In vielen anderen Städten gibt es bereits Livestreams von Sitzungen der Lokalpolitik. In Lohmar wird das wohl noch dauern.
Lokalpolitik liveLohmar überträgt vorerst keine Sitzungen im Netz – Debatte dazu bleibt
Wenn die Mitglieder eines Stadtrates debattieren, können Menschen das theoretisch in Polen, Portugal oder andernorts verfolgen, dank des World Wide Web ist das bereits in Hennef und in Siegburg möglich. Nun soll nach Vorstellung der CDU auch die Lohmarer Kommunalpolitik den Weg aus dem Ratssaal in die Wohnzimmer schaffen. Das hat die Fraktion beantragt.
„Wir wollen allen Bürgern die Teilhabe ermöglichen“, begründete der CDU-Fraktionsvorsitzende Tim Salgert den Vorstoß seiner Fraktion. „Wir nennen uns Smart City, da sollten wir ein solches Angebot schaffen.“
Die Mehrheit der Stadtverordneten schien dem Vorschlag gegenüber zwar nicht abgeneigt, sagte indes aber „Nein“. Das liege am Zeitpunkt des Antrags und an den Kosten, hieß es in der jüngsten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Beschwerdeausschusses.
Liveübertragungen von Sitzungen in Lohmar: Antrag kommt für Viele zum falschen Zeitpunkt
Gerade seien die Haushaltsberatungen abgeschlossen, da komme dieser Antrag, kritisierte Horst Becker (Grüne). Uwe Grote vom Koalitionspartner SPD stimmte zu: „Ich sehe jetzt wirklich keinen dringlichen Bedarf.“ Das seien keine Summen, die man einfach so im Haushaltsplan „hin- und herschieben“ könne. Man müsse mit etwa 1000 Euro pro Sitzung rechnen, schätzte Becker, „das wären dann mal eben 50.000 Euro pro Jahr“.
Zusätzlich seien möglicherweise städtische Mitarbeiter eingebunden, die die Technik bedienen und die Aufnahmen nachbearbeiten müssten. Der Antrag werde zwar abgelehnt, „aber nicht beerdigt“. Zunächst solle die Stadtverwaltung nun die verschiedenen Varianten zusammenstellen mit Kosten- und Personalaufwand, fußend auch auf den Erfahrungsberichten anderer Kommunen.
Nehme zum Beispiel eine Kamera ausschließlich die Totale auf, wie es in der Kreisstadt üblich sei, dann sei das zwar nicht so aufwendig, aber auch nicht sehr attraktiv, die Zuschauer könnten kaum die Redebeiträge den einzelnen Rats- oder Ausschussmitgliedern zuordnen, erläuterte der Grünen-Chef. Etwa dreimal so teuer werde es, wenn die Kamera auf die Sprecher zoome.
Interessant sei auch, wie viele Bürger das Angebot überhaupt nutzten. Die Zugriffszahlen nach einer gestreamten Sitzung, wie bei den Siegburger Nachbarn beispielsweise, hält die Bürgermeisterin Claudia Wieja (Grüne) jedenfalls nur für bedingt aussagekräftig: Im Nachhinein schauten sich viele Kommunalpolitiker wohl gern ihren Auftritt noch mal aus einer anderen Perspektive an, vermutetete sie – mit zeitlichem und räumlichem Abstand
Beispiele aus anderen Kommunen
Hennef startete im November 2020 als erste Kommune im Kreis die Live-Übertragungen, das beschränke sich aber auf die vier Ratssitzungen pro Jahr, teilte Mira Steffan von der städtischen Pressestelle mit. Die Kosten betragen 700 Euro pro Termin, im Jahr stellt der Dienstleister 2800 Euro in Rechnung. Zwischen 30 und 200 Zuschauer schalteten sich zu. Im Schnitt sind es also etwa 450 innerhalb eines Jahres.
In Siegburg werden seit dem Jahr 2021 die politischen Sitzungen gestreamt, anfangs nur der Stadtrat, später auch die Ausschüsse. Die Filme sind vier Wochen lang im Internet abrufbar.
Die Basis sind Lizenzen der Plattform Vimeo (Jahresgebühr im oberer dreistelliger Höhe), für den Saal am Turm wurden eine fest installierte Kamera für 3000 Euro und eine Mikrofonanlage angeschafft, pro Sitzung fielen für die Audiotechnik eines Dienstleisters etwa 1000 Euro an, teilte der Stadtsprecher Jan Gerull mit. 3000 Euro betragen die Kosten pro Sitzung jeweils im Rhein-Sieg-Forum, hier brauche es eine andere Audiotechnik sowie Kameras aus drei Positionen.
Die Nutzerzahlen liegen zum Beispiel für die Stadtratssitzung im März bei aktuell knapp 1000, für den Schulausschuss dagegen bei rund 80. (coh)