Wer waren die 1945 am Bahnhof umgekommenen Zwangsarbeiter? Von neun in Lohmar-Honrath Begrabenen hat nun der Vierte einen Namen.
Luftangriff auf BahnhofDer vierte tote Zwangsarbeiter von 1945 in Lohmar-Wahlscheid hat jetzt einen Namen
Wer waren die 1945 bei einem Luftangriff auf den Bahnhof Wahlscheid umgekommenen Zwangsarbeiter? Von den neun in Lohmar-Honrath Begrabenen hat nun der Vierte einen Namen. Den Schriftzug Leutnant Iwan Matej (geb. unbekannt) brachte jetzt Fachmann Olaf Funke auf der Gedenktafel an. Eine wichtige Ergänzung, betonte Brigitte Bäcker-Gerdes, die sich um das Grab kümmert. Dabei half der Zufall.
Matej war damals Zwangsarbeiter auf einem Bauernhof, hatte dort in einen Eichenbalken seinen Namen eingeritzt in kyrillischen Buchstaben mit der Jahreszahl 1943. Adolf K. Neumann, dessen Familie vertrieben wurde und in Lohmar strandete, spielte als Kind in der Scheune und sah den Balken mit den fremden Buchstaben, ein Teil einer Stiege. Später hörte er von der verheerenden Explotion des Munitionszuges direkt neben der Wohnbaracke der Zwangsarbeiter.
Jahrzehnte danach wollte er einen Kamin bauen, suchte Material, fand im Schutt der abgerissenen Scheune den Balken und hob ihn auf als mahnende Erinnerung. Als er den Aufruf des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Wahlscheid las, der Überbleibsel aus der Ortsgeschichte suchte, meldete sich Neumann: „Ich hab da was“.
Zeitzeuge erlebte die Explosion am Bahnhof Wahlscheid als Fünfjähriger
Matej, der, soweit man weiß, wie viele der anderen Opfer aus dem Gebiet der heutigen Ukraine stammte, steht nun unter den Namen dreier Niederländer. Diese wurden ebenfalls nachträglich ergänzt, sagt Bäcker-Gerdes; mit Hilfe des Bruders eines damals hier umgekommenen Zwangsarbeiters. Ursprünglich gab es nur einen dunklen Gedenkstein unbekannter Herkunft, so die Kommunalpolitikerin. Sie ließ die russische Inschrift übersetzen und die große, weiße Tafel daneben anbringen.
Zur kleinen Feierstunde kamen neben Bürgermeisterin Claudia Wieja auch Adolf K. Neumann und dessen alter Freund Kurt Oberdörster, der den Balken in seinem Heimatmuseum in Schönenberg aufbewahrt, und Alt-Bürgermeister Horst Schöpe. Wie Oberdörster, der zum Zeitpunkt des Bombardements der englischen Flieger neun Jahre alt war, ist auch Schöpe Zeitzeuge.
Fünf Jahre alt war er, spielte mit anderen Kindern am Mittag des 16. Februar 1945 neben seinem Elternhaus am Wahlscheider Bahnhof, als die Flieger kamen. Er rannte nach Hause, doch seien schon sämtliche Türen verrammelt gewesen, lief voller Angst die Kellertreppe herunter, wo er den lauten Knall hörte, „ich stand in einer dicken Staubwolke“, erzählt der 83-Jährige. Unter den Opfern waren auch Frauen und Kinder. Das bestätigt auch Bäcker-Gerdes, deren Mutter Hebamme war und den Zwangsarbeitern half, „sie hat Tagebuch geführt“.
Schöpes Recherchen ergaben, dass keiner der Opfer bei der Stadt registriert worden war, das sei alles über die Wehrmacht gelaufen. Ihrr Identität ist ebenso unbekannt, wie der Ort, an dem sie begraben sind. Neun liegen in Honrath, nun haben vier einen Namen.