällt. Ein Laie kann sich kaum vorstellen, dass selbst aus diesem Wrack wieder ein wahres Schmuckstück wird.