Seit 25 Jahren baut der 84-Jährige Orient- und Allgäu-Krippen. Begonnen hatte alles mit einem Wunsch seiner Frau, nach dem er in Frührente gegangen ist.
Meister der DetailsDer Hennefer Werner Lehrmann baut orientalische Krippen
Das Plumpsklo mit dem Herzchen in der Tür ist nur ein paar Zentimeter hoch. Doch beim Blick hinein ist sogar das Toilettenpapier echt und lässt sich abrollen. Werner Lehrmann ist ein Meister des Details. Seit einem Vierteljahrhundert baut der 84-Jährige im Keller seines Hauses an der Cecilienstraße Krippen. Waren es zu Beginn solche mit Bezug zum Allgäu, sind es heute vor allem Orientkrippen.
„Wir sind viele Jahre lang ins Voralpenland in Urlaub gefahren“, erinnert sich der gebürtige Hennefer. Da war schnell klar, dass es Holzschindel bedeckte Bauernhäuser waren, mit denen er in sein Hobby startete. Begonnen hatte alles mit dem Wunsch seiner Frau Hildegard nach einer eigenen biblisch inspirierten Landschaft zur Weihnachtszeit.
Lehrmann ist gelernter Polsterer und Dekorateur. Später arbeitete er als Lagerleiter eines Lohmarer Unternehmens. Als sich dort das Ende anbahnte, griff er schnell zu und ging noch mit Abfindung in die Frührente. Das war das Beste, was ich machen konnte, meint er heute. Die Zeit hat sich gelohnt, unzählige Szenen hat er mit seinen Händen erschaffen. Und so manches verkauft. Die Arbeitsstunden kann aber keiner bezahlen, verrät er.
Denn er macht alles von Hand. „Da ist nichts genagelt, alles ist verdübelt, verzapft oder verleimt“, schwärmt die Gattin, die immer den Vermarktungspart übernommen hat. Das Wissen darum hat er sich im Eigenstudium angeeignet. „Ich habe viele Bücher gelesen, um nach der Überlieferung zu bauen“, sagt Lehrmann.
So hat er gelernt, den Krippenmörtel selber anzurühren, eine Mischung aus Kreide, Sägemehl und Weißleim. Mit Pigmenten und Pulver mischt er die Farben, ob nun leichtes Ocker oder schwere Brauntöne. Das Gemisch bringt er auf die Wände seiner Häuser und Scheunen auf, um sie anschließend in Wischtechnik zu verputzen. Es entstehen Flächen, die wie ihre Vorbilder an Originalgebäuden aussehen.
Aus dünnen Platten unterschiedlicher Holzsorten sägt er die großflächigen Teile aus, in die er dann in filigraner Kleinarbeit Fenster und Türen mit aufwändig geformten Stürzen und Fensterbänken einpasst. Palmen bastelt er allein, da wird nichts fertig dazu gekauft. Sogar die Holzschindeln bei den alpenländischen Varianten reißt er selber auf. Seine Frau patiniert sie, trimmt sie auf alt, bevor er sie wie ein Dachdecker verlegt.
Lehrmanns Arbeiten sind auf lange Sicht angelegt, seine Unikate, das ist sein Wunsch, sollen von Generation zu Generation weitergereicht werden. Das ist ja der Sinn, dass wir die Tradition weitergeben, ergänzt die 79 Jahre alte Hildegard Lehrmann. Mit leuchtenden Augen zeigt sie Details: das Backhaus, die Futterkrippe, Wegweiser, Besen, die an einem Stall hängen, einen Außenkamin mit flackerndem Licht.
Lehrmann hat seine Arbeit an den Krippen immer als Hobby betrachtet
Anfänglich hat das Paar Ausstellungen im Keller des Hauses gemacht. Aber schnell haben sie festgestellt, dass die Leute zu große Scheu haben. Also sind sie auf Weihnachtsmärkte gegangen, in Uckerath, Sankt Augustin, Asbach und Hennef. Sie war die Verkäuferin, das war nicht sein Ding. „Ich habe das immer als Hobby betrachtet“, gibt er sich bescheiden, trotz der hochkarätigen Ausführung.
Manche traten mit eigenen Wünschen an ihn heran. „Einmal wollte jemand ein Szenebild mit Jordan, Düne, Gebirge und der Quelle des Flusses haben, inklusive einer Grotte mit Ostergarten“, erinnert sich der ehemalige Oberliga-Handballer. Das war eine Herausforderung. Die zu meistern ihm letztlich ein Vergnügen war.
Da kann ich mich richtig reinsteigern, das ist nachher wie eine Sucht, beschreibt er den Entstehungsprozess, wenn aus dem ersten Balken ein richtiges Haus wird. Zwischendurch hat er sich noch an ein Riesenprojekt gewagt. Irgendwann fiel ihm eine Zeitschrift in die Hand mit der Geschichte des Kriegsschiffes „Scharnhorst“.
Das ist 1939 vom Stapel gelaufen, „mein Geburtsjahr“, denkt er an den Anfang zurück. Als er die erste von 1000 kleinen Holzleisten in die Hand nahm, um den Rumpf zu formen, war ihm nicht klar, dass er eine Beschäftigung für drei Jahre gefunden hatte. Im Maßstab 1:200 ist ihm ein nahezu originalgetreues Abbild des 1943 in der Beringsee versunkenen Schlachtschiffs gelungen.
Durch die Jahre geblieben aber sind die Krippen. Sein Repertoire reicht von aufwändig gestalteten Anwesen mit Garten, Brunnen, Stall und vielen Extras in der Ausstattung bis zu einfacheren kleineren Modellen. Zwischen 50 und 500 Euro kosten sie. An Figuren von Menschen und Tieren hat er sich nie begeben, dafür seien die Ideen und Anforderungen der Kunden zu unterschiedlich.
Jetzt will er kürzer treten und die letzten verbliebenen Stücke verkaufen. Die Gesundheit und die Augen machen nicht mehr mit, bedauert er das Ende seines langjährigen Hobbys. Aber noch baut er Revisionsklappen ein, hängt Gardinen von innen auf, es lässt ihm keine Ruhe. Wer noch ein Unikat für die Weihnachtszeit sucht, darf sich gerne an Hildegard und Werner Lehrmann wenden unter 02242/4758.