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Gnadenhof in LohmarVorm Schlachthof geflohen, im Wald versteckt – So geht es Kuh Hilde jetzt

Lesezeit 4 Minuten
Kuh Hilde in ihrer Box auf Zwischenstation bei der Tara Tierhilfe in Lohmar; Astrid Rath hatte sie im Wald versorgt.

Kuh Hilde in ihrer Box auf Zwischenstation bei der Tara Tierhilfe in Lohmar; Astrid Rath hatte sie im Wald versorgt.

Mit dem Besitzer des Tieres laufen Gespräche, damit es für die vor sechs Wochen vor dem Metzger geflüchteten Kuh ein Happy End gibt.

„Wenn sich ihr Männer nähern, dann bekommt Hilde große Angst.“ Astrid Rath bittet den Besucher daher auf dem Weg in den Stall, sich nur behutsam der Kuh zu nähern. Die Tierschützerin geht voran: „Hilde kennt mich.“ Als der Reporter sich nähert, geht die Kuh sofort ängstlich einen Schritt zurück. Weiter geht es nicht, weil die Wand der Box kommt. Voller Angst weiten sich die Augen des Tieres.

Hilde floh Anfang Dezember auf dem Weg zum Schlachthof im oberbergischen Nümbrecht beim Verladen in einen Transporter. Sie sprang über eine hohe Umzäunung und suchte Schutz vor ihren Verfolgern in einem Waldstück bei Much-Herfterath. Am Samstag, 11. Januar, konnten Tierretter sie einfangen und nach Lohmar auf den Hof der Tara Tierhilfe bringen. Wie es mit dem Angus-Rind weitergeht, ist noch nicht geklärt.

Bei der Tara Tierhilfe in Lohmar leben 40 Pferde und andere Tiere friedlich miteinander auf einem Hof

„Komm, mein Mädchen“, ruft Rath mit zarter Stimme Hilde zu, die in der Box steht. Hilde nähert sich nun langsam ihrer Retterin. „Ich bin so froh, dass sie hier in Sicherheit ist“, sagt Rath mit Tränen in den Augen. Ulla Fiebig legt ihr ihre Hand auf die Schulter. Sie ist von der Tara Tierhilfe in Lohmar und hat das scheue Angus-Rind nach der Flucht erst einmal auf ihrem Hof aufgenommen. Augenscheinlich gehe es dem Tier gut, das sich rund sechs Wochen im winterlichen Waldgebiet bei Much aufhielt.

Endlich gerettet: Kuh Hilde ruht sich bei der Tara Tierhilfe in Lohmar aus.

Endlich gerettet: Kuh Hilde ruht sich bei der Tara Tierhilfe in Lohmar aus.

„Als ich erfahren habe, dass die Kuh hilflos in der Kälte umherirrt, wollte ich helfen“, berichtet Rath, die dort wohnt. Mit ihrem Hund Billy machte sie sich auf die Suche. Einen wichtigen Hinweis bekam sie am 21. Dezember von einer Hundefreundin. Die hatte Hilde „im Wald oben auf dem Berg gesehen“.

In ganz Deutschland wurde nach einem Platz für Hilde gesucht, in Lohmar wurde er gefunden

Rath legte Futter aus, pfiff dazu leise, damit die Kuh ein Signal hört. „Ich habe das Tier immer nur ‚mein Mädchen‘ genannt“, berichtet sie. Hilde fand das Futter und hörte ab dann auf das Signal. Am 24. Dezember kamen Jenny Seidt von der Tiersuchhilfe Rhein-Sieg/Oberberg und Stefan Bröckling von Tierrettung Düsseldorf zur Futterstelle in Herfterath. Zusammen überlegten die drei, wo Hilde nun hingebracht werden könnte.

Tierfreunde von ganzem Herzen: Ulla Fiebig von der Tara Tierhilfe (links) und  Astrid Rath.

Tierfreunde von ganzem Herzen: Ulla Fiebig von der Tara Tierhilfe (links) und Astrid Rath.

„Es war gar nicht so einfach, einen Platz zu finden“, berichtet Rath. Die Hilfsorganisation Kälbchenglück („Mein Baby gehört mir“) mit ihrem Lebenshof in Engelskirchen hätte ihr zahlreiche Adressen in ganz Deutschland genannt. Doch kurzfristig sei nirgends Platz gewesen. Deswegen musste die Rettung der jungen Kuh immer wieder verschoben werden.

Ein Anruf bei Ulla Fiebig war dann erfolgreich. So konnte die Kuh gesichert werden und kam am Samstag auf den Hof in Lohmar. Zurzeit führen die Tierschützer Gespräche mit dem Besitzer der Kuh. „Wir sind da auf einem guten Weg“, sagt Fiebig. Endgültig geklärt sei alles jedoch noch nicht. „Wir werden aber für Hilde kämpfen.“ Auch sind die Tierfreunde zurzeit auf der Suche nach einem Schutzhof, auf dem Hilde für immer bleiben kann.

Im Jahr 2013 wurden Pferde in Troisdorf gerettet, 2018 Schafe in Much und 2024 die Kuh Hilde

40 Pferde, dazu Hühner, Schweine, Schafen und Ziegen leben auf dem Schutzhof an der Krahwinkeler Straße 46 in Lohmar, wo Hilde vorübergehend untergebracht ist. „Kühe sind Herdentiere, deshalb kann Hilde hier nicht für immer bleiben. Sie braucht Artgenossen“, erklärt Fiebig.

Auf dem Hof von Tara bekommt Hilde täglich Besuch von Astrid Rath, die in früher Jugend erste Kontakte zu Tieren auf dem Bauernhof ihres Großvaters in Niederkassel hatte. Seitdem setzt sie sich die das Wohl der Tiere ein. Im Jahr 2013 rettete sie Pferde aus nicht artgerechter Haltung in Troisdorf, im Jahr 2018 Schafe in Much aus demselben Grund. „Ich fahre auch mit Tierschützern zu Rettungsaktionen in andere Städte, wenn es notwendig ist“, berichtet sie.

Beide Tierschützerinnen freuen sich, dass die Rettung von Hilde eine so große Resonanz hatte. Ulla Fiebig gibt aber auch zu bedenken: „Es wäre schön, wenn die Menschen nun darüber nachdenken, ob die Tierhaltung nicht geändert werden könnte.“