AboAbonnieren

Jahresrückblick der RedaktionDas Jahr der Stille und der Solidarität

Lesezeit 3 Minuten
20200327_0012

Der Autor Dieter Krantz verbrachte, wie viele, einen Teil des Jahres im Homeoffice. 

Epochenjahr 2020, das klingt nach dem Eintrag in einem Geschichtsbuch. Dabei ist das Leben mit der weltumspannenden Pandemie in den zurückliegenden Monaten zum Alltag geworden. Zu einem manchmal anstrengenden und bisweilen ermüdenden Alltag allerdings. Über manches konnten wir zumindest anfangs noch schmunzeln, anderes hat uns tieftraurig gemacht.

Wer mit Maske eine Bank betrat, wäre vor einem Jahr noch als mutmaßlicher Räuber angesehen worden. Gleiches gilt im Kassenraum der Tankstelle, wo ein Aufkleber dazu anhält, Motorradhelme bitte abzunehmen, die Mund-Nase-Bedeckung aber Pflicht ist. R-Wert und Inzidenz, RNA-Impfstoff und Aerosol sind uns gängige Begriffe geworden, wir kaufen FFP2-Masken und fragen nach, ob sie den KN-95-Standard erfüllen.

Für Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege wurde geklatscht; für Frauen und Männer, von denen so viele mittlerweile selbst infiziert oder gar erkrankt sind. Drinnen wie draußen litten Patienten, Bewohner von Heimen und Angehörige; die dramatische Zahl der Toten und Infizierten hat uns erschüttert.

Zeichen der Solidarität

Und so oft fehlte die tröstende Umarmung – für Hinterbliebene wie auch für die Menschen, denen die Krise den Job und die Zukunftsperspektive genommen hat. Die Bühnen sind verwaist, die Musik in den Clubs ist schon lange verstummt, die Tische in den Gaststätten und Restaurants sind leer.Wie schön, dass es in der Krise auch ermutigende Zeichen gab. Transparente und Kreide-Slogans auf dem Pflaster dankten den Kassenkräften für ihren systemrelevanten Einsatz. Auf Balkonen und Terrassen wird teilweise noch heute trotzig gegen die Angst angesungen oder anderen beim Musizieren zugehört.

In beispielloser Solidarität entstanden „Alltagsmasken“, Einkaufsdienste für Senioren und Suppenküchen für Bedürftige. Das Sommerwetter bescherte Begegnungen im Wald und am Gartenzaun, technische Neuerungen brachten uns plötzlich wieder mit Menschen zusammen, die in Übersee leben. „Bleiben Sie gesund“, verabschiedeten wir uns in einer stillen Stadt ohne Fluglärm. Überwiegend geduldig harrten – und harren nun wieder – die Kunden vor Bäckerei, Post und Drogeriemarkt aus.

Ohne Hefe und Klopapier

In den Supermärkten freilich gab es über Wochen für viele Kunden nur ein Ziel: die Paletten mit dem Toilettenpapier, zur Mangelware geworden in einem Maß, wie es wohl nur Kriegsgenerationen kannten. Fuhr man zum Hamstern damals aus den zerstörten Städten aufs Land, so führten die Hamsterfahrten nun zum Supermarkt. Hefe? Nicht da. Backmischungen? Ebenso rationiert wie Zwieback und bestimmte Nudelsorten, Einmalhandschuhe und Küchenrolle.

Das könnte Sie auch interessieren:

Für Hutgummi wurde der Markt spätestens mit der Ankündigung einer Maskenpflicht eng, als überraschende Umsatzbringer erwiesen sich Gemüsesaatgut und Yogamatten. Ja, genau: Yogamatten. Denn nicht nur die Büroarbeit wurde zu Hause erledigt – nach dem Erwerb geeigneten Equipments wie drahtloser Tastaturen –, sondern auch die sportliche Betätigung. In heimischen Wohnstuben dehnen sich seither die Yoga-Affinen, bewegen sich rhythmisch die Zumba-Anhänger.

Radsportler sollten selbst Hand anlegen können oder auf pannenfreie Fahrt hoffen, so ausgelastet sind die Werkstätten. Und wer für die Ruhepause danach eine Gartenliege haben wollte, musste mit beschränkter Auswahl leben: Urlaub zu Hause war das Motto im Jahr 2020.Vielleicht wird’s 2021 ja anders. Schön wäre es.