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TierrechteWie ein Troisdorfer mit heimlichen Fotos Tierschutz-Skandale in ganz Deutschland aufdeckt

Lesezeit 4 Minuten
Ein Aktivist inmitten von Puten in einem Stall.

Ein Aktivist von Aninova dokumentiert den Zustand in einem Putenstall.

Die Aktivisten des Vereins Aninova aus Sankt Augustin veröffentlichten auch Aufnahmen aus dem Skandal-Schlachthof in Hürth. Strafen nehmen sie in Kauf.

Bei Tierfreunden in ganz Deutschland hat die Recherche von Aninova aus Sankt Augustin Empörung ausgelöst. Der Verein für Tierrechte veröffentlichte Aufnahmen, die versteckte Videokameras zwischen Ende April und Ende Juni in einem Schafstall aufgezeichnet hatten. Darauf zu sehen waren ein Schäfer aus Hennef, Mitarbeitende und Käufer, die einer Schächtung beiwohnten, dem Schäfer Geld gaben und die toten Tiere mitnahmen.

Es ist nicht der erste Skandal, den die Tieraktivisten aufdecken konnten. Tierrechte und Tierschutz – das sind für Jan Peifer, Geschäftsführer des Vereins, unterschiedliche Dinge, die jedoch eng miteinander verzahnt sind. „Wir konnten nicht mehr alles schaffen und wollten Schwerpunkte setzen. Deshalb haben wir unseren 2013 gegründeten Verein von Deutsches Tierschutzbüro im Jahr 2023 in Aninova umbenannt“, erklärt der 43-Jährige. Der Fantasiename steht für Animal Nova, also neues Tier.

Letzte große Massennerzfarm in Deutschland schloss 2019 ihre Türen

Der Verein möchte sich auf das Anprangern von Massentierhaltung, Schlachthöfen und Pelzfarmen beschränken. „Die Menschen sollen durch uns erfahren, welches Leid den Tieren angetan wird.“ Für Flugblattaktionen oder andere Kampagnen hätte der Verein mit seinen rund 1500 Mitgliedern weiter auf Kosten der Flexibilität bei den Aktionsgruppen wachsen müssen. „Das wollten wir nicht“, sagt der gebürtige Troisdorfer, der heute Geschäftsführer von Aninova ist. Sieben Mitarbeiter kümmern sich täglich darum, dass der Verein seine Aktionen durchführen kann und in den Medien präsent ist. Vorrangig ist die Vereinigung im Internet und den sozialen Medien aktiv.

Ein wichtiges Ziel der Tierrechtsorganisation wurde 2019 erreicht: Die letzte große Massennerzfarm in Deutschland schloss ihre Türen. Aktivisten des damaligen Vereins Deutsches Tierschutzbüro hatten verdeckte Aufnahmen der Haltungsbedingungen veröffentlicht. Auch die Tatsache, dass das Schweinehochhaus bei Maasdorf (Sachsen-Anhalt) nicht mehr auf mehreren Etagen Schlachtvieh produziert, geht auf eine Initiative des Vereines zurück.

Ein Bodenhochhaus für die Zucht von Schweinen.

Das Schweinehochhaus ist inzwischen geschlossen.

Nach regelmäßigen Protesten vor den Türen des fünfstöckigen Gebäudes lieferte der Betreiber im Jahr 2018 keine Schweine mehr an. Seitdem steht es leer. „Endgültig geschlossen wurde es 2023“, berichtet Peifer.

Jan Peifer von Aninova aus Troisdorf schlich sich heimlich in eine Hühnerfarm ein und fotografierte

Zum Tierschutz kam er eher zufällig. „Mit 14 Jahren hatte ich enorme Magenprobleme, kein Arzt hat helfen können.“ Ein Mediziner riet als letzten Versuch, die Ernährung umzustellen. Der damalige Teenager verzichtete als Konsequenz auf tierische Produkte wie Fleisch und Milch – und die Magenschmerzen verschwanden. „So wurde ich eher durch Zufall zum Veganer.“ Als er einige Jahre später kurz vor Ostern in der Bonner Innenstadt eine Tierschutzorganisation sah, die gegen Käfighaltung von Legehennen protestierte, schloss er sich der Gruppe an.

Tote Schafe liegen auf dem Boden eines Schlachthofes in Hürth.

Videoaufnahmen von Aninova belegen, dass die Tiere in Hürth unbetäubt mit einem Messer getötet wurden.

Um Informationsfaltblätter zu bebildern, bediente sich Pfeifer auch rechtswidriger Mittel: Er schlich sich mit der Kamera in einer Hühnerfarm im Rhein-Sieg-Kreis ein. Schnell sprach es sich in Tierschutzkreisen herum, dass er Aufnahmen zum Veröffentlichen liefern konnte. „Da habe ich gemerkt, dass Bilder von gequälten Tieren mehr sagen können als tausend Worte.“ Und so begannen seine Aktivitäten als Reporter.

Filmaufnahmen in Putenställen, nicht artgerechte Haltung von Milchkühen in Massentierhaltung und auch der zuletzt in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Fall der Schlachtmethoden eines Schäfers aus der Region, der zur Anzeige gekommen ist, folgten. Hinweise hatte Aninova nach der Schließung des Schlachthofs in Hürth bekommen, in dem Tiere massiv misshandelt und ohne Betäubung geschlachtet wurden.

Jan Peifer vom Tierrechtsverein Aninova sitzt am Schreibtisch in Büro des Vereines.

Jan Peifer von Aninova in Büro des Vereines. In der Hand hält er ein Präparat das in Massentierhaltung Verwendung findet.

Im Büro der Tierrechtsorganisation stehen zahlreiche Auszeichnungen Peifers und seines Teams. Mitglied werden kann dort jeder. „Auch Menschen, die Fleisch essen“, betont er. Das große Ziel sei, Tierleid zu verhindern. „Aber wo beginnt das?“, philosophiert Peifer. „Was ist artgerechte Haltung?“ Auch deshalb habe Aninova seinen Blick auf das Thema Tierrechte gerichtet. Das sei eine ethische Frage. Deshalb will der Verein „nicht in einen Topf mit Tierschützern geworfen werden“. Das klinge zwar radikal, helfe aber, Grenzen zu definieren. Denn Tierschützer setzten sich, so die Meinung von Peifer, dafür ein, dass Schweine etwas mehr Platz und Auslauf bekommen. Tierrechtsorganisationen setzen sich dafür ein, dass ein Tier nicht geschlachtet wird.

Tierrechtsorganisation Aninova aus Sankt Augustin gibt 20.000 Euro im Jahr für Anwälte aus

Dennoch: „Wer Fleisch essen will, der wird von uns nicht angeprangert“, betont Peifer. „Wir haben keine missionarische Aufgabe.“ Bei der Gründung des Vereines seien sie mit Prozessen überzogen worden. Das habe jedoch nachgelassen, als die großen Firmen gemerkt hätten, dass eine Berichterstattung in den Medien darüber mehr schade als nutze. Inzwischen habe die Prozesslawine aufgehört. Allerdings gebe es immer wieder Klageandrohungen. „20 000 Euro im Jahr geben wir für Anwälte aus, die uns davor schützen.“

Neben dem Verein gibt es noch eine gleichnamige Stiftung, die sich „um die Versorgung und Betreuung von geretteten Tiere auf einem Lebenshof kümmert“, ist auf deren Internetseite zu lesen. Peifer kümmert sich auch um dieses Projekt. Zurzeit besucht er verschiedene Gnadenhöfe, um sich dort Anregungen zu holen.