RechtsstreitEx-Vorsitzender scheitert mit Klage gegen Lohmarer „Stadtmacher“

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Vertreter des Stadtmarketingvereins und der Stadt Lohmar sitzen an einem Tisch.

Krisensitzung des Stadtmarketingvereins Lohmar (v.r.): Barbara Ludwigs, Manuela Krämer, Manfred Schellberg, Bürgermeisterin Claudia Wieja, Beigeordneter Andreas Behncke, Burkhard Bröhl (Archivbild).

Der Ex-Vorsitzende hatte massiv erhöhte Geldforderungen gestellt, beklagten die Stadtmacher – der Vorwurf ist rechtens, entschied das Gericht. 

Die Trennung des Lohmarer Stadtmarketingvereins „Die Stadtmacher“ von ihrem Vorsitzenden Peter Selbach vor rund zehn Monaten hatte nun ein Nachspiel vor Gericht. Selbach erhob Zivilklage gegen den Verein — und verlor. Die öffentlichen Vorwürfe der Stadtmacher gegen den Ex-Vorsitzenden, dieser und seine Geschäftspartner hätten massiv erhöhte Geldforderungen gestellt, sind rechtens, heißt es im Urteil des Amtsgerichts Siegburg. Der Kläger hatte darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen.   

Zum Hintergrund: Selbach hatte die Online-Plattform „LohMarkt“ aufgebaut, auf der sich heimische Gewerbetreibende – Handwerker und Händler – wie auch Vereine präsentieren konnten. Die Stadt Lohmar gewährte eine Anschubfinanzierung von insgesamt 60.000 Euro, der letzte Teilbetrag in Höhe von 15.000 Euro wurde im Dezember 2020 ausgezahlt.

Amtsgericht: Lohmarer agierte auch als Unternehmer

Des weiteren sollte ein „Kümmerer“ eine Aufwandsentschädigung erhalten. Der Kümmerer hieß Selbach, der indes nicht nur als ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender involviert war, sondern auch als Unternehmer, konstatiert das Amtsgericht. 250 Arbeitsstunden stellte dieser laut Prüfbericht der Stadt beispielsweise 2021 in Rechnung, zunächst zu einem Stundensatz von 48 Euro, laut Selbach nur die Hälfte seines üblichen Satzes. Um dem Verein entgegenzukommen habe er letztendlich nur 4500 Euro verlangt.

Selbach arbeitete in Sachen „LohMarkt“ mit wechselnden Software-Anbietern zusammen. Diese wollten für ihre Dienstleistungen im Laufe der Zeit mehr Geld, anfangs 24 Euro, ab Dezember 2020 dann 65 Euro im Monat. Es „existiert kein von zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichneter Vertrag“, stellte das Gericht fest. Dann wurde die nächste Erhöhung angekündigt: Ab Januar 2023 sollten 249 Euro pro Monat fällig werden. Selbach beantragte am 13. November 2022 eine weitere Förderung bei der Stadt und zusätzlich für sich als „Kümmerer“ eine monatliche Zahlung von 450 Euro. Die Stadt lehnte den Antrag ab.

Stadtmacher und Stadt Lohmar räumten Versäumnisse ein

Der Verein forderte Selbach zum Rücktritt auf, der am 25. November 2022 erfolgte, begleitet von Vorwürfen Selbachs. Er sprach von mangelnder Unterstützung. Der Verein lud daraufhin Mitte Dezember 2022 zur Pressekonferenz ein und präsentierte eine „Richtigstellung“. Tenor: Selbach habe in Sachen „LohMarkt“ eigenmächtig gehandelt, der Vorstand habe ihm  lange Zeit vertraut und freie Hand gelassen und ihn nicht ausreichend kontrolliert.  

Auch bei der Stadt, die den Stadtmarketingverein beratend begleitet,  zeigte man sich zerknirscht. Der frühere Beigeordnete habe wohl Forderungen Selbachs freigegeben ohne eingehende Prüfung, räumte Bürgermeisterin Claudia Wieja, seit November 2020 im Amt, bei der Krisensitzung ein.

In der Lohmarer Stadtverwaltung fanden sich kaum Belege

Nachfragen beim Beigeordneten, der zwischenzeitlich auf einen höher dotierten Posten in einer anderen Kommune wechselte, verliefen im Sande, so die Stadtverwaltung. Er habe sich zum Beispiel an den mit Selbach vereinbarten Stundensatz nicht erinnern können. Bei der Innenrevision in der Verwaltung fanden sich hierzu keine Belege, heißt es in den Unterlagen zur Stadtratssitzung. Es liege lediglich ein Konzept vor, aber weder ein Angebot noch Auftragserteilung, Abrechnung oder Dokumentation. 

Die Steuergelder, die in den „LohMarkt“ flossen, wurden wohl in den Wind geschossen, beklagten Kommunalpolitiker aller Fraktionen. Nach  dem Rücktritt Selbachs hatten die Stadtmacher zum 1. Januar 2023  die defizitäre Plattform abgeschaltet.

Unter lohmarkt.com erscheint aktuell nur ein „Welcome (ist in Kürze erreichbar)“. Im Netz findet sich eine neue, dem alten „LohMarkt“ zum Verwechseln ähnliche Plattform. Der „Rhein Sieg Markt“, verantwortlich laut Impressum: Peter Selbach.  

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